
Ein Sturm zieht über den Boulevard von Gdynia. Die Temperatur in Danzigs Nachbarstadt liegt bei minus 8 Grad, doch der eisige Wind lässt es anfühlen wie -12 Grad. Es ist 22 Uhr. Anstatt mit einem heißen Tee gemütlich auf dem Sofa zu sitzen, machen sich Jakub Krzyzak und seine Kameraden auf den Weg zu ihrem Lieblingssport: Sie gehen zum Winterbaden. Die Saison dafür hat gerade erst begonnen: Winterbaden geht erst dann los, wenn das Thermometer auf mindestens -5 Grad fällt.
"Wir beginnen mit einem etwa viertelstündigen Aufwärmtraining. Das ist wichtig, damit alles gut durchblutet ist. Sonst kann man einen Schock bekommen. Erst wenn uns der Schweiß auf der Stirn steht, kann es losgehen."
Rund 30 Walrosse nehmen am Winterbaden teil. So nennen die Polen die Leute, die dieser Leidenschaft frönen. Sind die Bedingungen gut, verabreden sie sich meistens spontan über das soziale Netzwerk Facebook. Die 31-jährige Magda Jakubowska aus Danzig ist eine von ihnen. Sie trägt legere Kleidung, so dass sie sich schnell an- und ausziehen kann. Nach wenigen Sekunden hat sie nur noch ihren Badeanzug an, trägt eine Mütze, Handschuhe und spezielle Badeschuhe, die die Füße vor dem Erfrieren schützen. Als Magda Jakubowska ins Wasser steigt, schreit sie.
"Das war mein Debüt. Ich fühle mich wunderbar. Sicherlich werde ich es wiederholen. Ich empfehle es allen. Die Gefühle sind super. Sie reichen von totaler Angst bis zu einer Mega-Euphorie. Ich denke allerdings weniger an die positiven Auswirkungen auf meinen Körper. Das Wichtigste ist, dass ich ständig ein breites Grinsen im Gesicht habe."
Jakub Krzyzak ist davon überzeugt, dass das Winterbaden erholsam für den Körper ist, insbesondere nach einem harten Training. Er selbst ist Leistungssportler und Personaltrainer. Nach seinen Beobachtungen stärkt das Winterbaden das Immunsystem. Wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen dies. Wichtig sei es aber, dass man nur dann ins Wasser steige, wenn man gesund ist.
Gesunder Spaß
"Vor allem ältere Menschen sollten ihr Herz untersuchen lassen, bevor sie beim Winterbaden mitmachen. Denn der Herzschlag beschleunigt sich dabei. Kranke Menschen könnten einen Infarkt bekommen. Wer allerdings ein gesundes Herz hat, dürfte keine Probleme haben."
Das beste Beispiel dafür ist Andrzej Krzyszkowski. Der 62-Jährige gehört zu der Gruppe Winterbader in Gdynia. Allerdings badet er zu jeder Jahreszeit in der Ostsee, und das schon viele Jahre lang:
"Winterbaden ist eine gute Sache. Viele Menschen verstehen gar nicht, welche Vorteile es hat. Der Stoffwechsel im Körper wird beschleunigt. Man fühlt sich einfach jünger und man ist ein ganz anderer Mensch. Man hat das Gefühl auf dem Mars oder in der Antarktis gewesen zu sein und betritt wieder heimischen Boden."
Je kälter es draußen ist, desto besser fühlt man sich danach, wenn man aus dem Wasser kommt, sagt Alexandra Miller. Sie geht mit der Gruppe bereits seit einem Monat regelmäßig zum Winterbaden:
"Meine Haut ist sehr elastisch und flexibel und sehr gut durchblutet. Mit Cellulite habe ich keine Probleme. Und wann ich das letzte Mal richtig krank war, daran kann ich mich schon gar nicht mehr erinnern."
Dem kann Jakub Krzyżak als Chef des Cold Water-Teams nur zustimmen: Kein einziges Mitglied der Gruppe sei bislang krank geworden.