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Wie man ein Ermittlerteam erfindet

Immer wieder sonntags um 20.15 Uhr zieht der "Tatort" das deutsche Fernsehpublikum in seinen Bann. Über 600 Fälle haben rund 70 Kommissare in wechselnder Besetzung und verschiedenen Großstädten in den über 35 Jahren seines Bestehens schon gelöst - im Fernsehen. Nun soll das beliebte Krimiformat auch die Radiohörer unterhalten, eine Neuerung, auch was die Zusammenarbeit der Hörspielredaktionen innerhalb der ARD betrifft. Denn jede wird ein bis zwei Folgen pro Jahr beisteuern und bei allen ARD-Anstalten werden alle Folgen zeitnah gesendet. Und so tüftelt man derzeit von München bis Hamburg, und von Köln bis Leipzig an den jeweils eigenständigen Ermittlerteams. Für Radio Bremen hat sich der Schriftsteller John von Düffel hinter seinen PC geklemmt.

Von Frank Olbert |
    Frank Olbert: Herr von Düffel, wer ermittelt denn bei Ihnen?
    John von Düffel: Ich hatte ganz früh das Gefühl, es müsste eine weibliche, sehr pragmatische Person sein, als Kommissarin eine Einzelgängerin im Mordkommissariat, weil ich auf der anderen Seite eine Figur habe, die mir sehr ans Herz gewachsen ist. Das ist ein Staatsanwalt, der aus Bremerhaven kommt und in Bremen zum ersten Mal die "höheren Weihen" empfängt und an Kapitalverbrechen mitarbeiten darf. Ich wollte ihn als einen sehr artikulierten, vornehm sprechenden Menschen haben im Kontrast zu einer Frau, die sehr hemdsärmelig ist.
    Frank Olbert: Haben Sie da eigentlich schon Stimmen im Ohr oder Gesichter im Kopf?
    John von Düffel: Erst einmal fängt es mit Persönlichkeiten an. Es gibt natürlich auch reale Vorbilder im Leben, Leute, die man mal beobachtet hat oder Menschen, die man ein bisschen kennt und aus denen man dann so eine Figur destillieren kann. Das sind die Dinge, die am Anfang stehen.
    Frank Olbert: Was sind denn die Anforderungen, denen Sie sich beim "radio tatort" stellen müssen?
    John von Düffel: Ich bin zwar, was das Hörspiel angeht, ein alter Hase. Hörspiele waren meine ersten literarischen Formen. Ich habe damit auch mein allererstes Geld als Autor verdient, seinerzeit auch bei Radio Bremen. Nachdem ich dann für das Theater gearbeitet habe und die ersten Romane geschrieben habe, habe ich diese Gattung ein bisschen vernachlässigt, aber ich habe sie immer geliebt, weil sie als Hörspiel auch immer ein Sprachspiel ist. Es kommt sehr viel mehr auf die Sprache an, als bei jedem Drehbuch oder Theaterstück. Das Besondere am Krimi ist für mich die Recherche, da ich nicht jemand bin, der mit dem Reißbrett hingeht und einen wahnsinnig spannenden Fall konstruiert. Ich habe gedacht, meine einzige Chance ist, mich in diese Welt hineinzuarbeiten und hoffentlich auf einen Fall zu stoßen, der mich interessiert. Und das ist dann auch passiert.