Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Windräder bei Nacht
Leuchtfeuer nur bei Bedarf

Windräder von über 100 Meter Höhe müssen über Blinklichter verfügen, um nachts für Flugzeuge sichtbar zu sein. Doch das "Leuchtfeuer" genannte permanente Blinken nervt vor allem Anwohner. Ingenieure arbeiten daher seit Jahren daran, das Licht nur dann einzuschalten, wenn auch wirklich ein Flugzeug kommt.

Von Sönke Gäthke | 30.09.2014
    Windfeld aus Windrädern in Klanxbüll (Schleswig-Holstein)
    Naht die Dämmerung, beginnt auf zahlreichen Windrädern das große Blinken. (dpa / picture alliance / Axel Heimken)
    W wie "Windenergieanlage rot" lautet die offizielle Bezeichnung für Leuchtfeuer auf Windrädern. W, rot sind zwei rote Lichter, die nachts in diesem Takt leuchten: eine Sekunde an – eine halbe aus – eine Sekunde an – anderthalb Sekunden aus. Dieses Feuer soll Flugzeuge und Hubschrauber im Dunkeln vor den Windrädern warnen – doch es stört Anwohner bisweilen massiv – und ist ihnen wie Windparkbetreibern seit Jahren ein Dorn im Auge.
    "Wir haben schon immer versucht, wenn wir uns mit Befeuerungen befasst haben, Feuer zu bauen, die möglichst emissionsarm sind. Also entweder geringe Lichtstärken haben oder sehr gute Abstrahlbereiche",
    erzählt Thomas Herrholz von Enertrag-Systemtechnik. Das Unternehmen gehört zum Windpark-Betreiber Enertrag, es entwickelt Techniken für Windräder – zum Beispiel Leuchtfeuer.
    "Später konnte man dann mit GPS-Technik zum Beispiel synchronisieren, dass der Blinktakt immer gleich ist."
    Heute können Leuchtfeuer sogar auf die Sichtweite eingestellt werden – je besser die Sicht, desto weniger stark müssen sie leuchten.
    "Und wenn man das alles mal so weiter denkt, dann ist die sinnvollste Lösung, ganz am Ende, einfach bedarfsgerecht zu befeuern, nämlich das Licht nur noch dann anzumachen, wenn's auch wirklich gebraucht wird."
    Dafür muss die Windanlage oder der Park mit einer Technik ausgerüstet werden, die erkennen kann, ob sich ein Flugzeug den Anlagen nähert. Die Techniker aus dem Osten Mecklenburg-Vorpommerns setzen dafür auf Radar. Nicht auf die riesigen Anlagen von Flughäfen, sondern auf kleine, moderne Anlagen.
    "Also unser Radar sieht aus wie ein Flachbild-Fernseher, das hat auch etwa diese Größe und ist einfach so ein flaches Gehäuse, was in eine bestimmte Richtung schaut. Da drinnen bewegt sich auch ein Strahl, der halt von links nach rechts schwenkt, ähnlich wie ein drehendes Radar, aber das wird alles elektronisch gemacht, da sieht man halt von außen dann nichts mehr."
    Kleines Radar muss sechs bis acht Kilometer weit "schauen" können
    Eine dieser Radar-Antennen kann dabei eine Himmelsrichtung abtasten. Im ganzen brauchen die Techniker also vier – für jede Himmelsrichtung eine. Diese tasten ihren Himmelsausschnitt mit Funkimpulsen von einer Leistung von vier Watt ab. Für Radaranlagen ist das sehr wenig – aber das reicht, erklärt Thomas Herrholz.
    "Wir müssen das Flugzeug auf vier Kilometer erkennen, wenn es sich auf vier Kilometer nähert, wir brauchen ein bisschen Zeit, um zu erkennen, wer ist das, was tut es, also müssen wir so bis sechs oder vielleicht auch acht Kilometer weit schauen können. Mit dem Radar."
    Die Daten werden anschließend in der Radar Track Management Unit – so nennen die Techniker den kleinen Rechner hinter dem Radargerät – geprüft. Dieser Rechner filtert Echos heraus, die typisch sind für Vögel oder auch Fahrzeuge und erkennt, ob sich ein Flugzeug dem Windrad nähert. Wenn das der Fall ist, wird das Leuchtfeuer eingeschaltet. Was jedoch nicht so ganz einfach ist.
    "Wir haben ja die Situation, dass die Feuer im Hintergrund alle auf ihrem Zeittakt synchronisiert sind."
    Es könnte also passieren, dass die Feuer ausgerechnet dann eingeschaltet werden sollen, wenn dieser Zeittakt grade die anderthalb Sekunden Dunkelheit vorgibt. "Anderthalb Sekunden" klingt kurz, ist im Luftverkehr jedoch ziemlich lang – zumal der Pilot das Feuer, das ja eben noch nicht da war, erst einmal bemerken und zuordnen muss.
    "Um zu verhindern, dass wir genau in dem Moment einschalten, gibt es so ein schnelles Aufblinken, also Flash-Flash-Flash, und dann gehen wir in den Standard-Takt, und so hat der Pilot dann also die Möglichkeit, sofort zu sehen, ach, pass auf, da ist was, und hat dann eine gewisse Zeit, um das Hindernis zu umfliegen oder zu überfliegen."
    Nach 120 Sekunden – zwei Minuten – prüft das System, ob das Flugzeug noch im Messbereich fliegt. Ist es weg, wird das Leuchtfeuer wieder abgeschaltet. Diese Technik zu entwickeln, hat rund sieben Jahre gedauert. Einen guten Teil der Zeit hat dabei in Anspruch genommen, die Behörden von seiner Sicherheit zu überzeugen. Das ist den Mecklenburgern nun gelungen: Voraussichtlich Ende des Jahres darf die Technik auf Windrädern installiert werden.