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Windenergie
Flüsterhammer in der Nordsee

Für Windenergieanlagen auf See müssen riesige Pfeiler in den Meeresboden gerammt werden. Der Lärm, der dabei entsteht, kann für Wale gefährlich werden. Niederländische Forscher haben deshalb eine Art Flüsterhammer entwickelt, der erheblich leiser arbeitet.

Von Monika Seynsche |
    Irgendwo in der Nordsee wird der Stahlpfeiler einer Windenergieanlage in den Meeresboden gerammt. Immer wieder saust der Hammer auf den Pfeiler und treibt ihn tiefer in den Untergrund. Der Lärmpegel unter Wasser erreicht dabei selbst einen Kilometer von der Baustelle entfernt noch 190 Dezibel.
    "Wenn Sie einen konventionellen hydraulischen Hammer nutzen, schlagen dabei zwei Stahlteile aufeinander und es kommt zu diesen massiven Vibrationen, die Sie noch in weiter Entfernung hören", sagt der niederländische Ingenieur Jasper Winkes ist der Direktor von Fistuca, einer kleinen Spin-off-Firma der Technischen Universität von Eindhoven.
    Der Grenzwert von 160 dB wird bei diesem Verfahren bei Weitem überschritten. Deswegen versuchen die Baufirmen die Rammung abzuschotten, zum Beispiel mit einem Blasenschleier. Ein luftgefüllter, löchriger Schlauch wird dabei am Meeresboden um den Pfeiler herum gelegt. Die aufsteigenden Luftblasen wirken dann wie eine Schallschutzwand. Das funktioniere relativ gut, sagt Jasper Winkes, aber es koste Zeit und Geld. Deshalb haben er und seine Kollegen eine andere Methode entwickelt: "Die Firmen akzeptieren eine lärmintensive Technik und versuchen dann den entstandenen Lärm wieder abzumildern. Wir dagegen erzeugen ihn gar nicht erst. Und was Sie nicht erzeugen, müssen Sie auch nicht abmildern. Mit einer viel leiseren Technik können Sie auf die Lärmschutzmaßnahmen verzichten und das spart Zeit. Und gerade im Offshorebereich ist Zeit Geld."
    Hämmern mit Wasser
    Jasper Winkes und seine Kollegen nutzen keinen Stahlhammer um die Pfeiler in den Meeresboden zu treiben, sondern Wasserdruck. Ihr System ist ein unten geschlossenes und wassergefülltes Rohr. An dessen unterem Ende sitzt eine gasgefüllte Verbrennungskammer. Zünden die Ingenieure das Gas an, dehnt es sich schlagartig aus und drückt dadurch gleichzeitig den Pfeiler unter ihm in den Boden und die Wassersäule über ihm in die Höhe. Wenn das Wasser danach wieder herunterfällt, drückt es den Pfeiler noch tiefer in den Boden.
    Diesen Vorgang wiederholen die Ingenieure solange, bis der Pfeiler tief genug im Boden steckt. Dabei entstehe wesentlich weniger Lärm, als beim Einsatz eines hydraulischen Stahlhammers, sagt Jasper Winkes: "Wir haben vor einigen Monaten Schallmessungen nahe der Küste durchgeführt, mit einem unserer Prototypen. Dabei haben wir eine Lärmreduzierung um 25 dB im Vergleich zu hydraulischen Hämmern gemessen. Das ist eine sehr große Lärmreduzierung, mit der wir die deutschen Grenzwerte einhalten können."
    Jasper Winkes Prototypen sind noch relativ klein. Der größte hat einen Durchmesser von 2,2 Metern. Große Offshoreanlagen lassen sich damit noch nicht in den Meeresboden rammen. Jasper Winkes und seine Kollegen gehen aber davon aus, dass sie 2015 einen ausreichend großen Hammer auf den Markt bringen können. Setzt sich ihre Technik durch, könnte das laute Rammgeräusch irgendwann der Vergangenheit angehören.