
Was steht im Geheimdienstbericht?
"Der Einsatz von Tränengasen und dem Erstickungsmittel Chlorpikrin durch russische Truppen ist mittlerweile zur Standardpraxis geworden und weit verbreitet", teilten der deutsche Auslandsgeheimdienst sowie der niederländische Militärnachrichtendienst MIVD und der niederländische Nachrichtendienst AIVD gemeinsam mit. Es gebe Beweise, dass das russische Militär Chlorpikrin aus Drohnen abwerfe, um beispielsweise Soldaten aus ihren Schützengräben zu treiben.
Mindestens drei Todesfälle stehen demnach nachweislich im Zusammenhang mit dem Einsatz chemischer Waffen. Mehr als 2.500 verletzte ukrainische Soldaten hätten den Gesundheitsbehörden darüber hinaus Symptome gemeldet, die auf den Einsatz chemischer Waffen schließen lassen, heißt es in dem Bericht. Russland investiere deutlich in sein Chemiewaffenprogramm und versuche offenbar den Kampfmitteleinsatz in Zukunft zu verstärken.
Der niederländische Verteidigungsminister Brekelmans sagte der Nachrichtenagentur Reuters, Russland verstoße eklatant gegen das internationale Chemiewaffen-Übereinkommen, das auf ein weltweites Verbot solcher Waffen abziele. Er forderte strengere Sanktionen gegen Russland. Auch die Bundesregierung wirft Russland einen Verstoß gegen das Chemiewaffen-Übereinkommen vor. Regierungssprecher Kornelius sagte, die Informationen der Geheimdienste passten zu der Feststellung, dass der Krieg mit immer höherer Brutalität und Intensität geführt werde.
Wurde zuvor schon über Chemiewaffen im Ukraine-Krieg berichtet?
Die USA beschuldigten Russland erstmals im Mai des vergangenen Jahres, Chlorpikrin eingesetzt zu haben. Die Ukraine gibt an, dass Russland chemische Waffen schon mehrere tausend Mal eingesetzt habe, unter anderem während der ukrainischen Offensive in der russischen Region Kursk ab August 2024. Der Einsatz von Chemiewaffen soll nun erneut intensiviert worden sein, melden der BND und die niederländischen Geheimdienste.
Die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) mit Sitz in Den Haag hatte im vergangenen Jahr noch erklärt, dass die Vorwürfe "unzureichend begründet" seien. Die Organisation war aber bisher nicht um eine vollständige Untersuchung gebeten worden.
Wie reagiert Russland auf die Vorwürfe?
Der Kreml oder das russische Verteidigungsministerium reagierten bislang nicht. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums hatte am Mittwoch ihrerseits allerdings gesagt, dass man im Osten der Ukraine ein ukrainisches Versteck mit Sprengkörpern entdeckt habe, die Chlorpikrin enthielten. Die Ukraine hat solche Vorwürfe stets zurückgewiesen.
Wie wirkt Chlorpikrin?
Chlorpikrin ist ein verbotenes Erstickungsmittel. Es ist flüssig, verdampft aber sehr schnell. Es kann zu schweren Reizungen der Haut, der Augen und der Atemwege führen sowie die Lunge schädigen. In hohen Konzentrationen und in geschlossenen Räumen kann das Mittel tödlich sein. Der Stoff wurde unter der Bezeichnung Grünkreuz-1 erstmals von der deutschen Armee im Ersten Weltkrieg eingesetzt.
Diese Nachricht wurde am 04.07.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.