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Windstrom auf Knopfdruck

Technik. Von den regenerativen Energiequellen wächst die Windenergie derzeit am schnellsten. 2005 haben die bundesdeutschen Anlagen 26,5 Milliarden Kilowattstunden Strom produziert, rund fünf Prozent des bundesdeutschen Bedarfs. Windenergie gibt es allerdings nur, wenn der Wind auch weht, und das ist nicht immer dann, wenn der Strom auch gebraucht wird. Daher sucht die Branche nach Möglichkeiten zur bedarfsgerechten Stromeinspeisung.

Moderation: Monika Seynsche | 04.12.2006
    Forscher aus Oldenburg wollen das mit dem Projekt "HyWindBalance" testen, das jetzt offiziell in Betrieb ging. Projektleiter Hans-Peter Waldl sprach mit Monika Seynsche darüber.

    Monika Seynsche: Herr Waldl, wie sieht dieses System denn überhaupt aus?

    Hans-Peter Waldl: Die Idee ist, dass man Strom aus schwankender Windenergie zwischenspeichert mit Wasserstoff, indem man aus dem Strom mit Elektrolyse Wasserstoff produziert und am Ende in windschwachen Zeiten mithilfe einer Brennstoffzelle wieder Strom erzeugt, den man ins Netz zurückspeisen kann.

    Seynsche: Und wie sieht das aus, wie groß ist dieses Gerät?

    Waldl: Das ist vom Volumen her im Moment eine Forschungsanlage, die nimmt so ungefähr eine große Garage ein und hat eine Leistung von fünf Kilowatt.

    Seynsche: Nun ist das ja im Prinzip nichts Neues. Was genau wollen Sie denn jetzt testen mit dieser Anlage?

    Waldl: Neu ist daran erst einmal, dass wir versuchen, wirklich in Richtung einer kommerziellen Umsetzung zu gehen. Also nicht nur Prinzipien zu erforschen, sondern wirklich dahin zu kommen, dass man so ein System kommerziell einsetzen kann mittelfristig. Was besonders an dem Projekt ist, aus der Kombination von Wind und Wasserstoff, dass wir versuchen, das Ganze so zu optimieren, dass man damit sowohl zum Beispiel Regelenergie herstellen kann, als auch anfangen kann, den Strom aus Wind auch an den Strommärkten zu vermarkten.

    Seynsche: Wie regelt man denn so etwas? Es kommt ja nicht immer der gleiche Wind beziehungsweise die gleiche Windmenge dazu. Also wie reglen Sie dieses system-

    Waldl: Gestern war so ein typischer kritischer Tag: sehr viel Wind, an der Küste zeitweilig war sogar Sturm, es war Sonntag, das heißt, es wird relativ wenig Strom verbraucht. Im Großen und Ganzen hat man also eigentlich zu viel Strom im Netz. Das heißt, gerade in solchen Zeiten kann man dann Strom speichern im Wasserstoff, und heute, Montag, ist ein Tag, wo der Stromverbrauch deutlich höher ist als am Wochenende, und dann verkauft man das Ganze wieder. Wo jetzt die Optimierung ins Spiel kommt, ist auch gerade zufällig heute, weil heute auch viel Wind ist. Das heißt, man muss sich dann entscheiden, irgendwann ist der Speicher voll, ich habe jetzt ja im Endeffekt mit dem Wochenende gerechnete drei windstarke Tage hintereinander, ich muss irgendwann einmal entscheiden, fange ich jetzt an Strom zu verkaufen, weil ich morgen auch sehr viel Wind wieder haben werde oder ist morgen wenig Wind und ich bekomme ich sowieso morgen los?

    Seynsche: Wo wollen Sie dieses Gerät denn einsetzen?

    Waldl: Also unser Ziel ist jetzt erst einmal am Ende dieses Forschungs- und Entwicklungsprojektes eine Pilotanlage zu konstruieren, dass man die 2009 in Betrieb nehmen kann, damit man aus dem Labor heraus sozusagen eine Größenordnung größer werden kann, wir denken da so an 300 Kilowatt elektrischer Leistung, und ein typischer Markt wird Deutschland sicher sein, wenn man Off-Shore-Windenergie stark ausgebaut, aber erst in der ferneren Zukunft, denke ich mal, und heute in der nahen Zukunft Regionen wie Irland oder Australien oder Kanada, wo man versucht, viel Windenergie zu machen, und gleichzeitig relativ schwache Netze hat.

    Seynsche: Was haben die schwachen Netze denn damit zu tun?

    Waldl: Die Netze haben insofern etwas damit zu tun, als wenn man viel Strom produziert aus Windenergie, man den auch transportieren muss. Das heißt, die Verbraucher sitzen leider nicht immer da, wo viel Wind weht. Das haben wir in Deutschland schon, der Wind weht im Norden, die Großverbraucher sind im Westen und im Rhein-Main-Gebiet. Und in anderen Regionen ist das noch viel extremer.

    Seynsche: Jetzt könnte ich mir vorstellen, dass man das Ganze auch simulieren kann. Also man einfach simuliert, wieviel Wind bekomme ich, wann bekomme ich wenig, was passiert, wenn ich wenig Wind bekomme? Warum machen Sie das nicht?

    Waldl: Das machen wir parallel, das heißt, wir entwickeln auch ein Simulationsmodell in dem ganzen Vorhaben, wir haben nur aus der Erfahrung der letzten Jahre gelernt, simulieren allein reicht nicht. Man baut relativ schnell Luftschlösser auf, wenn man sich überlegt, das und das könnte man im Prinzip machen. Wenn es dann aber darum geht, das wirklich umzusetzen, dann merkt man oft, ja, die Techniken sind zwar im Prinzip vorhanden, aber man kann sie tatsächlich nicht nutzen. So ein typischer Effekt, den man kennt, wenn man einen Forscher fragt, geht das? Dann sagt der meistens, im Prinzip ja. Und wenn man einen Hersteller fragt, dann sagt der, natürlich geht das. Und wenn man es dann tatsächlich ausprobiert, dann ist es manchmal doch viel schwerer, als man sich das ursprünglich gedacht hat. Und das war in dem Projekt auch tatsächlich so, dass man im Prinzip gedacht hat, die Techniken sind da, aber jetzt die Komponenten auszuwählen, Brennstoffzelle, Elektrolyseur, und die zu finanzieren, das war gar nicht so einfach.