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Wie warm, wie kalt, wie nass?

Technologie.- In der Logistikbranche sorgen RFID-Transponder dafür, dass sich Containerladungen bequem per Funktechnik identifizieren lassen. Dresdener Wissenschaftler haben nun einen Funkchip entwickelt, mit dem auch Temperatur oder Feuchtigkeit von Gegenständen gemessen werden kann.

Von Viola Simank |
    Vier Jahre lang haben Nicolas Gay und seine Kollegen vom Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme in Dresden an dem neuen Funkchip mit Sensor getüftelt. Jetzt liegt der Prototyp dieses RFID-Transponders einsatzbereit auf dem Labortisch: eine kleine schmale Leiterplatte, bestückt mit einem stecknadelkopfgroßen Chip und einer Antenne. Neben dem Tisch steht das Lesegerät, der Reader: Ein buchgroßer grauer Kasten mit drei Lämpchen. Sein hochfrequentes elektromagnetisches Feld versorgt den Transponder mit Energie, damit Daten übermittelt werden können. Nicolas Gay nimmt den Transponder und hält ihn in einem Meter Abstand vor das Lesegerät:

    "Das Licht leuchtet, das bedeutet, ich bin im Feld und eine Kommunikation entsteht. Und so kann ich zum Beispiel den Sensor abfragen. Auf die Weise kann man Daten zurück an den Reader senden, die vom Computer ausgewertet werden."

    In diesem Fall wird die Temperatur gemessen – auf dem angeschlossenen Computerbildschirm liest sie Nicolas Gay ab:

    "Der sagt mir zum Beispiel, im Transponder herrscht eine Temperatur von 22 Grad."

    Das größte Problem bei der Entwicklung des neuen Funkchips war die Stromversorgung seiner Sensoren. Denn es ist ein passives System, das heißt, der Transponder hat keine eigene Batterie, sondern wird nur über das elektromagnetische Feld des Lesegerätes mit Energie versorgt.

    "Bisher hat man eben die Technologie genutzt, um Identifikation zu machen, das ist ja schon lange bekannt. Aber für die Sensorik hat die Energie bisher nicht gereicht, weil eben die Schaltungen noch zu viel Strom verbraucht haben. Und erst durch Verringerung des Stromverbrauchs besteht die Möglichkeit, auch diese neue Anwendung der sensorischen Komponente für diese Technologie zu erschließen"

    sagt Projektleiter Hans-Jürgen Holland. Hinzukommt, dass die Transponder im UHF-Bereich senden, also im hohen Frequenzbereich jenseits von 860 Megahertz. Damit können sie zwar über größere Distanzen Daten funken als herkömmliche RFID-Transponder, es kann aber nur sehr wenig Energie vom Lesegerät zum Chip übertragen werden. Um den Stromverbrauch zu senken, werden die Messdaten teilweise schon auf dem Chip verarbeitet, so dass nur die nötigsten Daten wie Grenzwertüberschreitungen an das Lesegerät gesendet werden. Weniger Daten heißt auch weniger Energieverbrauch. Außerdem wurden sehr stromsparende Sensoren eingesetzt. So braucht das System jetzt nur 50 Mikrowatt Energie – extrem wenig, erklärt Nicolas Gay.

    "Und das in richtige Rechenleistung umzusetzen, ist schon eine Herausforderung, denn das ist wirklich nichts. Eine kleine Lampe, die verbraucht schon zu viel."

    An den neu entwickelten Funkchip können auch Sensoren angeschlossen werden, die Feuchtigkeit, Druck oder Beschleunigung eines Gegenstandes messen. Bis zu sechs Meter weit kann der Chip dann diese Daten an ein Lesegerät funken. Ist beispielsweise ein empfindliches Bauteil während des Transportes beschädigt worden, kann man dadurch feststellen, ob und wann genau es heruntergefallen ist. Aber auch medizinische Anwendungen sind denkbar, so Hans-Jürgen Holland:

    "Wenn man eine Wundheilung nicht immer dadurch beobachtet, dass der Arzt den Verband öffnen muss und die Wunde anschaut. Man könnte ja auch jetzt Temperatur und Feuchtigkeit messen am Rand der Wunde oder oberhalb der Wunde. Und wenn die Feuchtigkeit sehr stark zunimmt, dann gibt die Wunde Feuchtigkeit ab und dann ist es ein Zeichen dafür, dass der Arzt den Verband wechseln muss."

    Der münzgroße RFID-Transponder könnte dafür im Verband oder Pflaster integriert werden. Momentan interessiert sich aber vor allem die Logistik-Branche für die Neuentwicklung, schließlich verspricht sie eine noch bessere Überwachung ihrer Transportwege.