Seynsche: Im Dezember 2009 hat die UNO nach Kopenhagen eingeladen, zur Weltklimakonferenz. Die Ergebnisse dieser Konferenz, wir wissen es alle, waren ausgesprochen bescheiden. Heute nun hat das UN-Klimasekretariat zu einer Pressekonferenz eingeladen, um zusammenzufassen, was nun, nach Kopenhagen, getan werden muss. Mein Kollege Volker Mrasek hat die PK für uns verfolgt. Herr Mrasek, was ist da passiert?
Mrasek: Also der Chefdiplomat der Vereinten Nationen, ein Belgier namens Ivo de Boer, der Leiter des Klimasekretariates, hat noch mal klargemacht, wo wir gerade stehen, und dass es im Moment recht spannend wird. Sie sagten es ganz richtig: Es gibt keine rechtsverbindliche Erklärung, kein Abkommen, das Kopenhagen hervorgebracht hat. Aber es gibt ein unverbindliches, eine Erklärung, diese berühmten Copenhagen Accords (PDF-Dokument), wie sie genannt werden. Diese sind auch nur zur Kenntnis genommen worden, aber die Staaten, die diese Erklärung tragen oder die dahinter stehen, die haben sich verpflichtet, bis Ende dieses Monats dem Klimasekretariat zu schreiben und zu sagen, welche Ziele, welche Reduktionsziele sie verfolgen wollen, bis 2020, bis 2030, vielleicht auch länger, und was sie dafür tun wollen, welche Maßnahmen sie ergreifen wollen, auf freiwilliger Basis. Und Ivo de Boer hat gesagt, er wird sich das anschauen, er wird dann sehen, wozu das führt, zu welchen Reduktionen man dann kommt. Und er wird das vergleichen mit dem Ziel, zu dem man sich verpflichtet hat, nämlich die globale Erwärmung möglichst nicht über zwei Grad Celsius hinausgehen zu lassen. Ob das zueinander passt, das ist ja auch das, was die Wissenschaft sagt: Man sollte einen Klimawandel vermeiden, der eben zwei Grad über die vorindustrielle Zeit hinausgeht, denn da könnte er unbeherrschbar werden.
Seynsche: Kann das denn überhaupt funktionieren, wenn die das freiwillig abgeben sollen? Wird es irgendjemand machen?
Mrasek: Das ist eine spannende Frage. Also de Boer hat betont, es gibt durchaus Übereinstimmung darin, dass man etwas tun will. Also die Staaten seien alle so weit, dass sie sehen: Man muss dringend etwas gegen den Klimawandel tun. Sie wollen der Wissenschaft folgen, sie haben alle dieses Zwei-Grad-Celsius-Ziel unterstützt. Einige Entwicklungsländer haben sogar gesagt: Wir brauchen eigentlich ein 1,5-Grad-Plus-Ziel oder eine Schwelle, über die man nicht hinausgehen sollte. Insofern, er ist natürlich auch Diplomat, sagt er, da ist noch Hoffnung. Man muss auch sehen, es gibt immer noch Dokumente, die auf dem Tisch liegen, die jetzt nicht beerdigt worden sind. Im Rahmen der Kyoto-Nachfolgeverhandlungen, die noch auf dem Tisch liegen und die sagen: Wir wollen verbindliche Ziele haben, die Entwicklungsländer sollen sich auch verpflichten und dergleichen. Diese Dokumente werden in diesem Jahr noch verhandelt und das heißt nicht, dass es doch noch ein verbindliches Abkommen geben kann und das soll es auch. Die nächste Weltklimakonferenz ist Ende dieses Jahres in Mexiko und Ivo de Boer hat angedeutet – es gibt ein Zwischentreffen im Mai, Juni - , dass vielleicht weiter Verhandlungen notwendig sein werden. Dass man vielleicht im Terminkalender noch wird schauen müssen, dass man sich häufiger trifft. Denn langsam läuft auch die Zeit davon. Wobei man auch deutlich sagen muss, die Vorschläge, die bisher auf dem Tisch liegen oder in Kopenhagen als Angebote von Industrieländern und Schwellenländern kamen, die sind noch nicht das, was die Wissenschaft erwartet. Da gibt es das Stichwort "Climate Tracker". Das sind so Klimarechner, die manche Leute entwickelt haben, und die berechnen dann die Vorschläge auf das runter, was in der Atmosphäre passiert. Da gibt es eine Firma, die auch hier in Deutschland präsent ist, eine Beratungsfirma im Bereich erneuerbare Energien und Klimaschutz, Ecofys heißt die. Die hat das auch während Kopenhagen betrieben, hat zum Schluss geschaut, es haben ja Länder Vorschläge gemacht: Was kommt da eigentlich bei raus? Und sie haben gesagt: Wenn wir diese Vorschläge umsetzen, landen wir nicht bei zwei Grad Celsius plus oder unter zwei Grad Celsius plus, sondern dann laufen wir vermutlich auf eine globale Klimaerwärmung von 3,5 Grad Celsius bis zum Jahr 2100 hinaus. Das ist mit vielen Unsicherheiten verbunden, aber das ist doch sehr verschieden von zwei Grad Celsius.
Seynsche: Was sind denn genau diese Climate Tracker, also was machen die genau?
Mrasek: Das sind Programme, Computerprogramme, die schauen, was zum Beispiel die Europäische Union an Vorschlägen gemacht hat und wenn die umgesetzt würden, dann rechnen die eine Emissionsreduktion für die Länder der Europäischen Union aus und übersetzen das quasi in die Reduktion von Treibhausgasen, von Kohlendioxid, von Methan in der Atmosphäre, wie viel das dann zurück geht. Und das rechnet die dann wiederum in eine Temperatur um. Da gibt es ja physikalische Zusammenhänge. Das sind also Rechenprogramme, die sind auch nicht so ganz neu, aber gerade zu Kopenhagen haben sie noch mal Aufmerksamkeit bekommen. Und das ist auch ganz vernünftig das zu machen. Damit wurde auch ein bisschen Druck erzeugt. Also auch Nichtregierungsorganisationen haben immer wieder darauf verwiesen, haben gesagt: Momentchen mal, das, was hier auf dem Tisch liegt, damit landen wir nicht bei den zwei Grad Celsius, da muss mehr kommen. Es kam aber nicht mehr.
Seynsche: Aber diese zwei Grad Celsius sind doch das einzige, worauf man sich geeinigt hat in Kopenhagen, oder?
Mrasek: Ja, darauf hat man sich geeinigt. Man weiß aber auch noch nicht so recht, was das bedeutet. Also, das ist auch eine unverbindliche Zusage im Moment, dass man sagt: Ja, wir unterstützen das Ziel, das die Wissenschaft vorgibt. Wir sollten möglichst unter zwei Grad Celsius bleiben. Und wie schwierig das wird, und ob da überhaupt noch Spielraum bleibt, zeigen ja auch aktuelle Studien, die es gibt, über die auch in Forschung aktuell berichtet worden ist. Da gibt es Studien, die sagen: Wenn wir uns das Wachstum in den Schwellenländern, in Ländern wie China anschauen, Südafrika, Indien, und gehen davon aus, dass das weiter anhalten wird, dann haben die Industrieländer vielleicht sogar nur noch bis 2030 überhaupt Spielraum, Treibhausgase zu emittieren. Also es gibt Studien – man muss die ernst nehmen – und die sagen, das ist sowieso recht knapp. Wie haben alle in Erinnerung die Zahl 2015, die ist schon im Weltklimabericht von 2007 genannt worden. Dass da so eine Kehrtwende vollzogen werden sollte. Dass die Emissionen nicht weiter steigen, was sie im Moment noch tun. Also seit 1990 sind die globalen Treibhausgas-Emissionen um 40 Prozent gestiegen. Sie sollen aber 2015, wenn man dem Rat des Weltklimarates folgte, langsam mal zurück gehen.
Seynsche: Gibt es denn irgendwelche Ansätze, wie das gemacht werden kann, wenn es auf politischer Ebene scheinbar nicht durchsetzbar ist? Also, was macht man mit dem ganzen CO2 in der Atmosphäre?
Mrasek: Das ist eine schwierige Frage. Also was jetzt betont wird, ist, wenn die politischen Verhandlungen da in einer Sackgasse stecken sollten und man auch in diesem Jahr nicht weiterkommt, dann muss man sehen, was Städte machen, was Kommunen machen, was der Einzelne macht. Dann muss es Aktionsprogramme auf regionaler Ebene oder auf Länderebene geben. Aber ein großes Fragezeichen ist natürlich auch: Was passiert dann mit Instrumenten wie dem Emissionshandel? Denn wenn es kein rechtlich verbindliches Abkommen gibt, ist natürlich auch das ganze Konzept des Emissionshandels infrage gestellt und damit fällt ja ein Instrument weg, was dazu beitragen soll, dass CO2 in der Atmosphäre reduziert wird.
Seynsche: Vielen Dank. Das war mein Kollege Volker Mrasek über die PK des UN-Klimasekretariats heute in Bonn.
Mrasek: Also der Chefdiplomat der Vereinten Nationen, ein Belgier namens Ivo de Boer, der Leiter des Klimasekretariates, hat noch mal klargemacht, wo wir gerade stehen, und dass es im Moment recht spannend wird. Sie sagten es ganz richtig: Es gibt keine rechtsverbindliche Erklärung, kein Abkommen, das Kopenhagen hervorgebracht hat. Aber es gibt ein unverbindliches, eine Erklärung, diese berühmten Copenhagen Accords (PDF-Dokument), wie sie genannt werden. Diese sind auch nur zur Kenntnis genommen worden, aber die Staaten, die diese Erklärung tragen oder die dahinter stehen, die haben sich verpflichtet, bis Ende dieses Monats dem Klimasekretariat zu schreiben und zu sagen, welche Ziele, welche Reduktionsziele sie verfolgen wollen, bis 2020, bis 2030, vielleicht auch länger, und was sie dafür tun wollen, welche Maßnahmen sie ergreifen wollen, auf freiwilliger Basis. Und Ivo de Boer hat gesagt, er wird sich das anschauen, er wird dann sehen, wozu das führt, zu welchen Reduktionen man dann kommt. Und er wird das vergleichen mit dem Ziel, zu dem man sich verpflichtet hat, nämlich die globale Erwärmung möglichst nicht über zwei Grad Celsius hinausgehen zu lassen. Ob das zueinander passt, das ist ja auch das, was die Wissenschaft sagt: Man sollte einen Klimawandel vermeiden, der eben zwei Grad über die vorindustrielle Zeit hinausgeht, denn da könnte er unbeherrschbar werden.
Seynsche: Kann das denn überhaupt funktionieren, wenn die das freiwillig abgeben sollen? Wird es irgendjemand machen?
Mrasek: Das ist eine spannende Frage. Also de Boer hat betont, es gibt durchaus Übereinstimmung darin, dass man etwas tun will. Also die Staaten seien alle so weit, dass sie sehen: Man muss dringend etwas gegen den Klimawandel tun. Sie wollen der Wissenschaft folgen, sie haben alle dieses Zwei-Grad-Celsius-Ziel unterstützt. Einige Entwicklungsländer haben sogar gesagt: Wir brauchen eigentlich ein 1,5-Grad-Plus-Ziel oder eine Schwelle, über die man nicht hinausgehen sollte. Insofern, er ist natürlich auch Diplomat, sagt er, da ist noch Hoffnung. Man muss auch sehen, es gibt immer noch Dokumente, die auf dem Tisch liegen, die jetzt nicht beerdigt worden sind. Im Rahmen der Kyoto-Nachfolgeverhandlungen, die noch auf dem Tisch liegen und die sagen: Wir wollen verbindliche Ziele haben, die Entwicklungsländer sollen sich auch verpflichten und dergleichen. Diese Dokumente werden in diesem Jahr noch verhandelt und das heißt nicht, dass es doch noch ein verbindliches Abkommen geben kann und das soll es auch. Die nächste Weltklimakonferenz ist Ende dieses Jahres in Mexiko und Ivo de Boer hat angedeutet – es gibt ein Zwischentreffen im Mai, Juni - , dass vielleicht weiter Verhandlungen notwendig sein werden. Dass man vielleicht im Terminkalender noch wird schauen müssen, dass man sich häufiger trifft. Denn langsam läuft auch die Zeit davon. Wobei man auch deutlich sagen muss, die Vorschläge, die bisher auf dem Tisch liegen oder in Kopenhagen als Angebote von Industrieländern und Schwellenländern kamen, die sind noch nicht das, was die Wissenschaft erwartet. Da gibt es das Stichwort "Climate Tracker". Das sind so Klimarechner, die manche Leute entwickelt haben, und die berechnen dann die Vorschläge auf das runter, was in der Atmosphäre passiert. Da gibt es eine Firma, die auch hier in Deutschland präsent ist, eine Beratungsfirma im Bereich erneuerbare Energien und Klimaschutz, Ecofys heißt die. Die hat das auch während Kopenhagen betrieben, hat zum Schluss geschaut, es haben ja Länder Vorschläge gemacht: Was kommt da eigentlich bei raus? Und sie haben gesagt: Wenn wir diese Vorschläge umsetzen, landen wir nicht bei zwei Grad Celsius plus oder unter zwei Grad Celsius plus, sondern dann laufen wir vermutlich auf eine globale Klimaerwärmung von 3,5 Grad Celsius bis zum Jahr 2100 hinaus. Das ist mit vielen Unsicherheiten verbunden, aber das ist doch sehr verschieden von zwei Grad Celsius.
Seynsche: Was sind denn genau diese Climate Tracker, also was machen die genau?
Mrasek: Das sind Programme, Computerprogramme, die schauen, was zum Beispiel die Europäische Union an Vorschlägen gemacht hat und wenn die umgesetzt würden, dann rechnen die eine Emissionsreduktion für die Länder der Europäischen Union aus und übersetzen das quasi in die Reduktion von Treibhausgasen, von Kohlendioxid, von Methan in der Atmosphäre, wie viel das dann zurück geht. Und das rechnet die dann wiederum in eine Temperatur um. Da gibt es ja physikalische Zusammenhänge. Das sind also Rechenprogramme, die sind auch nicht so ganz neu, aber gerade zu Kopenhagen haben sie noch mal Aufmerksamkeit bekommen. Und das ist auch ganz vernünftig das zu machen. Damit wurde auch ein bisschen Druck erzeugt. Also auch Nichtregierungsorganisationen haben immer wieder darauf verwiesen, haben gesagt: Momentchen mal, das, was hier auf dem Tisch liegt, damit landen wir nicht bei den zwei Grad Celsius, da muss mehr kommen. Es kam aber nicht mehr.
Seynsche: Aber diese zwei Grad Celsius sind doch das einzige, worauf man sich geeinigt hat in Kopenhagen, oder?
Mrasek: Ja, darauf hat man sich geeinigt. Man weiß aber auch noch nicht so recht, was das bedeutet. Also, das ist auch eine unverbindliche Zusage im Moment, dass man sagt: Ja, wir unterstützen das Ziel, das die Wissenschaft vorgibt. Wir sollten möglichst unter zwei Grad Celsius bleiben. Und wie schwierig das wird, und ob da überhaupt noch Spielraum bleibt, zeigen ja auch aktuelle Studien, die es gibt, über die auch in Forschung aktuell berichtet worden ist. Da gibt es Studien, die sagen: Wenn wir uns das Wachstum in den Schwellenländern, in Ländern wie China anschauen, Südafrika, Indien, und gehen davon aus, dass das weiter anhalten wird, dann haben die Industrieländer vielleicht sogar nur noch bis 2030 überhaupt Spielraum, Treibhausgase zu emittieren. Also es gibt Studien – man muss die ernst nehmen – und die sagen, das ist sowieso recht knapp. Wie haben alle in Erinnerung die Zahl 2015, die ist schon im Weltklimabericht von 2007 genannt worden. Dass da so eine Kehrtwende vollzogen werden sollte. Dass die Emissionen nicht weiter steigen, was sie im Moment noch tun. Also seit 1990 sind die globalen Treibhausgas-Emissionen um 40 Prozent gestiegen. Sie sollen aber 2015, wenn man dem Rat des Weltklimarates folgte, langsam mal zurück gehen.
Seynsche: Gibt es denn irgendwelche Ansätze, wie das gemacht werden kann, wenn es auf politischer Ebene scheinbar nicht durchsetzbar ist? Also, was macht man mit dem ganzen CO2 in der Atmosphäre?
Mrasek: Das ist eine schwierige Frage. Also was jetzt betont wird, ist, wenn die politischen Verhandlungen da in einer Sackgasse stecken sollten und man auch in diesem Jahr nicht weiterkommt, dann muss man sehen, was Städte machen, was Kommunen machen, was der Einzelne macht. Dann muss es Aktionsprogramme auf regionaler Ebene oder auf Länderebene geben. Aber ein großes Fragezeichen ist natürlich auch: Was passiert dann mit Instrumenten wie dem Emissionshandel? Denn wenn es kein rechtlich verbindliches Abkommen gibt, ist natürlich auch das ganze Konzept des Emissionshandels infrage gestellt und damit fällt ja ein Instrument weg, was dazu beitragen soll, dass CO2 in der Atmosphäre reduziert wird.
Seynsche: Vielen Dank. Das war mein Kollege Volker Mrasek über die PK des UN-Klimasekretariats heute in Bonn.