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"Wir haben zwei gute Leute"

Der Vorsitzende der bayerischen SPD-Landtagsfraktion, Franz Maget, hat sich in der Diskussion um den SPD-Kanzlerkandidaten für eine Doppelspitze ausgesprochen. Bereits heute habe die Partei mit Beck als Vorsitzendem und Frank-Walter Steinmeier als Vizekanzler ein starkes Führungs-Duo.

Moderation: Jürgen Zurheide | 05.07.2008
    Jürgen Zurheide: Die SPD ist auf der Suche nach den verloren gegangenen Wählern. Wie kann man sie denn zurückgewinnen? Kann man sie überhaupt zurückgewinnen? Das ist eine der Fragen, die wir gleich erwägen wollen mit jemandem, der sich einer Wahl stellen muss, in Bayern: der bayrische Spitzenkandidat Franz Maget ist bei uns am Telefon und geht heute in seinen Landesparteitag. Guten Morgen, Herr Maget!

    Franz Maget: Guten Morgen, Herr Zurheide!

    Zurheide: Herr Maget, zunächst einmal – es gibt ja eine Umfrage in dieser Woche, die dürfte Sie erfreut haben. Demnach sagt die Forschungsgruppe Wahlen, dass die SPD bundesweit ein Potenzial – Sie achten auf den Begriff – von über 50 Prozent hat, fast soviel wie die CDU, allerdings nun dieses Potenzial nun wesentlich schlechter ausschöpft als die CDU. Was machen Sie denn da falsch? Oder ist die Umfrage falsch?

    Maget: Die Umfrage ist schon richtig, dass wir dieses Potenzial haben. Wir haben ja auch in Bayern ein wesentlich größeres Potenzial, als wir es beim letzten Mal ausschöpfen konnten. Ja, ich muss schauen, dass das dieses Mal besser gelingt, indem wir die Themen ansprechen, die die Menschen interessieren und zuversichtlich und frisch auf die Menschen zugehen. Ich glaube, das muss auch die Bundes-SPD wieder schaffen, weniger sich mit sich selbst beschäftigen, sondern über die Fragen und Probleme der Menschen zu reden.

    Zurheide: Nun wird aber weniger über die Themen geredet als vielmehr immer über Personen. Sie haben auch gerade noch mal eine Doppelspitze bei der SPD im Bund ins Spiel gebracht. Packt es Kurt Beck nicht mehr?

    Maget: Ja, Kurt Beck ist der Vorsitzende, und die Frage, die mir gestern gestellt wurde, war, wer soll Kanzlerkandidat werden. Und ich habe darauf geantwortet, wir haben zwei gute Leute, die gemeinsam jetzt dafür sorgen müssen, dass die SPD bundesweit wieder an Ansehen zurückgewinnt, und das ist Kurt Beck als Parteivorsitzender und Frank-Walter Steinmeier als Vizekanzler, und das halte ich auch für in Ordnung. Wenn die beiden gut kooperieren, dann kann das mit der SPD wieder deutlich aufwärts gehen.

    Zurheide: Wäre eine Entmachtung von Beck dann nicht ehrlicher?

    Maget: Das ist doch keine Entmachtung, sondern es ist eine Kooperation an der Spitze der Partei, und ich kenne ehrlich gesagt niemanden in der SPD, der Kurt Beck entmachten würde. Ich kenne aber viele, die die wirklich ganz schlimmen Botschaften über Kurt Beck für unfair und ungerecht empfinden. Und das geht mir genauso. Kurt Beck ist ein guter Ministerpräsident und er ist ein guter Parteivorsitzender, der manches, was über ihn geschrieben wird, ganz einfach nicht verdient hat.

    Zurheide: Jetzt kommen wir mal zu den Inhalten und zum Verhältnis zur Linken. Da könnte man ja auch sagen, Oskar Lafontaine ist immer schon da, wo Sie dann hinwollen. Laufen Sie der Linken zu sehr nach? Wolfgang Clement zum Beispiel beklagt das immer wieder. Oder spricht er da nicht mehr für die Partei?

    Maget: Ich kann das überhaupt nicht sehen. Wir suchen und haben einen Kurs auf dem Hamburger Parteitag gefunden, das war vor einigen Monaten. Dieser Kurs ist gut und er ist richtig, denn er hat im Auge die soziale Sicherheit der Menschen, vor allem auch die Stellung der Arbeitnehmer in dieser Gesellschaft. Wir wollen einen Mindestlohn durchsetzen zum Beispiel, wir wollen das Ausufern von Leih- und Zeitarbeit zurückdrängen, wir wollen die Altersteilzeit erhalten für einen flexiblen Übergang in die Rente. Das sind doch alles richtige Ziele. Und ich kann auch nicht erkennen, wo hier ein Nachlaufen nach der Linkspartei bestehen soll. Dort werden ja Ziele formuliert, die völlig unrealistisch sind, und die SPD muss immer darauf achten, realisierbare, machbare Wege vorzuschlagen. Das tun wir.

    Zurheide: Da gibt es aber wiederum den einen oder anderen – das ist dann die Kritik von der anderen Seite –, da gibt es die Besorgnis, dass die SPD immer zu sehr als großkoalitionäre Partei auftritt. Nehmen wir mal das Thema Steuersenkungen. Grade die CSU in Bayern ist da immer ganz stark voran und freut sich darüber, dass alle dieses Thema aufnehmen, und dann kommt der Steinbrück und sagt, das geht alles nicht. Besonders sexy ist das nicht, oder?

    Maget: Zuerst kommt mal die Bundeskanzlerin und sagt, das geht alles nicht, und das ist schon ein beachtliches Doppelspiel, das die CSU immer betreibt. Sie tut in Bayern so, als wäre sie in Berlin an der Regierung nicht beteiligt. Beim Beispiel Pendlerpauschale wird das besonders offenkundig. Dass es die Pendlerpauschale in der alten Form nicht mehr gibt, das haben die Arbeitnehmer der CSU zu verdanken! Sie hat darauf gedrängt, bei der Bildung der großen Koalition, dass die Pendlerpauschale eingeschränkt wird oder sogar abgeschafft werden sollte. Und jetzt so zu tun, als wäre man der Gralshüter der Pendlerpauschale – das ist einfach gelogen.

    Zurheide: Jetzt sind Sie aber ein Stück ausgewichen, denn auch Peer Steinbrück will die alte Pendlerpauschale ja auch nicht. Wie sehen Sie denn sein Wirken da? Ich habe gerade gesagt, besonders sexy wirkt das für SPD-Wähler auch nicht. Ist das richtig oder falsch?

    Maget: Na gut, wenn die Bundesregierung sich darauf verständigt, im Jahr 2011 einen ausgeglichenen Bundeshaushalt vorlegen zu wollen, der ohne Neuverschuldung auskommt, dann ist das, glaube ich, schon ein Ziel, das die Wählerinnen und Wähler gerne sehen und dass schon auch sexy ist. Dass der Finanzminister dann diesen Weg auch konsequent geht und durchsetzen will, das ist ja seine Aufgabe.

    Zurheide: Aber manchmal hat man den Eindruck, dass eben die Regierungspolitik und auch die großkoalitionäre Regierungspolitik für die SPD fast wichtiger ist als für die Union, wo ja eben die Spiele stattfinden, die Sie gerade beschrieben haben, zwischen CSU und CDU auf der anderen Seite. Müssten Sie da mehr auch als Partei nicht deutlich machen, was Sie anders wollen?

    Maget: Schauen Sie, in Bayern, um auch mal einen Satz über Bayern loszuwerden, haben wir ganz klare Positionen. Wir haben ganz klare Positionen zur Landespolitik, darum geht es ja auch bei der Landtagswahl, wir sagen aber auch zum Beispiel bei der Pendlerpauschale, wir wollen die Pendlerpauschale in der alten Form zurückhaben. Das sagen wir übrigens von Anfang an. Wir sind ein Flächenland, die Benzinpreise sind deutlich gestiegen, in Bayern müssen viele Arbeitnehmer weite Strecken zur Arbeit in Kauf nehmen, und deswegen sagen wir in Bayern seit vielen Jahren: Nehmt die Kürzung der Pendlerpauschale zurück. Geht zur alten Form zurück! Ich bin auch überzeugt davon, dass es dafür mittlerweile eine Mehrheit in der SPD-Bundestagsfraktion gibt.

    Zurheide: Wird denn darüber auch dann offen abgestimmt? Sehen Sie da eine Chance für?

    Maget: Wenn die Führung der großen Koalition das zulässt, dann wird darüber abgestimmt und dann gibt es auch eine Mehrheit dafür. Im Augenblick haben wir dieses noch nicht erreicht, weil im Augenblick die Situation folgendermaßen ist: Man will das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes in dieser Frage abwarten. Ich bedaure das, ich finde, man sollte sich jetzt schon positionieren.

    Zurheide: Das war Franz Maget, der SPD-Fraktionsvorsitzende und Spitzenkandidat für die bayrische Landtagswahl. Ich bedanke mich für das Gespräch! Danke schön, Herr Maget!