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Wie haben sich die "Frischlinge" geschlagen?

Die European School of Management and Technology (esmt) in Berlin ist ein ehrgeiziges Projekt namhafter deutscher Unternehmen, das anfangs auf recht wackligen Füßen stand. Am vergangenen Freitag nun wurden die ersten Studenten verabschiedet, die an der esmt ihre Vollzeit-Ausbildung zum "Master of Business Administration" (MBA) absolviert haben.

Von Stephanie Pieper | 18.12.2006
    Berlin-Mitte, Schlossplatz 1. Im Foyer des denkmalgeschützten Gebäudes, in dem einst der Staatsrat der DDR tagte, begrüßten sich die ersten Absolventen der European School of Management and Technology - natürlich auf Englisch, der Unterrichtssprache.

    Es war eine Premiere für die esmt - da wurde auf das Ambiente, den Stil besonderen Wert gelegt. Auch Christina Döbler empfing aus den Händen des "Deans" ihr Zertifikat:

    " I hereby confer upon you the Master of Business Administration"

    Christina Döbler war eine von nur vier Frauen im ersten MBA-Jahrgang der esmt. Bei der Wahl dieser Hochschule war sie sich durchaus des Risikos bewusst, "Versuchskaninchen" zu sein:

    " Wenn man ganz ehrlich ist, wenn man so einen MBA macht, dann guckt man natürlich auch auf die Reputation der Schule. esmt als so genanntes Start-up-Unternehmen hat diese Reputation noch nicht - aber mit dem, was ich jetzt hier gesehen habe über das Jahr, bin ich mir sicher, dass sie das in einigen Jahren schaffen werden."

    Die 29-Jährige ist bereits Maschinenbau-Ingenieurin, hat mehrere Jahre bei Gilette gearbeitet und erhielt ein Teil-Stipendium für die esmt. Ihr Studien-Kollege Oliver Engels - ein promovierter Physiker - war zuvor bei der Beratungsfirma KPMG tätig. Die hat ihm nicht nur das 50.000 Euro teure Studium an der esmt finanziert, sondern dem 37-Jährigen auch seinen Job garantiert:

    " Unsere Erwartungen sind zum größten Teil erfüllt worden durch die Uni, durch die Professoren, die wir hatten, durch die Inhalte, die wir vermittelt bekommen haben, durch das Netzwerk, das wir geknüpft haben."

    Abendessen mit den Vorstandsvorsitzenden einiger esmt-Gründungsunternehmen zählte Engels ebenso zu den Highlights des Studien-Programms wie die Reisen in kleinen Gruppen nach Indien, China oder Mexiko:

    " Man kommt hier raus mit dem Bewusstsein, was alles geht, wenn man es nur will. Und ich bin eigentlich bestärkt darin, im Ausland arbeiten zu wollen. Die Verantwortung, die man der Gesellschaft gegenüber hat - das war einer der Punkte, die sehr stark im Vordergrund standen hier im Studium."

    Als eine Schwäche der esmt empfand Engels den geringen Frauen-Anteil unter den Studierenden wie den Lehrenden. Der im Januar beginnende zweite MBA-Jahrgang hat deshalb vier weibliche Stipendiaten; außerdem kommen mehr Studierende aus Osteuropa. Als Stärke dagegen wertet Engels vor allem aber die Internationalität: Asien, Nordamerika und Europa waren vertreten. Was die Arbeit in den stets wechselnden Studiengruppen nicht immer einfach gestaltete, aber auch bereicherte, ergänzt Christina Döbler. Ihr Fazit:

    " Was ich von dieser Schule am meisten mitnehme sind wirklich diese soft skills: leadership, wie man Menschen führt, wie man sie motiviert, dass man nicht im Rampenlicht stehen muss, um gute Führung zu sein oder unbedingt harte Bandagen anlegen muss, dass es halt noch andere Mittel gibt."

    Die esmt selbst hat seit September einen neuen "leader": Präsident Lars-Hendrik Röller - zuvor Chefvolkswirt der EU-Kommission -, der den Ausbau der Firmen-Uni forcieren will und soll. Alles auf Wunsch der 25 beteiligten Unternehmen und Verbände. Röller wurde zugesichert, dass das Stiftungskapital von derzeit 80 Millionen Euro in den kommenden Jahren aufgestockt wird. Zusätzlich lassen einige der besonders engagierten Konzerne - darunter Siemens, die Allianz und MAN - der esmt in den kommenden fünf Jahren einen zweistelligen Millionenbetrag zukommen. Keine Spende, sondern ein Vorschuss für die Kaderschmiede: Denn die Konzerne zahlen quasi im voraus für die Weiterbildung ihrer Führungskräfte an der esmt. Diese finanzielle Zusage soll es Röller wiederum erleichtern, renommierte Professoren an die esmt zu holen - bislang ein Manko der Schule:

    " Insofern müssen wir durch ein besonders interessantes Konzept - und das haben wir, glaube ich - überzeugen. Und dieses Konzept heißt, dass wir uns auf bestimmte Bereiche konzentrieren werden. Wir wollen also nicht alle Bereiche flächendeckend durch international führende Professoren abdecken - das können wir nicht, wir können da auch mit Gast-Professoren arbeiten."

    Röller bleibt aber dabei: Bis zum Jahr 2009 soll die Zahl der Professuren auf etwa 30 aufgestockt werden, mit dem Fokus "Management und Technologie" sowie "Europa". Ein entscheidender Termin für die esmt steht dann im Sommer ins Haus: Die Evaluierung durch den Wissenschaftsrat.

    Christina Döbler hat übrigens dank des Firmen-Netzwerks ihren neuen Job bereits gefunden: Sie wird Produktmanagerin in der Sparte Medizintechnik von Siemens. Vorher gönnt sie sich jedoch einen Monat Pause, um sich zu erholen von den Strapazen der Ausbildung - und der Graduationsfeier: Beim Ball tanzten die ersten esmt-Absolventen am Schlossplatz 1 bis tief in die Nacht.