Der große Platz im Madrider Stadtteil Chueca. In jedem Haus ein Café. Zwei junge Männer kommen eng umschlungen aus der U-Bahn, zwei Ecuadorianerinnen küssen sich auf einer Bank. Chueca ist "in", und das längst nicht mehr nur bei den Homosexuellen.
Die Szene in Madrid ist durchlässig. Nur im Cogam, dem Verband der Betroffenen bleibt man unter sich. In dessen Kneipe sitzen Beatriz Gimeno und Boti Rodrigo und wissen plötzlich nicht mehr, ob sie jetzt, mit der Legalisierung der Ehe für Schwule und Lesben überhaupt noch heiraten sollen:
"Ich bin selbst überrascht. Es ist nicht das gleiche, zu sagen, man will heiraten, wenn es gar nicht geht. Oder man sagt, man will es, wenn es jetzt plötzlich möglich ist. Es scheint jetzt so einfach, aber jetzt wird auch deutlich: Heiraten, das ist schon etwas Ernstes. Wir müssen es uns überlegen. "
Die 43-jährige Beatríz Gimeno wünscht sich eine Feier im kleinen Kreis, ihre mehr als zehn Jahre ältere Partnerin dagegen ein öffentliches Fest, zu dem sie auch Journalisten einladen möchte. Die Zeitungen seien voller Eheschließungen Heterosexueller, jetzt müsse sich die Öffentlichkeit auch an Hochzeiten von Homosexuellen in der Presse gewöhnen, meint sie. Vor allem: Die Reform des Familienrechts ging so schnell, für konkrete Hochzeitspläne hatten sie gar keine Zeit:
"Bis 1978 wurde Homosexualität hier noch mit Gefängnis bestraft. Wir hatten nach der Franco-Diktatur einen enormen Durst nach Freiheit, in allen Bereichen, auch in der Sexualität. Spanien war ein sexuell so unterdrücktes Land, von der Katholischen Kirche beherrscht. Wir haben uns sehr schnell befreit, viele große Schritte auf einmal getan, und dabei andere Länder in Europa überholt. "
Seit der Abstimmung im Parlament bekommt Beatríz Anrufe von Bekannten aus Frankreich und Deutschland, die fragen, wie es ausgerechnet im katholischen Spanien so weit kommen konnte:
"Ich glaube, wir Homosexuelle haben das Ziel sehr deutlich definiert: Wir wollen nur die Eheschließung, keine Ersatzkonstrukte, Lebenspartnerschaften, Sozialregister. Die Volkspartei hatte uns das vor Jahren vorgeschlagen, wir haben sie gewarnt, wir würden dagegen auf die Straße gehen. In anderen europäischen Ländern sehen die Homosexuellen diese Lebenspartnerschaftsgesetze als ersten Schritt. Das ist es aber nicht, das ist eine Sackgasse. "
Am umstrittensten am neuen spanischen Familienrecht: Homosexuelle Paare dürfen auch Kinder adoptieren. Die katholische Kirche meint dagegen, Kinder würden in ihrer Entwicklung ohne einen Familienbezug zu beiden Geschlechtern Schaden nehmen. Spanische Kinderpsychologen sehen dies zwar anders. Doch unbestritten bleibt: Das spanische Parlament hat die Vorstellung von Familie mit dem neuen Recht vollkommen neu gestaltet. Beatríz Gimeno über die Pläne vieler lesbischer Paare:
"Wir haben hier auch ein sehr liberales Gesetz zur künstlichen Befruchtung. Auch viele deutsche Frauen lassen sich hier in Spezialkliniken befruchten. In anderen Ländern wird ein Vater verlangt, hier spielt er nur noch als Samenspender eine Rolle. Tausende von lesbischen Paaren haben schon Kinder. Die Kinder, die jetzt adoptiert werden sollen, leben schon mit uns. Zur legalen Mutter kommt einfach eine weitere Frau hinzu, mit der das legale Sorgerecht geteilt wird. "
Längst wird das Thema nicht so heiß debattiert, wie es in den Medien den Anschein hat. Nicht alle Abgeordneten der Volkspartei stimmten gegen das ab Juni gültige neue Gesetz. Ein Parlamentarier der Konservativen outete sich diese Woche. Und der ebenfalls konservative Madrider Bürgermeister Alberto Ruíz-Gallardón kündigt schon die ersten Eheschließungen von Homosexuellen im Rathaus an:
"Wenn ein Gesetz rechtskräftig ist, werden sämtliche Beamte, auch die in Madrid, dieses Gesetz anwenden. Das geht doch auch gar nicht anders. "
(Ein Beitrag von Hans-Günter Kellner)
Die Szene in Madrid ist durchlässig. Nur im Cogam, dem Verband der Betroffenen bleibt man unter sich. In dessen Kneipe sitzen Beatriz Gimeno und Boti Rodrigo und wissen plötzlich nicht mehr, ob sie jetzt, mit der Legalisierung der Ehe für Schwule und Lesben überhaupt noch heiraten sollen:
"Ich bin selbst überrascht. Es ist nicht das gleiche, zu sagen, man will heiraten, wenn es gar nicht geht. Oder man sagt, man will es, wenn es jetzt plötzlich möglich ist. Es scheint jetzt so einfach, aber jetzt wird auch deutlich: Heiraten, das ist schon etwas Ernstes. Wir müssen es uns überlegen. "
Die 43-jährige Beatríz Gimeno wünscht sich eine Feier im kleinen Kreis, ihre mehr als zehn Jahre ältere Partnerin dagegen ein öffentliches Fest, zu dem sie auch Journalisten einladen möchte. Die Zeitungen seien voller Eheschließungen Heterosexueller, jetzt müsse sich die Öffentlichkeit auch an Hochzeiten von Homosexuellen in der Presse gewöhnen, meint sie. Vor allem: Die Reform des Familienrechts ging so schnell, für konkrete Hochzeitspläne hatten sie gar keine Zeit:
"Bis 1978 wurde Homosexualität hier noch mit Gefängnis bestraft. Wir hatten nach der Franco-Diktatur einen enormen Durst nach Freiheit, in allen Bereichen, auch in der Sexualität. Spanien war ein sexuell so unterdrücktes Land, von der Katholischen Kirche beherrscht. Wir haben uns sehr schnell befreit, viele große Schritte auf einmal getan, und dabei andere Länder in Europa überholt. "
Seit der Abstimmung im Parlament bekommt Beatríz Anrufe von Bekannten aus Frankreich und Deutschland, die fragen, wie es ausgerechnet im katholischen Spanien so weit kommen konnte:
"Ich glaube, wir Homosexuelle haben das Ziel sehr deutlich definiert: Wir wollen nur die Eheschließung, keine Ersatzkonstrukte, Lebenspartnerschaften, Sozialregister. Die Volkspartei hatte uns das vor Jahren vorgeschlagen, wir haben sie gewarnt, wir würden dagegen auf die Straße gehen. In anderen europäischen Ländern sehen die Homosexuellen diese Lebenspartnerschaftsgesetze als ersten Schritt. Das ist es aber nicht, das ist eine Sackgasse. "
Am umstrittensten am neuen spanischen Familienrecht: Homosexuelle Paare dürfen auch Kinder adoptieren. Die katholische Kirche meint dagegen, Kinder würden in ihrer Entwicklung ohne einen Familienbezug zu beiden Geschlechtern Schaden nehmen. Spanische Kinderpsychologen sehen dies zwar anders. Doch unbestritten bleibt: Das spanische Parlament hat die Vorstellung von Familie mit dem neuen Recht vollkommen neu gestaltet. Beatríz Gimeno über die Pläne vieler lesbischer Paare:
"Wir haben hier auch ein sehr liberales Gesetz zur künstlichen Befruchtung. Auch viele deutsche Frauen lassen sich hier in Spezialkliniken befruchten. In anderen Ländern wird ein Vater verlangt, hier spielt er nur noch als Samenspender eine Rolle. Tausende von lesbischen Paaren haben schon Kinder. Die Kinder, die jetzt adoptiert werden sollen, leben schon mit uns. Zur legalen Mutter kommt einfach eine weitere Frau hinzu, mit der das legale Sorgerecht geteilt wird. "
Längst wird das Thema nicht so heiß debattiert, wie es in den Medien den Anschein hat. Nicht alle Abgeordneten der Volkspartei stimmten gegen das ab Juni gültige neue Gesetz. Ein Parlamentarier der Konservativen outete sich diese Woche. Und der ebenfalls konservative Madrider Bürgermeister Alberto Ruíz-Gallardón kündigt schon die ersten Eheschließungen von Homosexuellen im Rathaus an:
"Wenn ein Gesetz rechtskräftig ist, werden sämtliche Beamte, auch die in Madrid, dieses Gesetz anwenden. Das geht doch auch gar nicht anders. "
(Ein Beitrag von Hans-Günter Kellner)