Freitag, 19. April 2024

Archiv


Wie Patienten Leistungen verwehrt werden

Krankenkassen, Ärzte und Kliniken verweigern Patienten in Deutschland regelmäßig ohne ausreichenden Grund medizinische Leistungen und Krankengeld. Das geht aus der Analyse von 75.000 Gesprächen der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) hervor.

Von Stephan Maas | 01.07.2013
    Selbst wenn Patientenrechte gesetzlich verbrieft sind, heißt das noch lange nicht, dass Patienten auch zu ihrem Recht kommen. Das zeigt der erste Jahresbericht, den die Unabhängige Patientenberatung Deutschland, UPD, heute in Berlin dem Patientenbeauftragten der Bundesregierung, Wolfgang Zöller, übergeben hat. Grundlage für den Bericht, der nicht den Anspruch erhebt, repräsentativ zu sein, sind gut 75.000 Beratungsgespräche, die innerhalb eines Jahres geführt wurden.
    In rund 14.500 Fällen beschwerten sich Patienten bei der kostenlosen Hotline über ihren Arzt oder ihre Krankenkasse. Dabei ging es meistens um die Themen: Patientenrechte und Berufspflichten.

    "Das erste Problem besteht darin, dass viele Patienten ihre Rechte als Patient gar nicht kennen, bzw. gar nicht wissen, welche Rechte es gibt."

    Sagte der Geschäftsführer der Beratungsstelle, Sebastian Schmidt-Kaehler. Hier gebe es noch immer einen großen Aufklärungsbedarf.

    "Diejenigen aber, die ihre Rechte kennen, die trauen sich häufig nicht zu, überhaupt auf Augenhöhe mit ihrem Arzt zu kommunizieren, sie trauen sich nicht zu, ihre Rechte einzufordern."

    Besonders häufig gehe es um Einsicht in Krankenakten. Vielen Patienten sei auch nicht klar, für welche Leistungen die Krankenkassen zahlen müssen, daher legten sie auch keinen Widerspruch ein, wenn sie eine Ablehnung ohne Begründung erhielten.

    Bei den Beratungsgesprächen, die die Grundlage für den Bericht bilden, sind laut Bericht mangelnde oder falsche Aufklärung über Behandlungsfolgen, der Verdacht auf Behandlungsfehler und Kosten bei der zahnärztlichen Versorgung wichtige Themen. Und auch das Krankengeld. Viele Kranke hätten keine Ahnung, wer für sie zuständig sei, daher komme es bei der Zahlung oft zu Problemen, sagte UPD-Geschäftsführer Schmidt-Kaehler. Der Sozialverband VdK, einer der Gesellschafter der unabhängigen Patientenberatung, fordert daher eine gesetzliche Regelung, damit Patienten nicht ihren Anspruch auf Krankengeld verlieren, wenn sie etwa eine Frist verpassen.
    Für Wolfgang Zöller, den Patientenbeauftragten der Bundesregierung, ist der Bericht, der ab jetzt jährlich erstellt werden soll, eine wichtige Grundlage dafür, die Qualität der Gesundheitsversorgung zu sichern. Der CSU-Politiker erklärte, Ärzte hätten ihm berichtet, dass Patienten mittlerweile häufiger Fragen stellten.

    "Was früher nie der Fall war. Jetzt hat man den Leuten klargemacht, sie haben ein Recht darauf, dass man mit ihnen auch über Alternativen spricht, dass man über die Nebenwirkungen mit ihnen spricht."

    Dazu hätten auch Selbsthilfegruppen einen wichtigen Beitrag geleistet. Zur politischen Diskussion um den Einfluss der Krankenkassen auf die "Unabhängige Patientenberatungsstelle", die mit Geldern aus dem Gesundheitsfonds finanziert wird, sagte Zöller, er könne sich vorstellen, das Verhältnis noch unabhängiger zu gestalten:

    "Es werden ja jetzt die Mittel aus dem Gesundheitsfonds genommen, also da kann ich auch sagen, UPD bleibt für sich vollkommen selbstständig und die Finanzierung zum Beispiel aus dem Gesundheitsfonds, da wird sich gar nichts ändern."

    Aus der UPD heißt es, die gesetzlichen Krankenkassen nähmen zwar keinen direkten inhaltlichen Einfluss, durch eine Veränderung der Strukturen könne die Beratungsstelle ihr Angebot aber besser und schneller dem Bedarf anpassen.