Dina Netz: Das Theater Oberhausen hat gestern 90. Geburtstag gefeiert, und so wie die Situation vieler Stadttheater im Moment ist kann man sich vorstellen, dass es kein rauschendes Fest war. Das Theater hatte nicht zu Torte oder Champagner eingeladen, sondern zu einem Symposium über die Zukunft des Theaters. Es kamen Intendanten, Dramaturgen, Journalisten und Wissenschaftler, um in drei Arbeitsgruppen über das deutsche Stadttheater zu debattieren.
Rita Thiele ist Chefdramaturgin am Schauspiel Köln, also an einem der zurzeit erfolgreichsten Theater, und sie hat gestern Abend bei der öffentlichen Abschluss-Podiumsdiskussion in Oberhausen mitdiskutiert. Ich habe Rita Thiele gefragt: Das Symposium war überschrieben mit "Die Zukunft des Theaters". Die Veranstalter gehen also auf jeden Fall davon aus, dass es eine solche gibt. Gehen Sie auch davon aus und wenn ja, wie wird die aussehen?
Rita Thiele: Eine große Frage, schwer, knapp darauf zu antworten. - Nein, natürlich glauben wir alle an die Zukunft des Theaters und wir kämpfen ja für die Zukunft des Theaters, und ich glaube, es war wirklich eine gelungene Veranstaltung, als sowohl in den Arbeitsgruppen, wie aber auch abends bei der Diskussion - ich nenne jetzt mal das große Wort - versucht wurde, visionär, also vorwärts zu denken. Da sind dann natürlich einige wichtige Stichworte gefallen.
Netz: Welche denn?
Thiele: Ja, zum Beispiel die Forcierung interkultureller Arbeit, die auf die demografische Entwicklung in Deutschland reagiert. Dann gehört dazu auch das Thema der internationalen Vernetzung der Theater, auch das eine Entwicklung, die ja nicht nur hier am Schauspiel Köln zu beobachten ist. Es saß gestern Abend ein Kollege aus Krakau auf dem Podium, der mit dem Theater in Oberhausen zusammenarbeitet. Zuletzt noch das Stichwort neue Formen des Theaters. Hier hat das deutsche Stadttheater, wie Stefanie Carp, die Wiener Festspieldirektorin, gestern Abend ausführte, ja auch viele Impulse aus der freien Szene bekommen. Also es war weniger gestern Abend ein Klagen über die bestehenden Probleme, sondern es war wirklich der Versuch, ein bisschen visionär zu denken.
Netz: Frau Thiele, das waren jetzt aber vor allem künstlerische Visionen, was ja für sie als Theaterleute auch erst mal das wichtigste ist. Wenn man im Moment über die Zukunft des Theaters spricht, dann spricht man aber häufig über die Finanzen und ob es überhaupt noch möglich sein wird, Stadttheater so flächendeckend zu finanzieren, wie das bisher in Deutschland der Fall ist. Wurde denn da auch über verschiedene Visionen oder Modelle gesprochen?
Thiele: Ja. Auf dem Podium abends könnte man sich natürlich vor allen Dingen auf Klaus Zehelein, den Präsidenten des Deutschen Bühnenvereins, verlassen und Dr. Christian Esch vom NRW-Kultursekretariat, die sich sehr konkret und mit Vehemenz für den Erhalt der ja weltweit einmaligen deutschen Theaterlandschaft einsetzen. Es hat ja Oberhausen eingeladen. Oberhausen ist natürlich eine der Kommunen, die finanziell gesehen mit dem Rücken an der Wand stehen, die ein wunderbar lebendiges, funktionierendes Stadttheater hat. Dieses Theater von Peter Carp und seinem Team wird in Oberhausen geliebt. Auch die kommunalen Politiker unterstützen dieses Theater. Auch der Bürgermeister von Oberhausen hat gestern gesprochen. Also die haben einen großen Rückhalt in der Stadt. Trotzdem gibt es diese Finanznot der Kommunen, die eigentlich nur gelöst werden kann, indem Bund und Länder da "einspringen" und diesen Städten weiterhin ermöglichen, ihr Stadttheater zu behalten.
Netz: Frau Thiele, nun steht das Schauspiel Köln im Moment künstlerisch bei Kritikern und Zuschauern blendend da. Haben Sie mal ein Rezept für ein Theater mit Zukunft?
Thiele: Nein, um Gottes Willen! Wir sind natürlich im Moment sehr glücklich und von daher sind wir auch natürlich hier sehr optimistisch und ich weiß nicht, ob unsere ja doch sehr erfreuliche Situation in Köln, was die Anerkennung unserer künstlerischen Arbeit anbelangt, uns auch zu einem gefährlichen Optimismus verführt. Aber wir machen ja hier in Köln auf vielen Gebieten und in vielen Kontakten die Erfahrung, dass ein Stadttheater sehr wohl einen wichtigen Platz im öffentlichen Raum, also auch in der öffentlichen Diskussion einnehmen kann.
Wie uns das gelungen ist, das jetzt im Einzelnen zu beschreiben, da ist sicherlich auch Theaterglück dabei, aber ich glaube, es hat damit zu tun, dass wir von Anfang an eigentlich in unserem Konzept und auch in unseren künstlerischen Konzepten versucht haben, uns sehr konkret mit dieser Stadt zu beschäftigen, also Stadttheater wirklich im guten alten Sinne zu verstehen als ein Unternehmen, was auch Themen, die in dieser Stadt, wenn Sie so wollen, auf der Straße liegen, aufgreift, also wirklich auf unser Publikum zuzugehen. Wir haben dann in Köln ein wunderbares Publikum gefunden, das uns sehr beflügelt hat in allen Anstrengungen, die wir unternommen haben, auch geduldig war manchmal bei sperrigeren Produktionen, die vielleicht nicht so euphorisch angenommen wurden wie andere. Ich habe kein Rezept für andere Theaterleute zu verteilen, um Gottes Willen. Wir sind ja jetzt nicht die Musterschüler hier der Nation. Aber ich glaube wirklich, dass die Ernsthaftigkeit, mit der man wirklich versucht, sehr konkret für eine Stadt Theater zu machen, dass die belohnt wird.
Rita Thiele ist Chefdramaturgin am Schauspiel Köln, also an einem der zurzeit erfolgreichsten Theater, und sie hat gestern Abend bei der öffentlichen Abschluss-Podiumsdiskussion in Oberhausen mitdiskutiert. Ich habe Rita Thiele gefragt: Das Symposium war überschrieben mit "Die Zukunft des Theaters". Die Veranstalter gehen also auf jeden Fall davon aus, dass es eine solche gibt. Gehen Sie auch davon aus und wenn ja, wie wird die aussehen?
Rita Thiele: Eine große Frage, schwer, knapp darauf zu antworten. - Nein, natürlich glauben wir alle an die Zukunft des Theaters und wir kämpfen ja für die Zukunft des Theaters, und ich glaube, es war wirklich eine gelungene Veranstaltung, als sowohl in den Arbeitsgruppen, wie aber auch abends bei der Diskussion - ich nenne jetzt mal das große Wort - versucht wurde, visionär, also vorwärts zu denken. Da sind dann natürlich einige wichtige Stichworte gefallen.
Netz: Welche denn?
Thiele: Ja, zum Beispiel die Forcierung interkultureller Arbeit, die auf die demografische Entwicklung in Deutschland reagiert. Dann gehört dazu auch das Thema der internationalen Vernetzung der Theater, auch das eine Entwicklung, die ja nicht nur hier am Schauspiel Köln zu beobachten ist. Es saß gestern Abend ein Kollege aus Krakau auf dem Podium, der mit dem Theater in Oberhausen zusammenarbeitet. Zuletzt noch das Stichwort neue Formen des Theaters. Hier hat das deutsche Stadttheater, wie Stefanie Carp, die Wiener Festspieldirektorin, gestern Abend ausführte, ja auch viele Impulse aus der freien Szene bekommen. Also es war weniger gestern Abend ein Klagen über die bestehenden Probleme, sondern es war wirklich der Versuch, ein bisschen visionär zu denken.
Netz: Frau Thiele, das waren jetzt aber vor allem künstlerische Visionen, was ja für sie als Theaterleute auch erst mal das wichtigste ist. Wenn man im Moment über die Zukunft des Theaters spricht, dann spricht man aber häufig über die Finanzen und ob es überhaupt noch möglich sein wird, Stadttheater so flächendeckend zu finanzieren, wie das bisher in Deutschland der Fall ist. Wurde denn da auch über verschiedene Visionen oder Modelle gesprochen?
Thiele: Ja. Auf dem Podium abends könnte man sich natürlich vor allen Dingen auf Klaus Zehelein, den Präsidenten des Deutschen Bühnenvereins, verlassen und Dr. Christian Esch vom NRW-Kultursekretariat, die sich sehr konkret und mit Vehemenz für den Erhalt der ja weltweit einmaligen deutschen Theaterlandschaft einsetzen. Es hat ja Oberhausen eingeladen. Oberhausen ist natürlich eine der Kommunen, die finanziell gesehen mit dem Rücken an der Wand stehen, die ein wunderbar lebendiges, funktionierendes Stadttheater hat. Dieses Theater von Peter Carp und seinem Team wird in Oberhausen geliebt. Auch die kommunalen Politiker unterstützen dieses Theater. Auch der Bürgermeister von Oberhausen hat gestern gesprochen. Also die haben einen großen Rückhalt in der Stadt. Trotzdem gibt es diese Finanznot der Kommunen, die eigentlich nur gelöst werden kann, indem Bund und Länder da "einspringen" und diesen Städten weiterhin ermöglichen, ihr Stadttheater zu behalten.
Netz: Frau Thiele, nun steht das Schauspiel Köln im Moment künstlerisch bei Kritikern und Zuschauern blendend da. Haben Sie mal ein Rezept für ein Theater mit Zukunft?
Thiele: Nein, um Gottes Willen! Wir sind natürlich im Moment sehr glücklich und von daher sind wir auch natürlich hier sehr optimistisch und ich weiß nicht, ob unsere ja doch sehr erfreuliche Situation in Köln, was die Anerkennung unserer künstlerischen Arbeit anbelangt, uns auch zu einem gefährlichen Optimismus verführt. Aber wir machen ja hier in Köln auf vielen Gebieten und in vielen Kontakten die Erfahrung, dass ein Stadttheater sehr wohl einen wichtigen Platz im öffentlichen Raum, also auch in der öffentlichen Diskussion einnehmen kann.
Wie uns das gelungen ist, das jetzt im Einzelnen zu beschreiben, da ist sicherlich auch Theaterglück dabei, aber ich glaube, es hat damit zu tun, dass wir von Anfang an eigentlich in unserem Konzept und auch in unseren künstlerischen Konzepten versucht haben, uns sehr konkret mit dieser Stadt zu beschäftigen, also Stadttheater wirklich im guten alten Sinne zu verstehen als ein Unternehmen, was auch Themen, die in dieser Stadt, wenn Sie so wollen, auf der Straße liegen, aufgreift, also wirklich auf unser Publikum zuzugehen. Wir haben dann in Köln ein wunderbares Publikum gefunden, das uns sehr beflügelt hat in allen Anstrengungen, die wir unternommen haben, auch geduldig war manchmal bei sperrigeren Produktionen, die vielleicht nicht so euphorisch angenommen wurden wie andere. Ich habe kein Rezept für andere Theaterleute zu verteilen, um Gottes Willen. Wir sind ja jetzt nicht die Musterschüler hier der Nation. Aber ich glaube wirklich, dass die Ernsthaftigkeit, mit der man wirklich versucht, sehr konkret für eine Stadt Theater zu machen, dass die belohnt wird.