Aleksandr Gluchov, russischer Unterfeldwebel, hat medienwirksam seine de facto Desertation aus der russischen Armee bekanntgegeben. Ausgerechnet im georgischen Fernsehen bat er Anfang der Woche um Asyl. Gluchov hatte aber nicht nur seine Einheit in Südossetien verlassen und war nach Tiflis geflüchtet: er kritisierte öffentlich die russische Armee.
Sarapul ist eine Stadt in der russischen Teilrepublik Udmurtien, noch im europäischen Teil des Landes, aber schon von der Natur der Taiga geprägt. Knapp 100 000 Menschen leben in Sarapul. Aleksandr Gluchov ist ein Sohn dieser Stadt und dabei, landesweit berühmt zu werden - für viele seiner Landsleute zunächst aber wohl eher ein zweifelhafter Prominenter. Gluchov wehrt sich:
"Meine Vorgesetzten haben mich schlecht behandelt", "klagt er. ""Das war der Grund, weshalb ich rübergegangen bin. Verrat habe ich nicht begangen!"
Der 21-jährige Udmurte Aleksandr Gluchov ist Unterfeldwebel, Soldat der russischen Armee, stationiert in der von Georgien abtrünnigen Kaukasusregion Südossetien. Seit Wochenanfang aber hält er sich in der georgischen Hauptstadt Tiflis auf. "Geflohen", sagt er. "Zum Feind desertiert", brandmarken ihn die meisten anderen. "Entführt" aus dem südossetischen Ort Alchagori, wo seine Einheit disloziert ist, und zwar von einem georgischen Spezialkommando - das ist die Version des russischen Verteidigungsministeriums. Eine erneute Provokation des Saakaschwvili-Regimes sei dies...
"So war's nicht!", bestreitet dagegen Gluchov - und er wirkt nicht, als stünde er dabei unter Druck. Einfach losgelaufen sei er, bis er auf georgische Polizisten gestoßen sei. Die hätten ihn nach Tiflis gefahren - alles ganz normal. - Dann aber sein Fernsehauftritt im georgischen Sender Rustavi-2. Und was Gluchov dort erzählt hat, muss die russische Armeeführung zur Weißglut getrieben haben:
"Wie wir Soldaten leben müssen, das ist anormal. Es gibt keine Duschen. Das Essen ist schlecht und zu wenig. - Die Läufe unserer Panzer, Schützenpanzer und GRAD-Raketenwerfer zielen in Richtung der georgischen Dörfer. Und jetzt bitte ich den georgischen Präsidenten, mir zu erlauben, in Tiflis bleiben zu dürfen..."
Schützenhilfe erhält der flüchtige Panzer-Richtschütze von Ela Poljakova, der Vorsitzenden des St. Petersburger "Komitees der Soldatenmütter". Sie kennt die örtlichen Verhältnisse, war selbst dort, erzählt sie im unabhängigen Moskauer Radiosender "Echo Moskvy":
"Es rief Scham in mir hervor und tat mir weh, als ich selbst gesehen habe, was mir Soldaten schon telefonisch berichtet hatten. Scham, wenn man sieht, wie bei dieser Kälte in den Bergen satte südossetische Kämpfer in besten Tarnanzügen neben unseren jungen Männern stehen, die einfach Not leiden - und zwar alle: Zeitsoldaten, Wehrpflichtige, junge Offiziere, ihrem Schicksal dort überlassen, ohne Sold... Sollen sie also plündern? Sie werden von ihren Vorgesetzten geschlagen, leben in löchrigen Zelten, auf blankem Boden, kein Essen, kein Geld - nichts!"
Desertation gilt in Russland, das die Erinnerung an seinen unter großen Opfern erkämpften Sieg im Zweiten Weltkrieg bis heute als nationale Identitätsquelle pflegt, als besonders verwerflich. Eine Blitzumfrage gestern unter den Hörern von "Echo Moskvy" hat jedoch ergeben, dass gut zwei Drittel der Anrufer Gluchovs Version glauben, er sei einfach vor den Zuständen in der Armee, in seiner Einheit, davon gelaufen. Verständlich zwar, dennoch ein Fall fürs Kriegstribunal, so die Ansicht der Mehrheit. - Georgiens Außenminister Grigol Waschadse, für dessen Regierung der Fall Gluchov sicherlich ein Propaganda-Coup erster Güte zu Lasten Russlands ist, hat inzwischen angekündigt, den Schweizer Botschafter in Tiflis mit dem jungen Deserteur zusammenzubringen. Dabei werde sich zeigen, dass Gluchov sich nicht gegen seinen Willen in Georgien aufhalte. Die Schweiz vertritt Russlands Interessen in der Südkaukasus-Republik, wie auch umgekehrt die Interessen Georgiens in Moskau, seit Tiflis die Beziehungen dorthin nach dem Augustkrieg um Südossetien und Abchasien abgebrochen hat. Aleksandr Gluchov stehe es frei, Georgien jederzeit zu verlassen, hat Waschadse versichert. Aber, so zugleich sein Rat und seine Warnung: "In Russland kommt Gluchov lebenslang hinter Gitter!" - Russlands Extrem-Nationalist Vladimir Shirinovskij setzt dagegen auf ein ganz anderes Rezept:
"Da ist also ein russischer Soldat in Ossetien verschwunden, hält sich Georgien auf. Analog dazu hat vor zwei Jahren Israel seine Truppen in den Libanon einmarschieren lassen und sechs Monate lang das halbe Land platt gebügelt. Auch unsere Leute müssen härter reagieren und nicht nur Erklärungen abgeben!"
Sarapul ist eine Stadt in der russischen Teilrepublik Udmurtien, noch im europäischen Teil des Landes, aber schon von der Natur der Taiga geprägt. Knapp 100 000 Menschen leben in Sarapul. Aleksandr Gluchov ist ein Sohn dieser Stadt und dabei, landesweit berühmt zu werden - für viele seiner Landsleute zunächst aber wohl eher ein zweifelhafter Prominenter. Gluchov wehrt sich:
"Meine Vorgesetzten haben mich schlecht behandelt", "klagt er. ""Das war der Grund, weshalb ich rübergegangen bin. Verrat habe ich nicht begangen!"
Der 21-jährige Udmurte Aleksandr Gluchov ist Unterfeldwebel, Soldat der russischen Armee, stationiert in der von Georgien abtrünnigen Kaukasusregion Südossetien. Seit Wochenanfang aber hält er sich in der georgischen Hauptstadt Tiflis auf. "Geflohen", sagt er. "Zum Feind desertiert", brandmarken ihn die meisten anderen. "Entführt" aus dem südossetischen Ort Alchagori, wo seine Einheit disloziert ist, und zwar von einem georgischen Spezialkommando - das ist die Version des russischen Verteidigungsministeriums. Eine erneute Provokation des Saakaschwvili-Regimes sei dies...
"So war's nicht!", bestreitet dagegen Gluchov - und er wirkt nicht, als stünde er dabei unter Druck. Einfach losgelaufen sei er, bis er auf georgische Polizisten gestoßen sei. Die hätten ihn nach Tiflis gefahren - alles ganz normal. - Dann aber sein Fernsehauftritt im georgischen Sender Rustavi-2. Und was Gluchov dort erzählt hat, muss die russische Armeeführung zur Weißglut getrieben haben:
"Wie wir Soldaten leben müssen, das ist anormal. Es gibt keine Duschen. Das Essen ist schlecht und zu wenig. - Die Läufe unserer Panzer, Schützenpanzer und GRAD-Raketenwerfer zielen in Richtung der georgischen Dörfer. Und jetzt bitte ich den georgischen Präsidenten, mir zu erlauben, in Tiflis bleiben zu dürfen..."
Schützenhilfe erhält der flüchtige Panzer-Richtschütze von Ela Poljakova, der Vorsitzenden des St. Petersburger "Komitees der Soldatenmütter". Sie kennt die örtlichen Verhältnisse, war selbst dort, erzählt sie im unabhängigen Moskauer Radiosender "Echo Moskvy":
"Es rief Scham in mir hervor und tat mir weh, als ich selbst gesehen habe, was mir Soldaten schon telefonisch berichtet hatten. Scham, wenn man sieht, wie bei dieser Kälte in den Bergen satte südossetische Kämpfer in besten Tarnanzügen neben unseren jungen Männern stehen, die einfach Not leiden - und zwar alle: Zeitsoldaten, Wehrpflichtige, junge Offiziere, ihrem Schicksal dort überlassen, ohne Sold... Sollen sie also plündern? Sie werden von ihren Vorgesetzten geschlagen, leben in löchrigen Zelten, auf blankem Boden, kein Essen, kein Geld - nichts!"
Desertation gilt in Russland, das die Erinnerung an seinen unter großen Opfern erkämpften Sieg im Zweiten Weltkrieg bis heute als nationale Identitätsquelle pflegt, als besonders verwerflich. Eine Blitzumfrage gestern unter den Hörern von "Echo Moskvy" hat jedoch ergeben, dass gut zwei Drittel der Anrufer Gluchovs Version glauben, er sei einfach vor den Zuständen in der Armee, in seiner Einheit, davon gelaufen. Verständlich zwar, dennoch ein Fall fürs Kriegstribunal, so die Ansicht der Mehrheit. - Georgiens Außenminister Grigol Waschadse, für dessen Regierung der Fall Gluchov sicherlich ein Propaganda-Coup erster Güte zu Lasten Russlands ist, hat inzwischen angekündigt, den Schweizer Botschafter in Tiflis mit dem jungen Deserteur zusammenzubringen. Dabei werde sich zeigen, dass Gluchov sich nicht gegen seinen Willen in Georgien aufhalte. Die Schweiz vertritt Russlands Interessen in der Südkaukasus-Republik, wie auch umgekehrt die Interessen Georgiens in Moskau, seit Tiflis die Beziehungen dorthin nach dem Augustkrieg um Südossetien und Abchasien abgebrochen hat. Aleksandr Gluchov stehe es frei, Georgien jederzeit zu verlassen, hat Waschadse versichert. Aber, so zugleich sein Rat und seine Warnung: "In Russland kommt Gluchov lebenslang hinter Gitter!" - Russlands Extrem-Nationalist Vladimir Shirinovskij setzt dagegen auf ein ganz anderes Rezept:
"Da ist also ein russischer Soldat in Ossetien verschwunden, hält sich Georgien auf. Analog dazu hat vor zwei Jahren Israel seine Truppen in den Libanon einmarschieren lassen und sechs Monate lang das halbe Land platt gebügelt. Auch unsere Leute müssen härter reagieren und nicht nur Erklärungen abgeben!"