Das hatten wir schon einmal: Wind rauscht durch Kaskaden weißer Vorhänge, bringt den luftigen Stoff in sanfte Wallungen oder lässt ihn sich dramatisch aufblähen zum Ungetüm – je nachdem wie die Gemütslage der vor dem Textil agierenden Tänzerinnen so ist. Das neue Stück von Pina Bausch habe die gleiche Ausgangssituation wie im letzten Jahr, nur andere Tänzer - so lautet die auf dem Programmzettel bekannt gegebene Rezeptur. Peter Pabsts raffiniert simples Bühnenbild kommt also noch einmal zur Geltung, um zwischen flatternden Vorhängen die Bausch-Tänzerinnen in Serie fürs Solo preiszugeben.
Die eine kommt mit erotisch-kreisendem Hüftgang auf die Bühne. Sie hält eine asiatische Klangschale in den Händen und rührt weniger meditativ, als hingebungsvoll mit dem Klöppel im Metall – lustvolle Spiritualität in Tanztheater-Manier. Eine andere schlägt gutgelaunt Räder, denn mit diesem turnerischen Talent – verrät sie - reiste sie schon rund um den Globus. Und eine dritte rast über die Bühne, das Kleid halb aufgerissen, eine verzweifelte Tragödin, eine Wahnsinnige. Zwei Männer krallen sie sich in Gangstermanier und schleppen sie immer wieder zurück an ihren Ausgangspunkt. Rauf und runter rutschen die Tänzerinnen auf der Emotionsskala, die Männer gehen ihnen in jeder Gefühlslage stets hilfreich zur Hand.
Für alle Verzweifelten und Beladenen oder einfach nur kurzfristig Verwirrten – in Wuppertal weiß man Rat. "Das Leben ist wie Fahrradfahren", heißt es hier großmütterlich abgeklärt. "Entweder fahren oder fallen". Wie immer also bei der alljährlichen Tanztheaterpremiere: Es geht um alles und nichts, ums Leben halt, das manchmal lustig, manchmal tragisch, aber meistens doch recht melancholisch ist. Schon lange pflegt das einst revolutionäre Tanztheater das Selbstgespräch. Jede neue Produktion zitiert aus den Alten. Die Veränderung kommt nicht mehr aus den Stücken, sondern aus der Zeit, die ein- und dasselbe Bild ganz anders liest und interpretiert. Eine suizidale Frau auf der Bühne – früher sah man in ihr ein frauenrechtlerisches Politikum, heute das individuelle Psychoproblem.
Oder die typischen Bausch-Tänzerinnen mit den windverwehten Haaren, wunderschönen Edelroben und der Nymphenzerbrechlichkeit zum Popsong-Schmelz - vor ein paar Jahren noch begeisterte solch’ sinnliche Ästhetik. Heute assoziiert auch der Wohlwollendste den Werbespot herbei.
Lang wird der Abend, die zweite Hälfte spult sich ein in tänzerische wie musikalische Endlos-Loops – dabei sind diesmal die Choreografien der sechs Tänzerinnen viel schwächer als die theatralen Szenen. Nur die drei Quoten-Männer ertanzen sich momentweise die Emanzipation von der armverliebten Folkwang-Tradition. - Wenn sie dann mal dürfen. Denn erinnern soll man vor allem die Frauen. "Nicht vergessen", schärfen die Tänzerinnen ein, wenn sie an die Bühnenrampe treten, ihr Publikum fest in den Blick fassen und ihre Namen verraten. "Julie", sagt die eine und zählt auf, von welchem Familienangehörigen sie welches Körperteil geerbt hat. Die Beine von der Mutter, die Hände vom Großvater, nur die Ohren gehören ihr ganz allein. Was ist denn schon wirklich unser Verdienst?, fragt Pina Bausch so mit sanfter Renitenz ihre originalitätsversessenen Nörgler zurück. Da hat die vielgeehrte Tanztheater-Ikone sicherlich mehr vorzuweisen als der Durchschnittszuschauer. "Nicht vergessen!", raunt es dazu aus Wuppertal. Tun wir nicht. Bestimmt nicht.
Die eine kommt mit erotisch-kreisendem Hüftgang auf die Bühne. Sie hält eine asiatische Klangschale in den Händen und rührt weniger meditativ, als hingebungsvoll mit dem Klöppel im Metall – lustvolle Spiritualität in Tanztheater-Manier. Eine andere schlägt gutgelaunt Räder, denn mit diesem turnerischen Talent – verrät sie - reiste sie schon rund um den Globus. Und eine dritte rast über die Bühne, das Kleid halb aufgerissen, eine verzweifelte Tragödin, eine Wahnsinnige. Zwei Männer krallen sie sich in Gangstermanier und schleppen sie immer wieder zurück an ihren Ausgangspunkt. Rauf und runter rutschen die Tänzerinnen auf der Emotionsskala, die Männer gehen ihnen in jeder Gefühlslage stets hilfreich zur Hand.
Für alle Verzweifelten und Beladenen oder einfach nur kurzfristig Verwirrten – in Wuppertal weiß man Rat. "Das Leben ist wie Fahrradfahren", heißt es hier großmütterlich abgeklärt. "Entweder fahren oder fallen". Wie immer also bei der alljährlichen Tanztheaterpremiere: Es geht um alles und nichts, ums Leben halt, das manchmal lustig, manchmal tragisch, aber meistens doch recht melancholisch ist. Schon lange pflegt das einst revolutionäre Tanztheater das Selbstgespräch. Jede neue Produktion zitiert aus den Alten. Die Veränderung kommt nicht mehr aus den Stücken, sondern aus der Zeit, die ein- und dasselbe Bild ganz anders liest und interpretiert. Eine suizidale Frau auf der Bühne – früher sah man in ihr ein frauenrechtlerisches Politikum, heute das individuelle Psychoproblem.
Oder die typischen Bausch-Tänzerinnen mit den windverwehten Haaren, wunderschönen Edelroben und der Nymphenzerbrechlichkeit zum Popsong-Schmelz - vor ein paar Jahren noch begeisterte solch’ sinnliche Ästhetik. Heute assoziiert auch der Wohlwollendste den Werbespot herbei.
Lang wird der Abend, die zweite Hälfte spult sich ein in tänzerische wie musikalische Endlos-Loops – dabei sind diesmal die Choreografien der sechs Tänzerinnen viel schwächer als die theatralen Szenen. Nur die drei Quoten-Männer ertanzen sich momentweise die Emanzipation von der armverliebten Folkwang-Tradition. - Wenn sie dann mal dürfen. Denn erinnern soll man vor allem die Frauen. "Nicht vergessen", schärfen die Tänzerinnen ein, wenn sie an die Bühnenrampe treten, ihr Publikum fest in den Blick fassen und ihre Namen verraten. "Julie", sagt die eine und zählt auf, von welchem Familienangehörigen sie welches Körperteil geerbt hat. Die Beine von der Mutter, die Hände vom Großvater, nur die Ohren gehören ihr ganz allein. Was ist denn schon wirklich unser Verdienst?, fragt Pina Bausch so mit sanfter Renitenz ihre originalitätsversessenen Nörgler zurück. Da hat die vielgeehrte Tanztheater-Ikone sicherlich mehr vorzuweisen als der Durchschnittszuschauer. "Nicht vergessen!", raunt es dazu aus Wuppertal. Tun wir nicht. Bestimmt nicht.