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Wie unter einer Daunendecke

6000 Wohnungen, Büros und Schulen sind bundesweit bereits nach dem Konzept eines energiesparenden Passivhauses entstanden. Das erste Passivhaus der Welt wurde vor 15 Jahren in Darmstadt bezogen.

Von Anke Petermann | 06.10.2006
    Vor 15 Jahren bezogen vier Familien das freistehende Pionier-Passivhaus in einem Außenbezirk von Darmstadt, vor 5 Jahren entstand im Zentrum von Wiesbaden das erste Stadthaus als Passivgebäude. In einer Baulücke errichteten ein Architekten-Duo sein neues Domizil mit viel Glas und Holz, darüber noch ein weiteres Büro und Wohnungen. Im Darmstädter Pionierhaus kommen die Mieter mit 20 Euro pro Monat für Heizung und Warmwasser aus. In dem Wiesbadener Architektenbüro sucht man die Heizung zunächst vergeblich.

    "Unten im Keller gibt es zwei Heizkörper, die eben damals in der Angst, dass es doch kalte Winter geben könnte, eingeplant wurden. In den zwei Jahren, die ich hier arbeite, hat eine Kollegin sie an zwei kalten Morgenden mal eine halbe Stunde angehabt, aber dann konnte man sie schon wieder abstellen, denn wenn die Computer alle laufen, die Lampen alle an sind und natürlich durch beschäftigte Mitarbeiter entsteht so viele Wärme, dass man dann die traditionelle Heizung nicht mehr braucht","

    sagt Paul-Martin Lied, der das Büro mitnutzt. Die Wärme bleibt durch effektive Dämmtechnik, der Mief zieht ab. Feuchtigkeit in der Wohnung, Schimmel in den Büroecken, das wollte man von vornherein ausschließen, so Wolfgang Feist, Gründer und Direktor des Passivhaus-Instituts Darmstadt.

    ""Deshalb haben Passivhäuser grundsätzlich eine Lüftungsanlage, es wird also grundsätzlich frische Luft von außen in den Raum zugeführt und verbrauchte Luft aus den Bädern, aus der Küche, da, wo sie am meisten belastet ist, wieder nach außen geführt. Und um diesen Wärmeverlust nicht zu haben, den diese verbrauchte Luft sonst nach außen bringt, gibt es einen so genannten Wärmeübertrager, ein Wärmerückgewinnungsgerät, das zwischen die Fortluft und die Zuluft geschaltet ist, so dass wir die Wärme aus der Fortluft zurückgewinnen und sie auf die frische Zuluft übertragen.

    Und was man also regelmäßig machen muss, ist die Filter austauschen, ich habe hier einen in der Hand, ein bisschen so wie diese Staubsaugerfilter. Die Frischluft wird also durch diese Filter gezogen, mit dem Vorteil für Allergiker und allgemein, dass auch in der Wohnung der Feinstaub nicht umeinander gepustet wird, sondern dass die Luft, die reinkommt, wirklich sauber ist."
    Man kann in Passivhäusern die Fenster aufreißen, muss es aber nicht. Stoß-Lüftung verursacht gerade im Winter teuren Wärmeverlust. Das Passivhaus dagegen lüftet sich von selbst, es atmet sozusagen. Weder in Darmstadt noch in Wiesbaden lässt sich auf den ersten Blick entdecken wie.

    "Die Lüftung ist hier oben der Schlitz über der Lampe. Die Lampen wurden also auch von den Architekten hier entwickelt, mit der Maßgabe dass die Luft auf der einen Seite reinkommt und dort drüben - die Lampe sieht genauso aus - dann die Luft wieder abgeführt wird."

    Paul-Martin Lied arbeitet in dem Wiesbadener Büro auf der Galerie, direkt am Fenster. Das kann er auch im Winter, ohne Zug zu bekommen und ohne zu frösteln.

    "Es ist Drei-Scheiben-Verglasung, und die innere Scheibe hat die Raumtemperatur vom Innenraum, und das gilt auch im Winter."

    15 Jahre Passivhaus - die großen Wohnungsgesellschaften erkennen allmählich, dass sich der Bau von Energiesparhäusern trotz höherer Investitionen auszahlt, weil sie sich besser vermieten lassen, nicht nur wegen der wesentlich geringeren Heizkosten, auch wegen des angenehm gleichmäßigen Raumklimas. Experten nennen es "thermische Behaglichkeit". Und die ist, das freut den Passivhaus-Pionier Wolfgang Feist, immer leichter und zu günstigeren Preisen zu haben.

    "Was deutlich anders ist, ist, dass wir vor 15 Jahren zum Beispiel keine einlagige Wärmedämmung mit einer Stärke von 25 Zentimetern bekommen haben. Das gab es nicht am Markt. So mussten wir zwei Dämmstofflagen übereinander anbringen, was natürlich einen entsprechenden Kosteneffekt hatte. Heute bekommen Sie diese Dämmstoffstärken, die man braucht, mit allen Stärken auf dem Markt von mindestens zehn verschiedenen Anbietern ohne weiteres ausgeführt."