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Wiedereröffnung des Markgräflichen Opernhauses
Barocke Überwältigung in Bayreuth

Knapp 30 Millionen wurden investiert, sechs Jahre lang wurde restauriert - und nun die Wiedereröffnung zelebriert. Mit einem Staatsakt und der Oper "Artaserse" von Johann Adolf Hasse startete das Markgräfliche Opernhaus in Bayreuth in eine neue Ära.

Von Uwe Friedrich |
    Das sanierte Markgräfliche Opernhaus in Bayreuth von Innen. Es ist im Barock-Stil gebaut.
    Knapp 30 Millionen hat sich der Freistaat Bayern die aufwendige Sanierung des Markgräflichen Opernhauses in Bayreuth kosten lassen. (picture alliance / dpa / Daniel Karmann)
    Riesig prangen der rote brandenburgische Adler und die Königskrone über dem Bühnenportal. Schließlich war Markgräfin Wilhelmine die Tochter des preußischen Soldatenkönigs und Lieblingsschwester Friedrichs II. Nun steht sie gealtert auf der großen Bühne ihres Opernhauses, in Gestalt von Anja Silja, der großen Wagner-Heroine vergangener Tage, und sinniert über ihr Unglück in der fränkischen Provinz. Denn Regisseur Balász Kovalik hat die Oper "Artaserse" von Johann Adolf Hasse, mit der das Opernhaus 1748 eröffnet wurde, mit der Lebensgeschichte der Markgräfin verschränkt. Das ist keine schlechte Idee, denn die höfische Barockoper ist nicht nur Fürstenspiegel mit Handlungsanweisungen für den Herrscher, sondern immer auch Warnung an die Höflinge und Untertanen, was passiert, wenn sie sich allzu frech einem mythisch-gottgleichen Herrscher nähern. Spannendes Thema, zumal sich auch Wilhelmine allerlei Illusionen hingegeben hat, nicht zuletzt über ihren Vater, den Soldatenkönig, oder die eheliche Treue ihres Gatten. Was eine originelle Überblendung der exotischen Geschichte vom Tod eines Perserkönigs mit der preußischen Staatskrise nach Kronprinz Friedrichs missglücktem Fluchtversuch hätte werden können, gerinnt auf der barocken Miniaturbühne auf der Bühne jedoch nur zu einem recht undurchsichtigen Stationendrama.
    Zähe Zurichtung von Hasses "Artaserse"
    Sophie Dorothea leidet in Berlin unter ihrem Gatten Friedrich Wilhelm, Kronprinz Friedrich geht es auch nicht besonders gut, nachdem der Papa dessen Jugendfreund Katte hinrichten ließ, Wilhelmine langweilt sich in Bayreuth und rezitiert immer mal wieder aus ihren Briefen und Memoiren. Wer da wem in Hasses Oper entspricht, spielt ziemlich schnell keine Rolle mehr und ist auch dem Regisseur offenbar vollkommen egal. Immerhin wird die Musik von der Münchner Hofkapelle unter dem Dirigenten Michael Hofstetter recht flott und farbenfroh präsentiert. Selbstverständlich ist es eine Freude, dieses Werk im wohl prunkvollsten original erhaltenen Festraum des Barock zu hören, auch wenn die jungen Sängerinnen und Sänger von der Bayerischen Theaterakademie mitunter ihre liebe Not mit den Koloraturen haben. Die russische Mezzosopranistin Natalya Boeva schafft es am besten, die Arien mit emotionalem Gehalt aufzuladen, auch Pauline Rinvet gelingt vieles im hohen Koloraturfach, während die übrigen drei noch auf dem weiten Weg zur barocken Affektenlehre sind. Die legendäre Anja Silja, und das ist überhaupt kein Vorwurf gegen die Studentinnen und Studenten, spielt ohnehin in einer anderen Liga, in dieser Produktion aber doch auf verlorenem Posten.
    Barocke Pracht, wie frisch gewaschen
    Dass Balasz Kovaliks Zurichtung von Hasses "Artaserse" eher zäh ausgefallen ist, kann die Freude über die gelungene Restaurierung des Markgräflichen Opernhauses Bayreuth aber nicht trüben. Die Restauratoren der Bayerischen Schlösserverwaltung haben die Gebrauchsspuren und die Patina des Hauses erhalten, die Farben aufgefrischt, ohne den Saal zu überschminken. So wirkt das Haus wirkt weniger frisch vergoldet als einfach frisch gewaschen. Nirgendwo sonst ist die Überwältigungsarchitektur eines barocken Theaterraums noch so erlebbar, in dem sich Bühnengeschehen und Hofgesellschaft im Logenhaus gegenseitig bespiegeln, denn die einzigen vergleichbaren Opernhäuser in Dresden und Wien sind längst abgebrannt und abgerissen, ähnlich alte Theater wurden bis zur Unkenntlichkeit umgebaut. Es ist ein kleines Wunder, dass dieses Theater in Franken die Jahrhunderte überstanden hat, und es ist eine Riesenfreude, dass es nun wieder der Öffentlichkeit zur Verfügung steht.