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Windows XP-Gegner machen mobil

Mit George Bush witterte auch Bill Gates wieder Morgenluft, denn mit dem Wechsel im Weißen Haus rückte auch die drohende Zerschlagung des vermeintlich wettbewerbswidrig agierenden Monopolisten Microsoft in weite Ferne. Indes ebbt die Kritik an dem Softwarehersteller nicht ab. Neues Öl im Feuer der Microsoft-Gegner ist die nächste Generation des Windows-Betriebssystems, denn seine extrem restriktive Lizensierungsmechanismen verärgern Kontrahenten und Verbraucherschützer gleichermaßen. So warnte unter anderem der demokratische Senator Charles Schumer in der vergangenen Woche davor, das Produkt überhaupt auf den Markt kommen zu lassen.

Werner Bleisteiner |
    "Ich appelliere an das Justizministerium, auch Windows XP in die laufenden Einigungs-Verhandlungen mit einzubeziehen", forderte der demokratische Senator von New York, Charles Schumer, öffentlichkeitswirksam in der vergangenen Woche. Schumer will eine außergerichtliche Einigung zwischen Justizministerium und Microsoft nicht abwarten, sondern schon jetzt eine neue Runde im Kartellstreit mit Microsoft eröffnen. Auf einer Pressekonferenz am vergangenen Mittwoch erhob der Senator schwere Vorwürfe gegen das Software-Unternehmen, mit dem neuen Betriebssystem seine marktbeherrschende Stellung weiter ausbauen zu wollen: "Microsoft plant, mit Windows XP die Märkte für digitale Fotografie, Instant Messaging, Media Players und eine ganze Reihe anderer Anwendungen zu erobern. Das haben wir alles schon einmal erlebt."

    Schumer fasst in seiner Kritik zusammen, was bereits Konkurrenten wie Kodak, RealNetworks und AOL im Vorfeld der Veröffentlichung von Windows XP beklagt hatten: Ihre eigene Software sei in der neuen Windows-Version nicht mehr enthalten oder gar inkompatibel und damit unbrauchbar für die Anwender. So scheiterten die Verhandlungen zwischen dem Redmonder Unternehmen und dem Internet-Anbieter AOL gerade erst vor wenigen Wochen. Für Senator Schumer sind dies offensichtlich genug Indizien, dass Microsoft nichts aus dem bisherigen Verfahren gelernt habe und sich in seinem Handeln sogar bestärkt sehe, nachdem vor vier Wochen ein Berufungsgericht in Washington das vor einem Jahr gefällte Urteil zur Zerschlagung des Unternehmens aufgehoben hatte. Dabei übersieht der übermächtige Marktführer jedoch geflissentlich, dass der Vorwurf des Monopolmissbrauchs an sich auch in der Berufung bestätigt worden war.

    Schumer fordert von Microsoft Anworten auf eine ganze Reihe von Fragen: "Erstens: Warum erlaubt Microsoft Konkurrenten wie Kodak oder RealPlayers nicht, gleichberechtigt ihre Produkte mit denen von Microsoft anbieten zu können? Zweitens: Warum werden in Windows XP sogar Hindernisse für Konkurrenzprodukte eingebaut, bei Techniken, auf die Microsoft selbst nicht einmal spezialisiert ist, wie etwa bei MediaPlayers, die zunächst durch andere Unternehmen überhaupt erst entstanden. Drittens und letztlich: Warum dürfen sich die Konsumenten nicht selbst die besten Programme heraussuchen? Warum bestimmt Microsoft, dass es Microsoft-Produkte sein müssen?" Schumer fordert den Oberstaatsanwalt sowie die der anderen ursprünglich 19 Bundesstaaten, die ebenfalls Klage gegen den Softwarehersteller erhoben hatten, auf, sich seiner Initiative anzuschließen. Der streitbare Senator will so erreichen, dass die für den 25. Oktober vorgesehene Veröffentlichung von Windows XP verhindert wird, bis diese offenen Fragen geklärt seien: "Wenn wir zulange warten, wird Windows XP auf dem Markt sein - Kleineren Unternehmen, die nicht über eine solche Finanzkraft wie Microsoft verfügen, bleibt dann nur der jahrelange Weg über Klagen, deren Kosten zu ihrem Ruin werden können."

    Gleichzeitig versucht Senator Schumer, die anderen 18 Bundesstaaten, die ursprünglich die Klage gegen Microsoft angestrengt hatten, wieder auf eine Linie zu bringen, denn New Mexiko hatte sich erst jüngst für eine Einigung mit dem Software-Unternehmen ausgesprochen. Allerdings bezweifeln Experten, ob die von Senator Charles Schumer gestartete Initiative Aussicht auf Erfolg hat. Schließlich sei das Produkt noch gar nicht auf dem Markt. Außerdem sei es unwahrscheinlich, dass ein Veröffentlichungs-Stop überhaupt politisch durchzusetzen sei. Andererseits wenden sich jetzt auch Datenschutzorganisationen in den USA an die Federal Trade Commission FTC: Die Registrierungs- und andere Funktionen in Windows XP verstießen gegen den Datenschutz. Der unvorsichtige Umgang mit der Privatsphäre der Anwender ist in den USA ein sehr brisantes Thema und zwang schon einige Softwarehersteller zu Produktänderungen. Microsoft arbeitet dagegen mit Hochdruck weiter: Die deutsche Niederlassung kündigte vergangenen Donnerstag sogar an, den Release Canidate 1 von Windows XP samt dem umstrittenen Microsoft-Messenger ab sofort auszuliefern.