Archiv


Wie steht es um ihren Kanal?

In Deutschland liegen schätzungsweise 1,5 Millionen Kilometer Abwasserleitungen auf Privatgrundstücken, und alle sollen bis Ende 2015 auf Schäden überprüft werden - das fordert eine DIN-Norm. Manche Bundesländer haben diese Empfehlung bereits als Pflicht in ihr Landeswassergesetz aufgenommen, in anderen liegt die Umsetzung im Ermessen von Städten und Gemeinden. Egal wann geprüft wir: Eine Sanierung kann schnell ein paar tausend Euro kosten.

Von Wibke Schmidt |
    Viele Hausbesitzer haben schon Post von ihrer Kommune erhalten, anderen steht es noch bevor: Sie sollen prüfen lassen, ob die Abwasserrohre auf ihrem Grundstück dicht sind. Wenn die Leitung ein Leck hat, muss sie repariert werden. Die Städte und Gemeinden setzen damit eine DIN-Norm um, auf die im Wasserhaushaltsgesetz des Bundes und in den Landeswassergesetzen verwiesen wird. Katrin Flasche von der Kommunalen Umwelt-Aktion:

    "Es gibt eine DIN-Norm, das ist die DIN 1986, die gilt für Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke, und Teil 30 regelt die Instandhaltung. Und da wird beschrieben, wie eine Dichtheitsprüfung vorzunehmen ist, eine Inspektion, und das Interessante daran ist hinten eine Tabelle, und die Tabelle regelt dann in Abhängigkeit von verschiedenen Abwasserarten, gewerbliches Abwasser, häusliches Abwasser, bis wann so eine Prüfung durchgeführt werden muss."

    Bis spätestens Ende 2015 müssen alle häuslichen Abwasserrohre auf Dichtheit überprüft werden, so sieht es die DIN-Norm vor. Für Grundstücke in Wasserschutzgebieten läuft die Frist sogar manchmal schon Ende 2009 aus. Doch bei der Umsetzung dieser Regelungen sind nicht alle Kommunen gleich weit. Vorreiter sind die Städte in Nordrhein-Westfalen, denn ihnen macht das nordrhein-westfälische Landeswassergesetz besonders strikte Vorgaben. Aber auch in anderen Bundesländern tut sich eine Menge, sagt Karsten Selleng von der Stadtentwässerung Braunschweig:

    "Es gibt Initiativen auf kommunaler Ebene, wo die Kommunen eben für sich beschlossen haben, tätig zu werden und für dichte Anlagen auch auf den Grundstücken zu sorgen. Gerade im letzten halben Jahr ist das angelaufen, und im Moment ist es so, dass es sich so ein bisschen lawinenartig auch verbreitet und ich bin da ganz optimistisch, dass das Thema dann in Kürze überall angekommen sein wird."

    Nach Meinung vieler Experten ist das auch dringend notwendig. Denn einige Städte schätzen die Schadensquote bei häuslichen Abwasserkanälen auf bis zu 70 Prozent. Das ist eine Gefahr für die Umwelt, denn Fäkalien können so ins Grundwasser gelangen. Poröse Leitungen bescheren den Kommunen aber noch ein anderes Problem, erklärt Katrin Flasche:

    "Wenn ich zum Beispiel in Bereichen mit hohen Grundwasserständen meine Kanäle liegen habe, dann bedeutet das ja nicht nur, dass etwas aus den Kanälen heraustropft, sondern dass auch in die Kanäle das Grundwasser eintritt. Die Abwassermenge erhöht sich damit, und es wird mehr Abwasser zur Kläranlage geleitet, und das erzeugt natürlich erhebliche Kosten."

    Um zu überprüfen, in welchem Zustand die Leitungen sind, gibt es mehrere Verfahren. Oft schickt die Rohrreinigungsfirma eine Kamera durch die Abwasserkanäle, die Bilder aus dem Inneren der Leitungen liefert. Wie viel der Hauseigentümer dafür bezahlen muss, hängt von der Länge der Leitungen ab und vom Aufwand. Manchmal gibt es beispielsweise keinen Kontrollschacht, durch den die Kamera unkompliziert in das Abwassersystem befördert werden kann. Mit einigen hundert Euro muss man auf jeden Fall rechnen. Otto Schaaf von den Stadtentwässerungsbetrieben Köln spricht von 300 bis 500 Euro und rät:

    "Auf der anderen Seite kann man natürlich auch Aufwand reduzieren, wenn man sich beispielsweise mit Nachbarn zusammentut und dann einen gemeinsamen Auftrag erteilt, weil die Firma, die das dann macht, muss einmal anreisen, einmal die Dinge einrichten, dadurch wird es sicherlich auch etwas günstiger."

    Wenn die Leitungen porös sind, wird es so richtig teuer: Eine Sanierung kann schnell ein paar tausend Euro kosten. Meist muss der Grundstückseigentümer das aus eigener Tasche bezahlen, denn Gebäudeversicherungen greifen nicht bei Leitungen, die außerhalb des Hauses liegen. Wo aber das Haus genau aufhört, ist unterschiedlich geregelt. Bei alten Verträgen aus der Zeit vor dem Jahr 2000 sind die Leitungen unter der Bodenplatte des Hauses noch mitversichert, so der Bundesverband der Versicherungsberater. In jedem Fall sollten Grundstücksbesitzer nicht einfach irgendeine Firma mit der Prüfung und Sanierung ihrer Leitungen beauftragen. Denn längst sind auch unseriöse Unternehmen auf das Milliardengeschäft im Untergrund aufmerksam geworden, sagt Otto Schaaf:

    "Wir haben hier in Köln schon die Situation gehabt, und ich denke auch in anderen Städten, dass tatsächlich Drückerkolonnen unterwegs sind, die versuchen hier praktisch ein Haustürgeschäft abzuwickeln, indem sie entweder die Betroffenen unter massiven Druck setzen mit Hinweis auf die gesetzliche Verpflichtung, oder aber die Dichtheitsprüfung sehr günstig anbieten, und dann allerdings, wenn sie etwas feststellen, eine Sanierung praktisch sofort durchführen wollen, die dann häufig deutlich überteuert ist."

    Um Betrug und Pfusch zu vermeiden, haben viele Städte und Gemeinden Listen mit sachkundigen Firmen auf ihre Internetseiten gestellt. Hier erhalten Bürger auch Informationen über die Prüffristen und die konkreten Regelungen in ihrer Kommune.