Jeder Handgriff sitzt bei Walter Haller. Mit einer Nagelpistole befestigt er sorgfältig hell-glänzenden Stoff an den Innenwänden einer großen Holzkiste. Dann legt er an das Kopfende einen Sack mit Sägespänen, setzt den Deckel auf und zieht die Flügelschrauben an den Seiten fest. Fertig, ein weiterer Sarg kann ins Lager. Etwa 20 davon bauen Walter Haller und seine Kollegen jeden Tag im Auftrag der Stadt Zürich. Es ist das Standardmodell aus Pappelholz, die Stadt stellt es im Todesfall kostenlos zur Verfügung. Rund 90 Prozent aller Verstorbenen finden in Hallers Kisten ihre letzte Ruhe. Seit neun Monaten arbeitet er in der städtischen Schreinerei in Zürich-Oerlikon. Eigenartig findet er die Arbeit schon lange nicht mehr. Der 62-Jährige war froh, als sie ihm nach längerer Arbeitslosigkeit angeboten wurde.
"Ich bin jetzt eben auch schon über 60. Da hab ich gedacht, die restlichen zwei Jahre bin ich eigentlich froh, wenn ich noch kann diese Arbeit machen. Ich hab mich jetzt so eingearbeitet."
Wie fast alle seiner Kollegen hier in Oerlikon hat Haller früher andere Arbeiten verrichtet. Bei den meisten ging dann etwas schief. Bei Haller war der ehemalige Arbeitgeber plötzlich pleite. Eine Weile lang saß er zu Hause, dann bot ihm die Stadt an, bei einem neuen Projekt mitzuarbeiten, dem Teillohn. Die Idee dahinter ist simpel: Sozialhilfe-Empfänger erledigen Arbeiten, die die Stadt sonst nicht selber anbieten würde oder könnte. Dafür erhalten sie einen Lohn, der im Wesentlichen der Sozialhilfe entspricht. Als finanzieller Anreiz bleibt ein Freibetrag, den die ehemals Arbeitslosen am Ende des Monats zusätzlich in der Tasche haben. Bei Walter Haller sind das rund 400 Euro. Viel wichtiger als das Geld sei für die meisten aber etwas ganz anderes, meint Toni Baggenstoss, der Chef der Oerlikoner Schreinerei.
"Das ist, wieder dazuzugehören, irgendwo in einer Gruppe dabei zu sein, ein Produkt herzustellen, das gebraucht wird, auch vielleicht, um, wenn man am Abend ein Bier trinkt, sagen zu können: Ja, ich arbeite. Ich mache Särge oder halt sonst was, anstelle zu sagen: Ich habe keine Stelle, ich hänge rum und ärgere meine Frau."
Rund 10.000 Menschen leben in Zürich von der Sozialhilfe, das entspricht einer Quote von rund sechs Prozent. Viele von ihnen sind praktisch chancenlos auf dem ersten Arbeitsmarkt, sei es, weil ihnen die Qualifikationen fehlen, weil sie gesundheitliche Probleme haben oder weil sie schlicht schon zu lange nicht mehr gearbeitet haben. Die Stadt wollte sich damit nicht abfinden. Auf der Suche nach neuen Wegen bei der Sozialhilfe sei man vor einiger Zeit auf die Idee mit dem Teillohn gekommen, sagt Reto Gugg, der Chef der sozialen Betriebe und Einrichtungen der Stadt Zürich.
"Wir haben damit angefangen, weil wir eben einen immer größeren Anteil von erwerbslosen Ausgesteuerten in unseren Integrationsprogrammen hatten, die auf die Integration in den ersten Arbeitsmarkt ausgerichtet sind, und gesehen haben, diese Leute haben Fähigkeiten, haben Ressourcen, können etwas tun, aber finden trotzdem keine Stelle."
Im Teillohn erhalten die Teilnehmer einen unbefristeten Arbeitsvertrag und sind sozialversichert. Um Konflikte mit der Privatwirtschaft zu vermeiden, entscheidet eine so genannte tripartite Kommission über die Projekte. In ihr sind neben der Stadt auch Vertreter von Gewerkschaften und Arbeitgebern stimmberechtigt. Beide hatten anfangs Bedenken: die Gewerkschaften, weil sie Lohndumping witterten, die Unternehmen, weil sie die billige staatliche Konkurrenz fürchteten. Die Kritik ist inzwischen verstummt, weil beides nicht eingetreten ist. Stattdessen haben sich unerwartete Erfolge eingestellt, sagt Reto Gugg: Einstige Teillohn-Beschäftigte haben den Weg in den ersten Arbeitsmarkt geschafft.
"Was uns überrascht hat ist, dass trotzdem eine relativ hohe Zahl von Teilnehmern eine Stelle gefunden hat, obwohl das nicht das primäre Ziel dieser Arbeit ist. Es hat sich gezeigt, dass während dieser Zeit es aufgrund dieser Situation den Menschen besser geht, dass sie sich sicherer fühlen und dass sie sich auch mehr zutrauen, und dass das auch ausreicht, dass sie dann tatsächlich eine Stelle finden."
Die Stadt kostet der Teillohn in etwa so viel, wie sie für die Sozialhilfe ausgibt. Zurzeit liegen die Ausgaben noch leicht darüber, unter anderem, weil eine Stiftung bezuschusst wird, die private Unternehmen ins Boot holen soll.
"In etwa spart die Stadt eigentlich unter dem Strich durch dieses Angebot nichts. Es ist so, dass diese Ressourcen besser eingesetzt werden, dass es den Menschen besser geht, und dadurch haben beide einen Gewinn. Es ist nicht eine unmittelbare Sparwirkung zu erwarten."
Rund 200 Sozialhilfe-Empfänger haben inzwischen eine Beschäftigung im Teillohn gefunden. Die Stadt hofft, dass in diesem Jahr weitere 600 dazukommen. Für Walter Haller und seine Kollegen in der Schreinerei in Oerlikon hat das Projekt nur positive Seiten: Jeder neue Sarg bringt ihnen ein Stück Alltag zurück, der ihnen lange gefehlt hat.
"Ich bin jetzt eben auch schon über 60. Da hab ich gedacht, die restlichen zwei Jahre bin ich eigentlich froh, wenn ich noch kann diese Arbeit machen. Ich hab mich jetzt so eingearbeitet."
Wie fast alle seiner Kollegen hier in Oerlikon hat Haller früher andere Arbeiten verrichtet. Bei den meisten ging dann etwas schief. Bei Haller war der ehemalige Arbeitgeber plötzlich pleite. Eine Weile lang saß er zu Hause, dann bot ihm die Stadt an, bei einem neuen Projekt mitzuarbeiten, dem Teillohn. Die Idee dahinter ist simpel: Sozialhilfe-Empfänger erledigen Arbeiten, die die Stadt sonst nicht selber anbieten würde oder könnte. Dafür erhalten sie einen Lohn, der im Wesentlichen der Sozialhilfe entspricht. Als finanzieller Anreiz bleibt ein Freibetrag, den die ehemals Arbeitslosen am Ende des Monats zusätzlich in der Tasche haben. Bei Walter Haller sind das rund 400 Euro. Viel wichtiger als das Geld sei für die meisten aber etwas ganz anderes, meint Toni Baggenstoss, der Chef der Oerlikoner Schreinerei.
"Das ist, wieder dazuzugehören, irgendwo in einer Gruppe dabei zu sein, ein Produkt herzustellen, das gebraucht wird, auch vielleicht, um, wenn man am Abend ein Bier trinkt, sagen zu können: Ja, ich arbeite. Ich mache Särge oder halt sonst was, anstelle zu sagen: Ich habe keine Stelle, ich hänge rum und ärgere meine Frau."
Rund 10.000 Menschen leben in Zürich von der Sozialhilfe, das entspricht einer Quote von rund sechs Prozent. Viele von ihnen sind praktisch chancenlos auf dem ersten Arbeitsmarkt, sei es, weil ihnen die Qualifikationen fehlen, weil sie gesundheitliche Probleme haben oder weil sie schlicht schon zu lange nicht mehr gearbeitet haben. Die Stadt wollte sich damit nicht abfinden. Auf der Suche nach neuen Wegen bei der Sozialhilfe sei man vor einiger Zeit auf die Idee mit dem Teillohn gekommen, sagt Reto Gugg, der Chef der sozialen Betriebe und Einrichtungen der Stadt Zürich.
"Wir haben damit angefangen, weil wir eben einen immer größeren Anteil von erwerbslosen Ausgesteuerten in unseren Integrationsprogrammen hatten, die auf die Integration in den ersten Arbeitsmarkt ausgerichtet sind, und gesehen haben, diese Leute haben Fähigkeiten, haben Ressourcen, können etwas tun, aber finden trotzdem keine Stelle."
Im Teillohn erhalten die Teilnehmer einen unbefristeten Arbeitsvertrag und sind sozialversichert. Um Konflikte mit der Privatwirtschaft zu vermeiden, entscheidet eine so genannte tripartite Kommission über die Projekte. In ihr sind neben der Stadt auch Vertreter von Gewerkschaften und Arbeitgebern stimmberechtigt. Beide hatten anfangs Bedenken: die Gewerkschaften, weil sie Lohndumping witterten, die Unternehmen, weil sie die billige staatliche Konkurrenz fürchteten. Die Kritik ist inzwischen verstummt, weil beides nicht eingetreten ist. Stattdessen haben sich unerwartete Erfolge eingestellt, sagt Reto Gugg: Einstige Teillohn-Beschäftigte haben den Weg in den ersten Arbeitsmarkt geschafft.
"Was uns überrascht hat ist, dass trotzdem eine relativ hohe Zahl von Teilnehmern eine Stelle gefunden hat, obwohl das nicht das primäre Ziel dieser Arbeit ist. Es hat sich gezeigt, dass während dieser Zeit es aufgrund dieser Situation den Menschen besser geht, dass sie sich sicherer fühlen und dass sie sich auch mehr zutrauen, und dass das auch ausreicht, dass sie dann tatsächlich eine Stelle finden."
Die Stadt kostet der Teillohn in etwa so viel, wie sie für die Sozialhilfe ausgibt. Zurzeit liegen die Ausgaben noch leicht darüber, unter anderem, weil eine Stiftung bezuschusst wird, die private Unternehmen ins Boot holen soll.
"In etwa spart die Stadt eigentlich unter dem Strich durch dieses Angebot nichts. Es ist so, dass diese Ressourcen besser eingesetzt werden, dass es den Menschen besser geht, und dadurch haben beide einen Gewinn. Es ist nicht eine unmittelbare Sparwirkung zu erwarten."
Rund 200 Sozialhilfe-Empfänger haben inzwischen eine Beschäftigung im Teillohn gefunden. Die Stadt hofft, dass in diesem Jahr weitere 600 dazukommen. Für Walter Haller und seine Kollegen in der Schreinerei in Oerlikon hat das Projekt nur positive Seiten: Jeder neue Sarg bringt ihnen ein Stück Alltag zurück, der ihnen lange gefehlt hat.