Friedbert Meurer: Am 7. Dezember beginnt die große Klimakonferenz in Kopenhagen. Kurz vor Weihnachten wollen dann die Teilnehmer, unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel, Beschlüsse fassen. Aber das große Weihnachtspräsent für den Erhalt des Klimas wird wohl nicht geschnürt werden, denn es gilt als sicher: in Kopenhagen wird kein rechtlich verbindliches Abkommen geschlossen. In der dänischen Hauptstadt hat es Anfang der Woche eine Vorbereitungskonferenz gegeben. Mit dabei war auch der neue Bundesumweltminister, Norbert Röttgen. Ihn begrüße ich jetzt auf Schloss Meseberg. Guten Morgen, Herr Röttgen.
Norbert Röttgen: Guten Morgen, Herr Meurer.
Meurer: Wie viel geben Sie noch auf den Klimagipfel von Kopenhagen?
Röttgen: Sehr viel, weil Kopenhagen nicht scheitern darf. Es geht nicht um das Scheitern einer Konferenz, sondern es geht um die Sache. Wir haben nicht die Alternative, nicht die Option, zu scheitern, nicht zu handeln, weil es um ein Menschheitsgut geht. Wenn wir heute nicht anfangen, umzusteuern, und zwar weltweit, dann werden wir katastrophale Folgen des Klimawandels haben, und darum steht nicht zur Disposition, dass es im Dezember konkrete politische Verabredungen geben muss, inhaltliche Verabredungen, wie die Begrenzung der globalen Erwärmung erreicht werden kann, insbesondere durch CO2-Minderung, insbesondere durch die Industriestaaten, und Teil der konkreten Einigung muss sein, dass dann im nächsten Jahr auch ein rechtlich verbindliches Abkommen erzielt wird auf der Basis der jetzt erzielten politischen Verabredungen.
Meurer: Nach allem, was man liest, üben Sie sich in Zweckoptimismus, Herr Röttgen?
Röttgen: Nein, nein. Sie haben ja zurecht gesagt, ich war auf der Vorbereitungskonferenz, und es hat dort vernehmbar den breiten Willen gegeben, zu politisch konkreten Verabredungen zu kommen, auch ein rechtsverbindliches Abkommen zu schließen im nächsten Jahr. Die Europäer zum Beispiel - das war eine Erfahrung, die ich dort gemacht habe; das war ja meine erste Konferenz - haben mit einer Stimme gesprochen und wir sollten nicht unterschätzen, was es bedeutet, wenn ein so großer Binnenmarkt entschlossen ist zu handeln.
Meurer: Wie viel bedeutet eine politische Vereinbarung, wenn sie nicht rechtlich verbindlich ist?
Röttgen: Sie bedeutet politische Bindung. Das ist keine Absichtserklärung, kein Kommuniqué, was wir dort anstreben, sondern eine Entscheidung der Konferenz über konkrete Maßnahmen und Ziele. Die hat eine politische Bindungswirkung und die bindet jedes Land, es dann auch rechtlich umzusetzen.
Meurer: Worin besteht diese Bindung? Wer zwingt eine Regierung, sich an die politische Erklärung in Kopenhagen dann auch zu halten?
Röttgen: Das Völkerrecht. Das ist nicht eine Erklärung, die Schall und Rauch ist, auch völkerrechtlich nicht, sondern es ist eine Entscheidung, die angestrebt wird, und die bindet dann alle diejenigen, die sie mit getroffen haben.
Meurer: Nun kann es ja auch sein, dass Entscheidungen in Kopenhagen getroffen werden, die ziemlich tief unter der Latte liegen, wie sie einmal sozusagen aufgehängt worden ist.
Röttgen: Sie haben völlig Recht, dass Sie sagen, es geht einmal um die Form. Da ist, glaube ich, jetzt ein bisschen übertrieben worden die Frage, rechtlich verbindliches Abkommen jetzt im Dezember schon, oder politische Bindung. Und es geht entscheidend um den Inhalt. Ich stimme Ihrer Frage absolut zu: daran werden wir entscheidend diesen Gipfel oder das Zusammentreffen im Dezember messen müssen.
Meurer: Also hier sehen Sie eine Gefahr?
Röttgen: Wir haben noch nicht diese Einigung, sondern wir müssen sie erreichen, wir müssen die Bindung an das Zweigradziel erreichen. Wir brauchen die verbindliche Entscheidung der Industriestaaten, 80 bis 95 Prozent in der langen Perspektive des CO2-Ausstoßes zu reduzieren, also völlig umzustellen in der Art zu wirtschaften, Energieversorgung zu betreiben, und wir brauchen finanzielle Instrumente, auch Zusagen der Industrieländer an die Entwicklungsländer, dass sie einen anderen Pfad beschreiten als den ihrer gewöhnlichen Wirtschaftsentwicklung, und eben viertens eine feste, wasserdichte Architektur, ein rechtliches Regime, das die Instrumente gibt auch der Überwachung der eingegangenen Verpflichtungen. Das sind die Elemente.
Meurer: Die Bundeskanzlerin, Angela Merkel, hat Anfang der Woche mitgeteilt, sie wird nach Kopenhagen reisen. Herr Röttgen, kommt die Besuchsansage der Kanzlerin etwas spät?
Röttgen: Wenn es eine Regierungschefin gibt, die sich über Jahre hinweg engagiert hat, die akzeptiert ist als Vorreiterin dieser Entwicklung und bei der es als allgemein, international auch als wertvoll empfunden wird, wenn sie sich verbindet mit diesem Ziel, auch mit dem Erfolg der Konferenz in einer Phase, wo noch um den Erfolg gekämpft werden muss, also Risikobereitschaft zeigt, dann ist das, glaube ich, ein politisch vorbildliches Verhalten. Ich glaube, es gibt keine andere Regierungschefin weltweit, die so viel Glaubwürdigkeit von anderen genießt. Ich konnte das auch bei der Konferenz erfahren, wie das bei Angela Merkel der Fall ist, und darum ist es ein sehr gutes Signal, genau zur rechten Zeit, was sie gesendet hat.
Meurer: Jetzt sind die Deutschen fast alle für den Klimaschutz. Aber müsste die Bundesregierung auch einmal klar und deutlich sagen, Klimaschutz gibt es nicht zum Nulltarif?
Röttgen: Also erstens hat die Bundesregierung das getan. Noch wichtiger ist, dass der Europäische Rat das vor einigen Wochen ausdrücklich anerkannt hat. Der Europäische Rat hat gesagt, wir brauchen in der langen Frist eine Größenordnung der Unterstützung der Industrieländer zu Gunsten der Entwicklungsländer in Höhe von 100 Milliarden Euro. Da erschrickt man, wenn man die Zahlen hört. Trotzdem bekennt sich Deutschland und Europa zu dieser Zahl. Aber der Punkt ist: so teuer das klingt, nicht handeln wäre viel, viel teuerer, auch ökonomisch, fiskalisch, also sozusagen von dem Geld, was der Staat aufwenden muss, aber auch ökonomisch. Es geht um ökologische Ziele, aber im Kern geht es auch um die ökonomische Modernisierung unserer Volkswirtschaften. Es geht um einen Antrieb für Innovation und Technologien und nicht ohne Grund ist die deutsche Wirtschaft ein entscheidender Befürworter eines solchen Abkommens.
Meurer: Das ist der technologische Ansatz. Müssen Sie dem Bürger auch sagen, ohne Verzicht geht es nicht?
Röttgen: Nein. Ich bin fest davon überzeugt, dass das keine Verzichts- und Opferstrategie ist. Es geht darum, dass die Menschen auch in Deutschland, aber auch weltweit mehr Lebensqualität gewinnen, dass wir neue Märkte erschließen. Wir können doch nicht Wohlstand in der Zukunft haben mit den alten Produkten, Verfahren und Märkten. Das haben viele schon erkannt, nicht zuletzt deutsche Unternehmen, die auf den Märkten international präsent sind. Aber die Chinesen haben es genauso erkannt. Sie sind ganz konsequent in der Forschungsförderung, in der Förderung von Technologien, in der Regulierung. Das wird auch nicht zuletzt und sogar im Kern der ökonomische und technologische Wettbewerb nicht nur der Zukunft sein, sondern es hat im Grunde schon angefangen.
Meurer: Aber die Umweltverbände sagen, kauft ein kleineres Auto, verzichtet mal auf eine Flugreise. Schließen Sie sich an?
Röttgen: Nein. Wir müssen anders leben, aber wir werden besser leben, wir werden andere Antriebstechniken haben. Wir haben hier in Meseberg gestern über Elektromobilität, die Förderung und die Organisation der Förderung gesprochen. Das ist doch kein weniger, sondern es ist ein anders und es wird ein besser und ein mehr an Lebensqualität sein.
Meurer: Bundesumweltminister Norbert Röttgen vor dem Klimagipfel in Kopenhagen, die Aussichten und Perspektiven. Herr Röttgen, besten Dank und auf Wiederhören.
Röttgen: Ich bedanke mich!
Norbert Röttgen: Guten Morgen, Herr Meurer.
Meurer: Wie viel geben Sie noch auf den Klimagipfel von Kopenhagen?
Röttgen: Sehr viel, weil Kopenhagen nicht scheitern darf. Es geht nicht um das Scheitern einer Konferenz, sondern es geht um die Sache. Wir haben nicht die Alternative, nicht die Option, zu scheitern, nicht zu handeln, weil es um ein Menschheitsgut geht. Wenn wir heute nicht anfangen, umzusteuern, und zwar weltweit, dann werden wir katastrophale Folgen des Klimawandels haben, und darum steht nicht zur Disposition, dass es im Dezember konkrete politische Verabredungen geben muss, inhaltliche Verabredungen, wie die Begrenzung der globalen Erwärmung erreicht werden kann, insbesondere durch CO2-Minderung, insbesondere durch die Industriestaaten, und Teil der konkreten Einigung muss sein, dass dann im nächsten Jahr auch ein rechtlich verbindliches Abkommen erzielt wird auf der Basis der jetzt erzielten politischen Verabredungen.
Meurer: Nach allem, was man liest, üben Sie sich in Zweckoptimismus, Herr Röttgen?
Röttgen: Nein, nein. Sie haben ja zurecht gesagt, ich war auf der Vorbereitungskonferenz, und es hat dort vernehmbar den breiten Willen gegeben, zu politisch konkreten Verabredungen zu kommen, auch ein rechtsverbindliches Abkommen zu schließen im nächsten Jahr. Die Europäer zum Beispiel - das war eine Erfahrung, die ich dort gemacht habe; das war ja meine erste Konferenz - haben mit einer Stimme gesprochen und wir sollten nicht unterschätzen, was es bedeutet, wenn ein so großer Binnenmarkt entschlossen ist zu handeln.
Meurer: Wie viel bedeutet eine politische Vereinbarung, wenn sie nicht rechtlich verbindlich ist?
Röttgen: Sie bedeutet politische Bindung. Das ist keine Absichtserklärung, kein Kommuniqué, was wir dort anstreben, sondern eine Entscheidung der Konferenz über konkrete Maßnahmen und Ziele. Die hat eine politische Bindungswirkung und die bindet jedes Land, es dann auch rechtlich umzusetzen.
Meurer: Worin besteht diese Bindung? Wer zwingt eine Regierung, sich an die politische Erklärung in Kopenhagen dann auch zu halten?
Röttgen: Das Völkerrecht. Das ist nicht eine Erklärung, die Schall und Rauch ist, auch völkerrechtlich nicht, sondern es ist eine Entscheidung, die angestrebt wird, und die bindet dann alle diejenigen, die sie mit getroffen haben.
Meurer: Nun kann es ja auch sein, dass Entscheidungen in Kopenhagen getroffen werden, die ziemlich tief unter der Latte liegen, wie sie einmal sozusagen aufgehängt worden ist.
Röttgen: Sie haben völlig Recht, dass Sie sagen, es geht einmal um die Form. Da ist, glaube ich, jetzt ein bisschen übertrieben worden die Frage, rechtlich verbindliches Abkommen jetzt im Dezember schon, oder politische Bindung. Und es geht entscheidend um den Inhalt. Ich stimme Ihrer Frage absolut zu: daran werden wir entscheidend diesen Gipfel oder das Zusammentreffen im Dezember messen müssen.
Meurer: Also hier sehen Sie eine Gefahr?
Röttgen: Wir haben noch nicht diese Einigung, sondern wir müssen sie erreichen, wir müssen die Bindung an das Zweigradziel erreichen. Wir brauchen die verbindliche Entscheidung der Industriestaaten, 80 bis 95 Prozent in der langen Perspektive des CO2-Ausstoßes zu reduzieren, also völlig umzustellen in der Art zu wirtschaften, Energieversorgung zu betreiben, und wir brauchen finanzielle Instrumente, auch Zusagen der Industrieländer an die Entwicklungsländer, dass sie einen anderen Pfad beschreiten als den ihrer gewöhnlichen Wirtschaftsentwicklung, und eben viertens eine feste, wasserdichte Architektur, ein rechtliches Regime, das die Instrumente gibt auch der Überwachung der eingegangenen Verpflichtungen. Das sind die Elemente.
Meurer: Die Bundeskanzlerin, Angela Merkel, hat Anfang der Woche mitgeteilt, sie wird nach Kopenhagen reisen. Herr Röttgen, kommt die Besuchsansage der Kanzlerin etwas spät?
Röttgen: Wenn es eine Regierungschefin gibt, die sich über Jahre hinweg engagiert hat, die akzeptiert ist als Vorreiterin dieser Entwicklung und bei der es als allgemein, international auch als wertvoll empfunden wird, wenn sie sich verbindet mit diesem Ziel, auch mit dem Erfolg der Konferenz in einer Phase, wo noch um den Erfolg gekämpft werden muss, also Risikobereitschaft zeigt, dann ist das, glaube ich, ein politisch vorbildliches Verhalten. Ich glaube, es gibt keine andere Regierungschefin weltweit, die so viel Glaubwürdigkeit von anderen genießt. Ich konnte das auch bei der Konferenz erfahren, wie das bei Angela Merkel der Fall ist, und darum ist es ein sehr gutes Signal, genau zur rechten Zeit, was sie gesendet hat.
Meurer: Jetzt sind die Deutschen fast alle für den Klimaschutz. Aber müsste die Bundesregierung auch einmal klar und deutlich sagen, Klimaschutz gibt es nicht zum Nulltarif?
Röttgen: Also erstens hat die Bundesregierung das getan. Noch wichtiger ist, dass der Europäische Rat das vor einigen Wochen ausdrücklich anerkannt hat. Der Europäische Rat hat gesagt, wir brauchen in der langen Frist eine Größenordnung der Unterstützung der Industrieländer zu Gunsten der Entwicklungsländer in Höhe von 100 Milliarden Euro. Da erschrickt man, wenn man die Zahlen hört. Trotzdem bekennt sich Deutschland und Europa zu dieser Zahl. Aber der Punkt ist: so teuer das klingt, nicht handeln wäre viel, viel teuerer, auch ökonomisch, fiskalisch, also sozusagen von dem Geld, was der Staat aufwenden muss, aber auch ökonomisch. Es geht um ökologische Ziele, aber im Kern geht es auch um die ökonomische Modernisierung unserer Volkswirtschaften. Es geht um einen Antrieb für Innovation und Technologien und nicht ohne Grund ist die deutsche Wirtschaft ein entscheidender Befürworter eines solchen Abkommens.
Meurer: Das ist der technologische Ansatz. Müssen Sie dem Bürger auch sagen, ohne Verzicht geht es nicht?
Röttgen: Nein. Ich bin fest davon überzeugt, dass das keine Verzichts- und Opferstrategie ist. Es geht darum, dass die Menschen auch in Deutschland, aber auch weltweit mehr Lebensqualität gewinnen, dass wir neue Märkte erschließen. Wir können doch nicht Wohlstand in der Zukunft haben mit den alten Produkten, Verfahren und Märkten. Das haben viele schon erkannt, nicht zuletzt deutsche Unternehmen, die auf den Märkten international präsent sind. Aber die Chinesen haben es genauso erkannt. Sie sind ganz konsequent in der Forschungsförderung, in der Förderung von Technologien, in der Regulierung. Das wird auch nicht zuletzt und sogar im Kern der ökonomische und technologische Wettbewerb nicht nur der Zukunft sein, sondern es hat im Grunde schon angefangen.
Meurer: Aber die Umweltverbände sagen, kauft ein kleineres Auto, verzichtet mal auf eine Flugreise. Schließen Sie sich an?
Röttgen: Nein. Wir müssen anders leben, aber wir werden besser leben, wir werden andere Antriebstechniken haben. Wir haben hier in Meseberg gestern über Elektromobilität, die Förderung und die Organisation der Förderung gesprochen. Das ist doch kein weniger, sondern es ist ein anders und es wird ein besser und ein mehr an Lebensqualität sein.
Meurer: Bundesumweltminister Norbert Röttgen vor dem Klimagipfel in Kopenhagen, die Aussichten und Perspektiven. Herr Röttgen, besten Dank und auf Wiederhören.
Röttgen: Ich bedanke mich!
