Archiv


"Wir brauchen solche Appelle''

Das klare Bekenntnis zu einem erweiterten Bildungsbegriff hat die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz, Margret Wintermantel, nach der so genannten Berliner Rede von Bundespräsident Horst Köhler besonders begrüßt. Gerade an den Hochschulen könne man neben reinem Fachwissen auch persönlichkeitsbildende Fähigkeiten erwerben, betonte Wintermantel.

Moderation: Lothar Guckeisen |
    Lothar Guckeisen: Margret Wintermantel, Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz, wie hat die bildungspolitische Rede von Horst Köhler auf Sie gewirkt, ist da ein Ruck durch Sie gegangen?

    Margret Wintermantel: Ich habe mich sehr gefreut, dass er so ein klares Bekenntnis für die große Bedeutung der Bildung gemacht hat. Ich hab mich auch gefreut, dass er einen nicht eingeengten Bildungsbegriff verwendet, sondern ein Verständnis von Bildung hat, dass neben Fachwissen, Fachtraining auch die Orientierung und Urteilsfähigkeit mit einbezieht. In gewisser Weise die Persönlichkeitsbildung, das war ein Bekenntnis zur Bedeutung der Bildung und das brauchen wir. Natürlich hat mich auch gefreut, dass er mit diesem erweiterten Bildungsbegriff an Humboldt anknüpft. Das ist ja das, was wir an den Hochschulen betreiben, wir meinen, dass unsere jungen Leute neben einem reinen Fachtraining eben auch eine viel erweiterte Kompetenz erwerben.

    Guckeisen: Sie haben es angesprochen, der Bundespräsident hat auch sehr allgemein über den Wert von Bildung gesprochen. Die Hochschulen allerdings hat er in seiner Rede so gut wie gar nicht erwähnt. Wie ist das bei Ihnen angekommen?

    Wintermantel: Er hat sich natürlich in diesem Fall auf die Schulen konzentriert, aber er hat auch die Bedeutung der Lehrer, was natürlich auch wieder die Hochschulen betrifft, wenn es um Lehrerbildung geht, denn Lehrer werden an Hochschulen ausgebildet. Ich denke er hat sich konzentriert auf die Schulen, aber ich glaube, er hat nicht gesagt, dass das nicht heißt, dass man jetzt in den Schulen mehr tun müsste und in den Hochschulen weniger.

    Guckeisen: In einem Satz hat er die Hochschulen ja jetzt doch explizit erwähnt. Er hat nämlich beklagt, dass die Zahl der Studienanfänger aus sozial benachteiligten Familien sehr gering ist. Fühlen Sie sich da auch angesprochen und in der Verantwortung? Also die Frage, was könnten die Hochschulen tun, damit auch Abiturienten aus Nicht-Akademiker-Familien studieren?

    Wintermantel: Die Hochschulen fühlen sich in der Verantwortung. Das liegt nicht unbedingt im Einflussbereich der Hochschulen. Wir bieten Studienangebote an für die jungen Leute, die studierfähig und studierwillig sind.

    Guckeisen: Die Frage ist natürlich, wie kann man die Studierwilligkeit befördern, wenn sie eine gewisse Schwellenangst auch haben gegenüber den Hochschulen?

    Wintermantel: Wir tun sehr viel dafür, indem wir doch auch sehr viel in der Öffentlichkeit sagen, was die Bedeutung eines wissenschaftlichen Studiums ist. Was die Chancen eines wissenschaftlichen Studiums sind.

    Guckeisen: Noch mal zurück zur Rede des Bundespräsidenten. Was meinen Sie, welchen Einfluss hat solch eine Rede im bildungspolitischen Alltag? Ist das mehr als eine Sonntagsrede?

    Wintermantel: Wir brauchen solche Appelle. Er spricht von dem Klima der Bildungsfreude und ich meine auch, dass wir dieses brauchen. Dass wir sozusagen eine Kultur haben sollten, in der wir der Bildung einen sehr hohen Stellenwert einbauen und wir wissen, dass es notwendig ist, auch für unsere Volkswirtschaft.

    Guckeisen: Wenn Sie das Kapitel zum Thema Hochschulpolitik hätten schreiben dürfen, was hätten Sie dem Präsidenten denn ins Manuskript geschrieben?

    Wintermantel: Ich hätte mir natürlich auch gewünscht, dass er auch auf die Bedeutung der wissenschaftlichen, der methodischen Bildung auch ausgeführt hätte.