
Die Ausstellung umfasst über 1100 Exponate, die zum Teil erstmals der Öffentlichkeit präsentiert werden. Darunter neben dem Fußball-WM-Endspiel-Ball von 1954 die Entnazifierungs-Bescheinigung von Trainer Sepp Herberger. Die Biografie des Hauptgeschäftsführers des Deutschen Sportbundes von 1954 bis 1963, Guido von Mengden wird beleuchtet, der Mitglied der NSDAP und ab 1936 Generalreferent des Reichssportführers war und zum Kriegsende ein Volkssturm-Bataillon kommandierte. Genannt wird auch der skandalträchtige Besuch des einstigen Wehrmachts-Flieger-Offiziers Hans-Ulrich Rudel im WM-Quartier des Deutschen Fußballbundes 1978 in Argentinien.
Ergänzt wird die Ausstellung durch Zitate bedeutsamer Zeitgenossen. Der westdeutsche Philosoph Jürgen Habermas hatte schon 1958 festgestellt:
"Der Trainingsprozess des Hochleistungssportlers beginnt wie ein Produktionsprozess im Forschungslabor. Die Olympiasiege werden von Ärzten entschieden wie der Produktionsplan von Ingenieuren."
Die Geschichte der gemeinsamen deutschen Olympia-Mannschaften beginnt bei den Winterspielen 1956 in Cortina d'Ampezzo. Gemäß dem Ausstellungs-Titel "Wir gegen uns" ist Karl-Eduard von Schnitzler, der Chef-Kommentator des DDR-Fernsehens, zur gesamtdeutschen Mannschaft von 1964 zu hören:
"Das Auftreten von Sportlern aus beiden deutschen Staaten unter einer gemeinsamen Fantasie-Fahne, das Erklingen einer Fantasie-Hymne im Siegesfalle, wenn auch von Beethoven, die gemeinsame Mannschaft: Das alles steht im herben Widerspruch zur Vernunft und zur Wirklichkeit. Vernünftig und realistisch wären drei olympische Komitees in Deutschland. Eines der DDR, eines Westdeutschlands und ein Westberliner - und getrennte Olympiamannschaften."
Erstmals zu sehen ist ein Video zur Flucht des Nordischen Kombinierers aus Klingenthal, Ralph Pöhland, vor den Winterspielen 1968 in Grenoble, der sich in der Schweiz im Auto des westdeutschen Olympiasiegers Georg Thoma absetzen konnte.
Das seit Mitte der sechziger Jahre betriebene DDR-Zwangsdoping, aber auch Doping der Machart West, werden in der Ausstellung in einem stilecht dekorierten Arzt-Behandlungs-Zimmer dargestellt. Neben einer Patientenliege und einem Medizinschrank, voll mit Dopingpräparaten, steht der einst aus dem Westen angeschaffte Original-Gas-Chromatograph des Doping-Labors in Kreischa, mit dem DDR-Sportler vor ihrer Ausreise zum Wettkampf auf etwaige Doping-Restbestände im Körper kontrolliert wurden. In beeindruckender Weise wird auf gesundheitliche Schäden und Schicksale gedopter Athleten hingewiesen. Darunter ist die Mainzer Leichtathletin Birgit Dressel, die 1987 an einem toxisch-allergischen Schock, vollgedopt mit 102 Medikamenten, elend zu Grunde ging. sowie die im Jugendalter mit männlichen Sexualhormonen vollgepumpte DDR-Kugelstoßerin Heidi Krieger, die sich 1997 zu einer Geschlechtsumwandlung entschloss.
Das Sportwunder DDR hat die 400m-Olympiasiegerin und amtierende Weltrekordlerin, Marita Koch, 1986 im DDR-Fernsehen so erklärt:
"Dabei ist dieses sogenannte Geheimnis eine ganz normale Sache - der real existierende Sozialismus in unserem Arbeiter- und Bauern-Staat. Liebe Genossinnen und Genossen ! Wir Sportlerinnen und Sportler werden auch in Zukunft unseren Dank für die Förderung von Körperkultur und Sport nicht nur in Worten abstatten."
Die umfassende Überwachung des DDR-Sports durch das Ministerium für Staatssicherheit und, damit verbunden, Karrierebrüche sowie Flucht-Fälle werden durch sieben Einzelschicksale dargestellt. Sie betreffen den Fußballer Lutz Eigendorf, die Fußball-Trainer Jörg Berger und Heinz Krügel, den Leichtathleten Jürgen May, den Schwimmer Axel Mitbauer, den Biathleten Andreas Heß sowie den Radrennfahrer Wolfgang Lötzsch.
Lötzsch, auf den in der DDR insgesamt 50 Stasi-Spitzel angesetzt waren, hatte zur Eröffnung der Ausstellung erklärt, dass das sich bis heute keiner seiner Bewacher bei ihm entschuldigt habe. Um so wichtiger findet er die Funktion solcher Schauen wie in Leipzig, um nachfolgenden Generationen Informationen über die schlimme Zeit der deutschen Teilung zu geben.
Auf einem großen, in die Ausstellung integrierten Bildschirm sieht man DDR-Skisprung-Olympiasieger Jens Weißflog. Das linientreue Mitglied der FDJ-Fraktion in der DDR-Volkskammer stand noch 1989 in fester Verbundenheit zum SED-Regime:
"Oft waren und sind es Sportler, die die Bezeichnung Deutsche Demokratische Republik vielen Leuten in aller Welt zu einem Begriff für Sozialismus und Frieden, Leistung und Fairness werden ließen. Nicht zu unrecht bezeichnet man uns, so glaube ich, als Diplomaten im Trainingsanzug."
Im Herbst 1989, während der friedlichen Revolution in der DDR, wurde die Sportpolitik der SED mit dem einseitig hochgezüchteten Leistungssport scharf kritisiert. Bei den Montags-Demonstrationen in Leipzig war auf den selbst gemalten Plakaten auch der Spruch zu lesen:
"Mehr Mittel für den Breitensport als für Olympiasieg und Weltrekord !"
Als der Thüringer Skilanglauf-Trainer und Dopingverweigerer, Henner Misersky, 1992 nach dem Olympiasieg seiner Tochter Antje im ARD-Fernsehen die Anstellung von doping- und stasibelasteten Trainern und Betreuern kritisiert, erhält die Familie anonyme Schmäh-Briefe bis hin zu Mord-Drohungen. Auch diese Dokumente sind in der Ausstellung zu sehen, eine fundiert-kritische Nabelschau der vermeintlich schönsten Nebensache der Welt, wie es sie bisher in Deutschland noch nicht gegeben hat.
Zur Ausstellung "Wir gegen uns - Sport im geteilten Deutschland" ist ein Buch gleichen Titels erschienen, 160 Seiten, im Buchhandel zum Preis von 24,90 Euro, im Museumsshop Zeitgeschichtliches Forum Leipzig zum Preis von 19,90 Euro.
Ergänzt wird die Ausstellung durch Zitate bedeutsamer Zeitgenossen. Der westdeutsche Philosoph Jürgen Habermas hatte schon 1958 festgestellt:
"Der Trainingsprozess des Hochleistungssportlers beginnt wie ein Produktionsprozess im Forschungslabor. Die Olympiasiege werden von Ärzten entschieden wie der Produktionsplan von Ingenieuren."
Die Geschichte der gemeinsamen deutschen Olympia-Mannschaften beginnt bei den Winterspielen 1956 in Cortina d'Ampezzo. Gemäß dem Ausstellungs-Titel "Wir gegen uns" ist Karl-Eduard von Schnitzler, der Chef-Kommentator des DDR-Fernsehens, zur gesamtdeutschen Mannschaft von 1964 zu hören:
"Das Auftreten von Sportlern aus beiden deutschen Staaten unter einer gemeinsamen Fantasie-Fahne, das Erklingen einer Fantasie-Hymne im Siegesfalle, wenn auch von Beethoven, die gemeinsame Mannschaft: Das alles steht im herben Widerspruch zur Vernunft und zur Wirklichkeit. Vernünftig und realistisch wären drei olympische Komitees in Deutschland. Eines der DDR, eines Westdeutschlands und ein Westberliner - und getrennte Olympiamannschaften."
Erstmals zu sehen ist ein Video zur Flucht des Nordischen Kombinierers aus Klingenthal, Ralph Pöhland, vor den Winterspielen 1968 in Grenoble, der sich in der Schweiz im Auto des westdeutschen Olympiasiegers Georg Thoma absetzen konnte.
Das seit Mitte der sechziger Jahre betriebene DDR-Zwangsdoping, aber auch Doping der Machart West, werden in der Ausstellung in einem stilecht dekorierten Arzt-Behandlungs-Zimmer dargestellt. Neben einer Patientenliege und einem Medizinschrank, voll mit Dopingpräparaten, steht der einst aus dem Westen angeschaffte Original-Gas-Chromatograph des Doping-Labors in Kreischa, mit dem DDR-Sportler vor ihrer Ausreise zum Wettkampf auf etwaige Doping-Restbestände im Körper kontrolliert wurden. In beeindruckender Weise wird auf gesundheitliche Schäden und Schicksale gedopter Athleten hingewiesen. Darunter ist die Mainzer Leichtathletin Birgit Dressel, die 1987 an einem toxisch-allergischen Schock, vollgedopt mit 102 Medikamenten, elend zu Grunde ging. sowie die im Jugendalter mit männlichen Sexualhormonen vollgepumpte DDR-Kugelstoßerin Heidi Krieger, die sich 1997 zu einer Geschlechtsumwandlung entschloss.
Das Sportwunder DDR hat die 400m-Olympiasiegerin und amtierende Weltrekordlerin, Marita Koch, 1986 im DDR-Fernsehen so erklärt:
"Dabei ist dieses sogenannte Geheimnis eine ganz normale Sache - der real existierende Sozialismus in unserem Arbeiter- und Bauern-Staat. Liebe Genossinnen und Genossen ! Wir Sportlerinnen und Sportler werden auch in Zukunft unseren Dank für die Förderung von Körperkultur und Sport nicht nur in Worten abstatten."
Die umfassende Überwachung des DDR-Sports durch das Ministerium für Staatssicherheit und, damit verbunden, Karrierebrüche sowie Flucht-Fälle werden durch sieben Einzelschicksale dargestellt. Sie betreffen den Fußballer Lutz Eigendorf, die Fußball-Trainer Jörg Berger und Heinz Krügel, den Leichtathleten Jürgen May, den Schwimmer Axel Mitbauer, den Biathleten Andreas Heß sowie den Radrennfahrer Wolfgang Lötzsch.
Lötzsch, auf den in der DDR insgesamt 50 Stasi-Spitzel angesetzt waren, hatte zur Eröffnung der Ausstellung erklärt, dass das sich bis heute keiner seiner Bewacher bei ihm entschuldigt habe. Um so wichtiger findet er die Funktion solcher Schauen wie in Leipzig, um nachfolgenden Generationen Informationen über die schlimme Zeit der deutschen Teilung zu geben.
Auf einem großen, in die Ausstellung integrierten Bildschirm sieht man DDR-Skisprung-Olympiasieger Jens Weißflog. Das linientreue Mitglied der FDJ-Fraktion in der DDR-Volkskammer stand noch 1989 in fester Verbundenheit zum SED-Regime:
"Oft waren und sind es Sportler, die die Bezeichnung Deutsche Demokratische Republik vielen Leuten in aller Welt zu einem Begriff für Sozialismus und Frieden, Leistung und Fairness werden ließen. Nicht zu unrecht bezeichnet man uns, so glaube ich, als Diplomaten im Trainingsanzug."
Im Herbst 1989, während der friedlichen Revolution in der DDR, wurde die Sportpolitik der SED mit dem einseitig hochgezüchteten Leistungssport scharf kritisiert. Bei den Montags-Demonstrationen in Leipzig war auf den selbst gemalten Plakaten auch der Spruch zu lesen:
"Mehr Mittel für den Breitensport als für Olympiasieg und Weltrekord !"
Als der Thüringer Skilanglauf-Trainer und Dopingverweigerer, Henner Misersky, 1992 nach dem Olympiasieg seiner Tochter Antje im ARD-Fernsehen die Anstellung von doping- und stasibelasteten Trainern und Betreuern kritisiert, erhält die Familie anonyme Schmäh-Briefe bis hin zu Mord-Drohungen. Auch diese Dokumente sind in der Ausstellung zu sehen, eine fundiert-kritische Nabelschau der vermeintlich schönsten Nebensache der Welt, wie es sie bisher in Deutschland noch nicht gegeben hat.
Zur Ausstellung "Wir gegen uns - Sport im geteilten Deutschland" ist ein Buch gleichen Titels erschienen, 160 Seiten, im Buchhandel zum Preis von 24,90 Euro, im Museumsshop Zeitgeschichtliches Forum Leipzig zum Preis von 19,90 Euro.