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Wintersport
Schnee- und Umwelt-Chaos in Oberhof

Nur ein schmutziges Schneeband in einer grünen Waldlandschaft. Oberhof präsentierte sich reichlich unwinterlich beim Biathlon- und Langlauf-Weltcup.

Von Thomas Purschke | 05.01.2014
    Die Fernsehbilder zeigten während der Biathlon- und Langlauf-Weltcups in Oberhof zum wiederholten Male in den vergangenen Jahren ein schmutziges Schneeband in einer rundherum grünen, schneefreien Waldlandschaft. Die Mittelgebirgsregion um Oberhof im Thüringer Wald auf 800 Meter Höhe ist zum Jahreswechsel schon längst nicht mehr schneesicher.
    Auf Grund von viel zu wenigen Frosttagen im Dezember konnten diesmal auch die zahlreichen Kunstschnee-Kanonen kaum angeworfen werden. Deshalb haben die Oberhofer Weltcup-Organisatoren in einem großen Kraftakt mit 400 freiwilligen Helfern circa 4000 Kubikmeter Natur-Schnee aus den höhergelegenen Regionen um Oberhof zusammengeschaufelt. Dieser Schnee wurde dann anschließend mittels mehrerer hundert LKW-Transporte zunächst in die Skihalle von Oberhof gebracht zur Kühlung, da dort Umgebungstemperaturen von minus vier Grad herrschen. Unter anderem auch zu diesem Zweck – neben dem Sommertraining für die Skisportler – wurde diese 16 Millionen Euro teure Skihalle im Jahr 2009 errichtet. Zu konstatieren ist noch, dass diese Skihalle in Oberhof einen Energiebedarf hat, der auf dem Niveau einer Kleinstadt liegt.
    Außerdem wurden dieses Jahr zusätzlich auch noch mindestens 15 Lastkraftwagen-Transporte mit Kunstschnee von der Schalke-Arena, wo vor Silvester ein Biathlon-Show-Wettkampf stattfand, über mehrere hundert Kilometer auf der Autobahn nach Oberhof gekarrt. Noch extremer verfuhren die Organisatoren unter anderem im Jahr 2007, als sie etliche LKW-Ladungen mit Fisch-Kühleis aus Bremerhaven zur Präparation der Skiloipen anforderten. Dies wurde vom damaligen sportpolitischen Sprecher der Grünen im Bundestag, Winfried Hermann als “pervers“ bezeichnet.
    Die diesjährigen Weltcupstrecken in Oberhof mussten - sowohl für die Langlauf- als auch für die Biathlon-Weltcupwettbewerbe, mit etlichen Tonnen Salz präpariert werden, um das vom Himmel kommende Regenwasser zu binden. Doch anstatt dem Klimawandel mit Augenmaß zu begegnen, blenden die Weltcup-Organisatoren aber auch die Thüringer Politik, die dieses Sport-Spektakel stark bezuschusst, die klimatischen Realitäten weitgehend aus. Im Gegenteil, im Herbst wurde in der Nähe des Oberhofer Stadions ein 12 000 Kubikmeter fassendes Wasserdepot gebaut, was zukünftig bei entsprechenden Kältegraden die Schneeherstellung mittels Schneekanonen verbessern soll.
    Und weil all das offenbar noch nicht ausreicht, um allen Eventualitäten des Wetters zu trotzen, wollen die Oberhofer Organisatoren in diesem Winter noch ein 15 000 Kubikmeter großes Kunstschnee-Depot anlegen, welches man mit einer dicken Schicht von Holzspänen abdecken will, um den Schmelzprozess über den Sommer zu verlangsamen. Damit man dann im kommenden Winter im Dezember in jedem Fall die Skistrecken mit Schnee belegen kann. Es bleiben viele Fragen, was die Sinnhaftigkeit und die ökologische Bilanz solcher Projekte anbelangt. Das bisherige Motto: „Weltcup in Oberhof – koste es was es wolle“ ist wohl so kaum noch zu vermitteln.