Wenn ich vor einem Kurs den Studierenden sagen kann: Liebe Leute, ihr kennt das aus der Schule, es ist leicht, Textstellen von anderen zu benutzen, noch leichter ist es, ganze Arbeiten zu übernehmen, aber ich sage Euch, ich mach eine Totalüberprüfung, es wird alles auffliegen. Ihr zieht den Kürzeren, lasst es gleich bleiben.
Diese Taktik geht offensichtlich auf
In diesem Jahrgang sind bei ca. 40 Gruppenarbeiten, an denen 200 Studierende beteiligt waren keine Fälschungen aufgetaucht. Wir sehen am Rückgang der Fälle gen praktisch 0 Prozent, dass die Androhung der Überprüfung schon ausreicht.
Andere Hochschulen fahren andere Strategien: so werden beispielsweise an der Uni Duisburg-Essen stichprobenartige Überprüfungen durchgeführt. Das Institut für Politikwissenschaft der TU-Darmstadt verlangt bei Abgabe von Seminararbeiten eine förmliche Erklärung, dass die Arbeit selbstständig und nur mit Hilfe der angegebenen Quellen verfasst wurde und an einer Kölner Privathochschule müssen die Studierenden ihre Abschlussarbeiten mündlich verteidigen. Doch längst nicht alle Dozenten verfolgen das Thema konsequent, beklagt Professor Wolfgang Krohn.
Ich musste mit Bedauern feststellen, dass unter den Kollegen das Problembewusstsein nicht hoch entwickelt ist. Entweder, weil sie die technischen Möglichkeiten nicht hatten, einem Verdacht nachzugehen - Dozenten sind nicht immer technisch versiert genug, diese Möglichkeiten auszuschöpfen - oder weil sie das Selbstbild hatten > In meinem Fach doch nicht, woanders mag das sein, bei mir ist alles sauber < oder weil sie die Mühe scheuten, sich in so ein Prüfungsverfahren hinein zu begeben. Jedenfalls: das Problembewusstsein war unterentwickelt und so ist es auch heute noch !
Auch herrscht an den deutschen Hochschulen keine Einigkeit darüber, wie Schummler bestraft werden sollten. Wolfgang Krohn:
Eine übermäßige Bestrafung, wenn dann jemand doch einer Not gehorchend, vielleicht auch aus sportlichen Gründen: "Ich bin doch besser als die" es dennoch probiert, halte ich zunächst mal nicht für angemessen. Wir haben da auch keine neue Rechtslage. Die amerikanischen Privatunis können da sehr rigide reagieren, wir sind hier an die Angemessenheit der Mittel gebunden, das halte ich auch für richtig.
Diese Einschätzung teilen längst nicht alle. So kann ein Studierender der Universität Duisburg-Essen exmatrikuliert werden, wenn er bei einer Diplomarbeit abschreibt. Solch ein Fall ist dort zur Zeit in der Schwebe. An der Cologne Business School , einer Privathochschule, wurde ein sogenanntes "Honour board", eine Art Gerichtsverhandlung eingeführt: die Betroffenen werden gehört und dann setzt eine Gruppe aus Studierenden, Dozenten und Mitarbeitern eine Strafe fest, im schlimmsten Fall eine Abmahnung. Die Verantwortlichen sind zufrieden: Seit Einführung des Honour board", lassen die Studierenden ihre Arbeiten sehr viel häufiger betreuen. Und eine bessere Betreuung scheint notwendig, denn nach Einschätzung von Dozenten wird an den Schulen kaum gelehrt, wie man richtig zitiert. Student Sebastian Schneider, der selber beim Schummeln erwischt wurde, bestätigt das
Ich dachte, na das ist ja nur so ne Hausarbeit, bei der es nicht so drauf ankommt, dass man 100 Prozent genau die Quellen angibt, sondern dass das nur so ne Übung ist, die man nicht so ganz ernst nehmen muss. Wie schlimm das empfunden wird, war mir nicht bewusst.
Die Berliner Professorin Debora Weber-Wulff, die als eine der Ersten zum Thema Plagiate Alarm geschlagen hat, bekommt heute viele Zuschriften. Studierende beklagen, dass sie sich mittlerweile einem Generalverdacht ausgesetzt fühlen.
Deshalb möchte Debora Weber-Wulff in Zukunft Online-Kurse anbieten: Studierenden möchte sie auf diesem Weg beibringen, wie man korrekt zitiert und Lehrkräften, wie man Plagiate entdeckt. Eine erste "Hilfestellung" dazu hat sie bereits im Internet veröffentlicht. Weder der Berliner Professorin, noch ihrem Bielefelder Kollegen Wolfgang Krohn geht es darum, Studierende, die kopieren, generell als faule Betrüger zu verurteilen.
Ich denke, dass über die Webpräsenz von Hunderten , Millionen von Texten die alle danach schreien, benutz mich doch, nimm mich, bau mich ein -es eigentlich verbieten, gleich zu sagen, hier würde geistiges Eigentum gestohlen!
Viele Studierende müssen erst einmal eine Kompetenz im Umgang mit diesen Texten erlernen und dann davon überzeugt werden, dass sich Kopieren nicht lohnt. Bei dem Bielefelder Studenten Sebastian Schneider ist das gelungen:
Ich glaub, ich würde es nicht noch mal machen, soviel Arbeit, wie ich danach damit hatte, hätte ich nicht gehabt, wenn ich es selber gemacht hätte und die Wahrscheinlichkeit, dass man erwischt wird, scheint ja doch recht hoch zu sein.