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Wiegen mit Stimmgabeln

Physik. – Auf der Jahrestagung der Amerikanischen Physikalischen Gesellschaft in Los Angeles standen Nanotechnologie und Präzisionsmessungen im Mittelpunkt. In Pasadena frönen Physiker ihrer Leidenschaft für beide Disziplinen.

    Der zentrale Baustein der empfindlichsten Waage der Welt erinnert an eine Stimmgabel, nur ist er gerade einmal ein paar Nanometer groß. "Es funktioniert ähnlich wie eine Stimmgabel, deren Tonhöhe sich verändert, wenn man etwas an ein Ende klebt", erklärt Michael Roukes vom California Institute of Technology in Pasadena. Seine "Stimmgabel" verändert ebenfalls ihren Klang, allerdings schon, wenn sich ein Molekül anlagert. In diesem Fall ändert sich die Frequenz, mit der die Gabel schwingt, und anhand dieser Frequenzänderung können die Physiker auf die Masse des Moleküls schließen. Das Molekül gelangt mit einem extrem feinen Strahl an den Sensor, der etwas kälter als die Umgebung ist. Dadurch bleibt ein Molekül haften. Roukes: "Will man die Teilchen wieder loswerden, heizt man den Sensor einfach auf und die Teilchen verschwinden."

    Ein paar Jahre tüftelten und konstruierten die Physiker. Vor kurzem wagten sie einen ersten Test mit einem Strahl aus Xenon-Atomen. Roukes: "Bereits 30 Atome reichten aus, um einen messbaren Effekt zu erzeugen." Das bedeutet: Die kalifornische Waage erreicht eine Empfindlichkeit von Zeptogramm. Das sind 10 hoch -21 Gramm - eine Zahl mit 20 Nullen hinterm Komma. Das ist 1000 Mal empfindlicher als alle bisherigen Sensoren. Allerdings wollen die Forscher mit ihrer Waage keine Atome zählen, sondern Eiweissmoleküle wiegen und so identifizieren. Biologische und medizinische Anwendungen sind denkbar. Allerdings muss der Apparat dafür noch etwas angepasst werden. Denn obwohl der Sensor selbst nur nanometergroß ist, hat das gesamte Gerät die Größe einer Waschmaschine. Roukes: "Das muss aber nicht so sein, und wir hoffen, dass wir das Gerät bald so handlich machen können wie, sagen wir, einen Laserdrucker." In fünf Jahren könnte die Superwaage als Forschungswerkzeug zur Verfügung stehen und dann vielleicht noch einmal 1000 Mal empfindlicher sein. "Dann wären wir im Bereich von Yoktogramm, also 10 hoch -24 Gramm", so Roukes.

    [Quelle: Frank Grotelüschen]