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Wie nachhaltig produziert die deutsche Putenwirtschaft?

Antibiotika gegen Krankheiten und Mastbeschleuniger für schnelles Muskelwachstum - gerade in der letzten Zeit hat die Geflügelwirtschaft immer wieder für Negativ-Schlagzeilen gesorgt. Nun wollen die Putenerzeuger ihr Image aufpolieren. Im Januar 2002 hat der Verband Deutscher Putenerzeuger deshalb die ”Initiative Nachhaltige Deutsche Putenwirtschaft” ins Leben gerufen. Gemeinsam mit Verbraucherverbänden, Bundesbehörden und Hochschulen sollen Standards erarbeitet werden, die deutsches Putenfleisch und - vor allem seine Erzeugung - von der Konkurrenz aus dem Ausland abhebt. Eine Bilanz.

Von Dietrich Sondermann |
    Für die Putenmäster in Deutschland ist die Welt in Ordnung. Eigentlich sei die Aufzucht des großen Federviehs bestens geregelt, nur hier und da gibt es Nachholbedarf, erklärt Dietmar Flock, der Vorsitzende der Initiative Nachhaltige Deutsche Putenwirtschaft:

    In dieser Initiative versuchen wir bewusst, die drei Hauptschwerpunkte Verbraucherschutz, Tierschutz und Umweltschutz auszuloten und zu sehen, was können wir verbessern.

    Dabei muss für die Erzeuger natürlich auch die Wirtschaftlichkeit stimmen. Und das scheint den Verbrauchern nicht klar zu sein:

    Das Hauptproblem ist die zum Teil extrem idealen Vorstellungen von einigen Verbrauchern, die nicht wissen, wie heute Lebensmittel ins Regal kommen.
    Die möchten natürlich eine Art Idyll und das entspricht nicht der Realität; wenn so produziert würde, dann würden die Städter alle verhungern.


    Geflügelfleisch in der EU und damit auch in Deutschland unterliegt im Gegensatz zum Rinder- oder Lammfleisch keiner Marktordung. Die Preise werden nicht vorgegeben, und Subventionen werden auch nicht gezahlt. Dadurch reguliert sich der Preis für Geflügel ausschließlich an den Kriterien von Angebot und Nachfrage. Für die Verbraucher bedeutet das: Geflügelfleisch zu sehr günstigen Preisen und die haben ihre Schattenseiten, weiß Florian Schöne, der Agrarreferent des Naturschutzbundes Deutschland, NABU:

    Das bedeutet, dass die Putenhaltung in Deutschland und Europa hochkonzentriert, hochspezialisiert und sehr stark wirklich agrarindustriell stattfindet.

    Greenpeace hat vor wenigen Jahren mit einem Züchter versucht, tatsächlich nach biologischen, tierschutzgerechten Kriterien Puten zu mästen und zu verkaufen. Dieses Fleisch war dann aber doppelt so teuer wie Fleisch aus konventionellen Betrieben:

    Das ist leider am Verbraucher gescheitert. Man hat versucht, das am Markt zu etablieren; die Nachfrage war nicht dementsprechend, so dass das Projekt wieder eingeschlafen ist.

    Die konventionelle Putenzucht bereitet Umweltschützern aber immer noch Probleme:

    Hoher Anteil an Medikamenten immer noch im Fleisch, große Umweltbelastung insbesondere bei der Gülle und eben eine flächenarme Tierhaltung mit einer hohen industriellen Konzentration.

    Für Dietmar Flock von der Initiative der Putenerzeuger sind dies Randerscheinungen. Medikamentengabe oder Güllekonzentration, das seien Schwierigkeiten aus der Vergangenheit und heute kaum von Belang. Er sieht für die Initiative andere Arbeitsschwerpunkte:

    Wir müssen letztlich in Deutschland Putenfleisch in besserer Qualität nicht nur erzeugen, sondern auch dem Verbraucher klar machen: es ist mehr Produktsicherheit und das betrifft die Fütterung, die Gesundheit, die Fleischqualität, alles, was dazu gehört.

    Diese Standards sind in Deutschland wahrscheinlich besser, als in billig produzierenden Ländern. Deshalb begrüßt der NABU die Initiative als ersten Schritt zu einer umwelt- und tierschutzgerechteren Putenmast. Florian Schöne hofft, dass die Verbraucher mitziehen:

    Dann kann man das auch in der Kommunikation, in der Werbung an den Verbraucher rüberbringen und dann wäre zu hoffen, dass der Verbraucher das auch am Verkaufsort honoriert.

    Trotzdem lehnte der NABU ein Engagement bei der Puten-Initiative ab. Die Vorbehalte gegen die Produktionsbedingungen bei Putenfleisch sind doch zu groß:

    Wir begrüßen die Initiative, wollen aber ehrlich gesagt nicht als Galionsfigur zitiert werden.