Meurer: Ungewöhnliche Klänge werden heute Abend im Berliner Bendlerblock zu hören sein, dem Amtssitz des Verteidungsministers. Statt Militärmusik spielt das Stabsmusikchor der Bundeswehr nämlich die Titelfanfare aus Starwars. Dieses Musikstück hat sich Generalinspekteur Harald Kujat gewünscht. Der Vier-Sterne-General wird heute Abend verabschiedet und übernimmt dann seinen neuen Posten als Vorsitzender des NATO-Militärausschusses in Brüssel. Kujat gilt als der Vater der Bundeswehrreform, die vor zwei Jahren beschlossen wurde und mit der die deutschen Streitkräfte fit für die Zukunft gemacht werden sollen. Zuletzt soll sich Kujats Verhältnis zu seinem Vorgesetzten Rudolf Scharping erheblich verschlechtert haben. Die beiden sollen im Streit auseinandergehen. Im Interview der Woche bei uns meinte Kujat am letzten Sonntag, wie er seine Rolle als Generalinspekteur der Bundeswehr verstanden habe.
Kujat: Ein Generalinspekteur, der nicht Fisch noch Fleisch isst, ist weder für die Regierung noch für die Streitkräfte ein Gewinn. Ich habe mich immer bemüht, die Dinge beim Namen zu nennen - in der gebotenen Form natürlich -, aber meine Soldaten wussten immer, wo ich stand, und sie konnten sich auch darauf verlassen, dass das Urteil, das ich über den Zustand der Streitkräfte und den Stand der Reform, über die Erfolgsaussichten und über das, was notwendig ist oder das, was erreicht wurde, abgegeben habe, alles den Realitäten entsprach und auch mit ihrer persönlichen Erfahrung übereinstimmte.
Meurer: Der scheidende Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, war das. Am Telefon begrüße ich seinen Dienstvorgesetzten, den Bundesverteidungsminister Rudolf Scharping, SPD. Guten Morgen, Herr Scharping.
Scharping: Guten Morgen, Herr Meurer.
Meurer: Scheiden Sie und General Kujat in Zwietracht voneinander, wie viele behaupten?
Scharping: Im Gegenteil.
Meurer: Wie ist Ihr Verhältnis zum Generalinspekteur?
Scharping: Wir müssen nicht immer über Verhältnisse reden, aber wir arbeiten sehr gut zusammen und verstehen uns menschlich auch gut.
Meurer: Verhältnisse sind doch wichtig. Er ist doch ihr wichtigster politischer Berater gewesen?
Scharping: Ja, sicher, und das wird er übrigens in veränderter Rolle im Vorsitz des NATO-Militärausschusses auch bleiben. Die Bundesregierung hat ja den General Kujat für das Amt nicht deshalb vorgeschlagen, weil sie von seinen Qualitäten nicht überzeugt wäre. Wir sind von seinen Qualitäten überzeugt, und die NATO übrigens auch.
Meurer: Waren Sie von seinen Qualitäten auch überzeugt, was zum Beispiel das angeht, was der Generalinspekteur gesagt hat, zum Beispiel auf der letzten Kommandeurtagung zur finanziellen Ausstattung der Bundeswehr.
Scharping: Was meinen Sie denn da konkret?
Meurer: Der Generalinspekteur hat gesagt, dass die finanziellen Mittel nicht ausreichen, nachdem Sie vorher noch in einer Rede gesagt haben, das Gegenteil sei der Fall. So zumindest wurde das von Teilnehmern der Kommandeurtagung verstanden.
Scharping: Ich muss nicht jeden Eindruck kommentieren. Sie haben ja am Wochenende ein Interview mit General Kujat gemacht. Ich habe das aufmerksam gelesen und dort wiedergefunden, was unsere gemeinsame Auffassung ist, nämlich dass wir mit der Reform der Bundeswehr auf einem guten Weg sind, dass die innere Lage der Bundeswehr stabil ist und dass wir dann die finanziellen Mittel zur Verfügung haben, wenn neben dem Haushalt die Investitionsmöglichkeiten treten, die wir mit einer Kooperation mit der Wirtschaft, die übrigens in Deutschland einzigartig für den Staat ist, wenn wir diese zusätzlichen Investitionsmöglichkeiten erschließen. Und das tun wir. Ich nenne Ihnen als sehr sichtbares Beispiel das Fahrzeugflottenmanagement. Das machen wir gemeinsam mit einem privaten Partner, und wir werden gemeinsam außerhalb des Verteidigungshaushaltes rund 4 Milliarden Mark oder 2 Milliarden Euro investieren und den Fahrzeugpark der Bundeswehr rundum erneuern, und diese Investitionen stehen nicht im Verteidungshaushalt, kommen aber der Bundeswehr unmittelbar zugute, und man müsste eigentlich diese 4 Milliarden in den nächsten fünf Jahren draufschlagen.
Meurer: Das sind aber Erfolge, die es noch nicht gibt, sondern die sie sich für die Zukunft erhoffen.
Scharping: Nein, im Gegenteil. Es dürfte auch dem Deutschlandfunk in Köln nicht ganz entgangen sein, dass wir diese Fahrzeugfirma gegründet haben und dass sie Ihren Betrieb aufgenommen hat.
Meurer: Generalinspekteur Kujat hat hier am Sonntag folgendes gesagt. Ich zitiere einmal: "Der Verteidigungshaushalt 2003 bleibt unterhalb der Ansätze, die wir nach der Bundeswehrplanung für erforderlich erachten, das muss man ganz klar sagen". Gibt es zu wenig Geld für die Bundeswehr?`
Scharping: Der Generalinspekteur hat in dem Interview Herrn Clement auch erläutert, dass dies seit Jahrzehnten der Fall ist, dass die Bundeswehrplanung immer oberhalb des Haushalts und seiner Ansätze liegt und übrigens auch liegen muss. Das ist ein sehr vernünftiges Verfahren, denn wenn sie nicht mehr einplanen, zum Beispiel auf der Seite der Investitionen, als sie am Ende leisten können, dann verlieren sie zwei Möglichkeiten. Erstens: Wenn sich auf Grundlage industrieller und technologischer Entwicklungen ein Projekt verändert, zum Beispiel verzögert, dann müssen Sie Ersatzmaßnahmen treffen können, anstatt das Geld gewissermaßen nutzlos zurückzugeben oder in nutzlose Dinge zu stecken. Außerdem können Sie ja auch sehen, wie die wirtschaftlichen Prozesse innerhalb der Bundeswehr mittlerweile gestrafft und verbessert worden sind. Wir haben im Jahre 2001 627 Millionen Mark mehr in die Ausrüstung investiert als der Haushaltsplan vorgesehen hatte, das heißt, wir haben einen Prozess am Beginn des Jahres, der immer sagt: Plane mehr Geld ein, als Du tatsächlich zur Verfügung hast. Behalte Dir Deine Flexibilität. Dann organisieren wir das Jahr so, dass wir mehr in die Ausrüstung investieren können, als wir ursprünglich vorgesehen hatten. Das Jahr 2001 ist ein sehr guter, wenn auch nicht der einzige Beweis dafür.
Meurer: Was halten Sie von dem Vorschlag, die Auslandseinsätze der Bundeswehr zu reduzieren, um damit Geld zu sparen?
Scharping: Da geht es weniger darum, Geld zu sparen. Das ist ein ganz angenehmer Nebeneffekt. Es geht darum, seine Aufgaben zu erfüllen und die dafür erforderlichen Fähigkeiten zur Verfügung zu stellen. Das tun wir, und wenn jetzt beispielsweise, was in der NATO schon entschieden ist, die Präsenz in Bosnien und im Kosovo reduziert wird, dann dient das der Entlastung der Bundeswehr. Darauf haben General Kujat und ich immer gemeinsam aufmerksam gemacht. Wir müssen die Bundeswehr insbesondere da, wo Spezialisten sehr stark gefordert sind, entlasten und deswegen bieten Reduzierungen wie in Bosnien und im Kosovo keinen Raum für neues, zusätzliches Engagement. Sie müssen genutzt werden zur Entlastung der Bundeswehr. Das Gleiche gilt für Mazedonien. Auch das ist schon entschieden. Wir haben ja gerade diesen Tagen die Führung in Mazedonien an die Niederlande, mit denen wir sehr, sehr eng zusammenarbeiten, übergeben, und auch das entlastet die Bundeswehr.
Meurer: Der Nachfolger von Kujat heißt Wolfang Schneiderhan. Was erwarten Sie vom neuen Generalinspekteur?
Scharping: Dass wir engagiert und gemeinsam zwischen politischer und militärischer Führung die Erneuerung der Bundeswehr so konsequent fortsetzten, wie wir sie gemeinsam konzeptionell geplant und begonnen haben.
Meurer: Erwarten Sie auch vom neuen Inspekteur, dass er das Binnenklima in der Bundeswehr verbessert und das Verhältnis zwischen Truppe und Führung?
Scharping: Das ist nicht notwendig, denn ich habe ja nun gerade sieben Regionaltagungen mit über tausend Kommandeuren hinter mir und habe ein sehr umfassendes und zutreffendes Bild von der inneren Verfassung der Bundeswehr. Sie ist stabil, die Truppe ist hochmotiviert. Wir haben gegenüber dem Jahr 2000 rund 20 Prozent mehr Nachwuchs- und Bewerberaufkommen. Das alles sind sehr gute Signale. Man darf nicht vergessen, dass in diesem Jahr in der Bundeswehr 42.000 Menschen befördert oder höher besoldet werden, dass wir Spezialistenlaufbahnen eingerichtet haben und vieles andere. Wissen Sie, das sind Gesetze und Entwicklungen, die sind am 1. Januar beziehungsweise am 1. April des Jahres eingetreten. Sie sind für die Bundeswehr ein ganz enormer Fortschritt, und man darf die Stimmung nicht verwechseln, die besteht, wenn man auf diesen Fortschritt wartet oder wenn er dann tatsächlich eingetreten ist. Jetzt ist er eingetreten. Das ist sehr sichtbar, es ist anfassbar, es ist spürbar, übrigens bei sehr, sehr vielen Menschen auch auf dem eigenen Konto, und das ist ja auch gut so. Die Bundesregierung hat gerade entschieden, das heißt, ich habe die Ressortverhandlungen mit meinen Kollegen abgeschlossen, dass wir die Zulagen für den fliegerischen Dienst, für die Kampfschwimmer und auch für die KSK-Soldaten um zum Teil 100 Prozent erhöhen. Auch das wirkt sich auf die Stimmung natürlich immer gut aus.
Meurer: Nun erwartet niemand, dass Sie Geld herbeizaubern können, Herr Scharping, aber nehmen Sie wirklich wahr, dass es in der Bundeswehr Klagen gibt, die Stimmung sei nicht gut, es fehle an menschlicher Wärme und sei kalt in der Bundeswehr.
Scharping: Haben Sie in den letzten Tagen mit 1000 Kommandeuren gesprochen?
Meurer: Ich habe nicht mit 1000 Kommandeuren gesprochen, aber man hört von den Kommandeuren eben, dass die Stimmung nicht so gut ist, wie Sie sagen.
Scharping: Wollen Sie damit behaupten, dass 1000 Kommandeure ihren Minister und übrigens auch ihre militärische Führung organisiert belügen?
Meurer: Von Lügen ist keine Rede, aber nehmen wir die letzte Kommandeurtagung: Haben Sie da die Stimmung wirklich richtig wahrgenommen?
Scharping: Die habe ich sehr aufmerksam wahrgenommen, und noch einmal: Wenn Sie mit über tausend Bataillonskommandeuren über die Stimmung in den Einheiten und Verbänden reden, dann haben Sie ein sehr zutreffendes Bild, und das habe ich beschrieben. Übrigens, auch da stimmen politische und militärische Führung überein: Die innere Stimmung der Bundeswehr, die Motivationslage ist stabil und gut.
Meurer: Das war Bundesverteidungsminister Rudolf Scharping heute Morgen bei uns im Deutschlandfunk zum Abschied des Generalinspekteurs Harald Kujak heute Abend in Berlin. Herr Scharping, besten Dank und auf Wiederhören.
Link: Interview der Woche mit General inspekteur Harald Kujat
Link: Interview als RealAudio
Kujat: Ein Generalinspekteur, der nicht Fisch noch Fleisch isst, ist weder für die Regierung noch für die Streitkräfte ein Gewinn. Ich habe mich immer bemüht, die Dinge beim Namen zu nennen - in der gebotenen Form natürlich -, aber meine Soldaten wussten immer, wo ich stand, und sie konnten sich auch darauf verlassen, dass das Urteil, das ich über den Zustand der Streitkräfte und den Stand der Reform, über die Erfolgsaussichten und über das, was notwendig ist oder das, was erreicht wurde, abgegeben habe, alles den Realitäten entsprach und auch mit ihrer persönlichen Erfahrung übereinstimmte.
Meurer: Der scheidende Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, war das. Am Telefon begrüße ich seinen Dienstvorgesetzten, den Bundesverteidungsminister Rudolf Scharping, SPD. Guten Morgen, Herr Scharping.
Scharping: Guten Morgen, Herr Meurer.
Meurer: Scheiden Sie und General Kujat in Zwietracht voneinander, wie viele behaupten?
Scharping: Im Gegenteil.
Meurer: Wie ist Ihr Verhältnis zum Generalinspekteur?
Scharping: Wir müssen nicht immer über Verhältnisse reden, aber wir arbeiten sehr gut zusammen und verstehen uns menschlich auch gut.
Meurer: Verhältnisse sind doch wichtig. Er ist doch ihr wichtigster politischer Berater gewesen?
Scharping: Ja, sicher, und das wird er übrigens in veränderter Rolle im Vorsitz des NATO-Militärausschusses auch bleiben. Die Bundesregierung hat ja den General Kujat für das Amt nicht deshalb vorgeschlagen, weil sie von seinen Qualitäten nicht überzeugt wäre. Wir sind von seinen Qualitäten überzeugt, und die NATO übrigens auch.
Meurer: Waren Sie von seinen Qualitäten auch überzeugt, was zum Beispiel das angeht, was der Generalinspekteur gesagt hat, zum Beispiel auf der letzten Kommandeurtagung zur finanziellen Ausstattung der Bundeswehr.
Scharping: Was meinen Sie denn da konkret?
Meurer: Der Generalinspekteur hat gesagt, dass die finanziellen Mittel nicht ausreichen, nachdem Sie vorher noch in einer Rede gesagt haben, das Gegenteil sei der Fall. So zumindest wurde das von Teilnehmern der Kommandeurtagung verstanden.
Scharping: Ich muss nicht jeden Eindruck kommentieren. Sie haben ja am Wochenende ein Interview mit General Kujat gemacht. Ich habe das aufmerksam gelesen und dort wiedergefunden, was unsere gemeinsame Auffassung ist, nämlich dass wir mit der Reform der Bundeswehr auf einem guten Weg sind, dass die innere Lage der Bundeswehr stabil ist und dass wir dann die finanziellen Mittel zur Verfügung haben, wenn neben dem Haushalt die Investitionsmöglichkeiten treten, die wir mit einer Kooperation mit der Wirtschaft, die übrigens in Deutschland einzigartig für den Staat ist, wenn wir diese zusätzlichen Investitionsmöglichkeiten erschließen. Und das tun wir. Ich nenne Ihnen als sehr sichtbares Beispiel das Fahrzeugflottenmanagement. Das machen wir gemeinsam mit einem privaten Partner, und wir werden gemeinsam außerhalb des Verteidigungshaushaltes rund 4 Milliarden Mark oder 2 Milliarden Euro investieren und den Fahrzeugpark der Bundeswehr rundum erneuern, und diese Investitionen stehen nicht im Verteidungshaushalt, kommen aber der Bundeswehr unmittelbar zugute, und man müsste eigentlich diese 4 Milliarden in den nächsten fünf Jahren draufschlagen.
Meurer: Das sind aber Erfolge, die es noch nicht gibt, sondern die sie sich für die Zukunft erhoffen.
Scharping: Nein, im Gegenteil. Es dürfte auch dem Deutschlandfunk in Köln nicht ganz entgangen sein, dass wir diese Fahrzeugfirma gegründet haben und dass sie Ihren Betrieb aufgenommen hat.
Meurer: Generalinspekteur Kujat hat hier am Sonntag folgendes gesagt. Ich zitiere einmal: "Der Verteidigungshaushalt 2003 bleibt unterhalb der Ansätze, die wir nach der Bundeswehrplanung für erforderlich erachten, das muss man ganz klar sagen". Gibt es zu wenig Geld für die Bundeswehr?`
Scharping: Der Generalinspekteur hat in dem Interview Herrn Clement auch erläutert, dass dies seit Jahrzehnten der Fall ist, dass die Bundeswehrplanung immer oberhalb des Haushalts und seiner Ansätze liegt und übrigens auch liegen muss. Das ist ein sehr vernünftiges Verfahren, denn wenn sie nicht mehr einplanen, zum Beispiel auf der Seite der Investitionen, als sie am Ende leisten können, dann verlieren sie zwei Möglichkeiten. Erstens: Wenn sich auf Grundlage industrieller und technologischer Entwicklungen ein Projekt verändert, zum Beispiel verzögert, dann müssen Sie Ersatzmaßnahmen treffen können, anstatt das Geld gewissermaßen nutzlos zurückzugeben oder in nutzlose Dinge zu stecken. Außerdem können Sie ja auch sehen, wie die wirtschaftlichen Prozesse innerhalb der Bundeswehr mittlerweile gestrafft und verbessert worden sind. Wir haben im Jahre 2001 627 Millionen Mark mehr in die Ausrüstung investiert als der Haushaltsplan vorgesehen hatte, das heißt, wir haben einen Prozess am Beginn des Jahres, der immer sagt: Plane mehr Geld ein, als Du tatsächlich zur Verfügung hast. Behalte Dir Deine Flexibilität. Dann organisieren wir das Jahr so, dass wir mehr in die Ausrüstung investieren können, als wir ursprünglich vorgesehen hatten. Das Jahr 2001 ist ein sehr guter, wenn auch nicht der einzige Beweis dafür.
Meurer: Was halten Sie von dem Vorschlag, die Auslandseinsätze der Bundeswehr zu reduzieren, um damit Geld zu sparen?
Scharping: Da geht es weniger darum, Geld zu sparen. Das ist ein ganz angenehmer Nebeneffekt. Es geht darum, seine Aufgaben zu erfüllen und die dafür erforderlichen Fähigkeiten zur Verfügung zu stellen. Das tun wir, und wenn jetzt beispielsweise, was in der NATO schon entschieden ist, die Präsenz in Bosnien und im Kosovo reduziert wird, dann dient das der Entlastung der Bundeswehr. Darauf haben General Kujat und ich immer gemeinsam aufmerksam gemacht. Wir müssen die Bundeswehr insbesondere da, wo Spezialisten sehr stark gefordert sind, entlasten und deswegen bieten Reduzierungen wie in Bosnien und im Kosovo keinen Raum für neues, zusätzliches Engagement. Sie müssen genutzt werden zur Entlastung der Bundeswehr. Das Gleiche gilt für Mazedonien. Auch das ist schon entschieden. Wir haben ja gerade diesen Tagen die Führung in Mazedonien an die Niederlande, mit denen wir sehr, sehr eng zusammenarbeiten, übergeben, und auch das entlastet die Bundeswehr.
Meurer: Der Nachfolger von Kujat heißt Wolfang Schneiderhan. Was erwarten Sie vom neuen Generalinspekteur?
Scharping: Dass wir engagiert und gemeinsam zwischen politischer und militärischer Führung die Erneuerung der Bundeswehr so konsequent fortsetzten, wie wir sie gemeinsam konzeptionell geplant und begonnen haben.
Meurer: Erwarten Sie auch vom neuen Inspekteur, dass er das Binnenklima in der Bundeswehr verbessert und das Verhältnis zwischen Truppe und Führung?
Scharping: Das ist nicht notwendig, denn ich habe ja nun gerade sieben Regionaltagungen mit über tausend Kommandeuren hinter mir und habe ein sehr umfassendes und zutreffendes Bild von der inneren Verfassung der Bundeswehr. Sie ist stabil, die Truppe ist hochmotiviert. Wir haben gegenüber dem Jahr 2000 rund 20 Prozent mehr Nachwuchs- und Bewerberaufkommen. Das alles sind sehr gute Signale. Man darf nicht vergessen, dass in diesem Jahr in der Bundeswehr 42.000 Menschen befördert oder höher besoldet werden, dass wir Spezialistenlaufbahnen eingerichtet haben und vieles andere. Wissen Sie, das sind Gesetze und Entwicklungen, die sind am 1. Januar beziehungsweise am 1. April des Jahres eingetreten. Sie sind für die Bundeswehr ein ganz enormer Fortschritt, und man darf die Stimmung nicht verwechseln, die besteht, wenn man auf diesen Fortschritt wartet oder wenn er dann tatsächlich eingetreten ist. Jetzt ist er eingetreten. Das ist sehr sichtbar, es ist anfassbar, es ist spürbar, übrigens bei sehr, sehr vielen Menschen auch auf dem eigenen Konto, und das ist ja auch gut so. Die Bundesregierung hat gerade entschieden, das heißt, ich habe die Ressortverhandlungen mit meinen Kollegen abgeschlossen, dass wir die Zulagen für den fliegerischen Dienst, für die Kampfschwimmer und auch für die KSK-Soldaten um zum Teil 100 Prozent erhöhen. Auch das wirkt sich auf die Stimmung natürlich immer gut aus.
Meurer: Nun erwartet niemand, dass Sie Geld herbeizaubern können, Herr Scharping, aber nehmen Sie wirklich wahr, dass es in der Bundeswehr Klagen gibt, die Stimmung sei nicht gut, es fehle an menschlicher Wärme und sei kalt in der Bundeswehr.
Scharping: Haben Sie in den letzten Tagen mit 1000 Kommandeuren gesprochen?
Meurer: Ich habe nicht mit 1000 Kommandeuren gesprochen, aber man hört von den Kommandeuren eben, dass die Stimmung nicht so gut ist, wie Sie sagen.
Scharping: Wollen Sie damit behaupten, dass 1000 Kommandeure ihren Minister und übrigens auch ihre militärische Führung organisiert belügen?
Meurer: Von Lügen ist keine Rede, aber nehmen wir die letzte Kommandeurtagung: Haben Sie da die Stimmung wirklich richtig wahrgenommen?
Scharping: Die habe ich sehr aufmerksam wahrgenommen, und noch einmal: Wenn Sie mit über tausend Bataillonskommandeuren über die Stimmung in den Einheiten und Verbänden reden, dann haben Sie ein sehr zutreffendes Bild, und das habe ich beschrieben. Übrigens, auch da stimmen politische und militärische Führung überein: Die innere Stimmung der Bundeswehr, die Motivationslage ist stabil und gut.
Meurer: Das war Bundesverteidungsminister Rudolf Scharping heute Morgen bei uns im Deutschlandfunk zum Abschied des Generalinspekteurs Harald Kujak heute Abend in Berlin. Herr Scharping, besten Dank und auf Wiederhören.
Link: Interview der Woche mit General inspekteur Harald Kujat
Link: Interview als RealAudio
