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"Wir kämpfen mit ganzer Kraft"

Der griechische Wirtschaftsminister Michalis Chrysochoidis, zurzeit auf Deutschandbesuch, mahnt zur Solidarität. Sein Land leide unter einem Liquiditätsproblem. Sparen allein sei nicht der richtige Weg aus der Krise.

Von Brigitte Scholtes |
    Die Ursachen der aktuellen Probleme Griechenlands sind Michalis Chrysochoidis ganz klar. Mit dem Eintritt in die Europäische Union 1981 habe sein Land gern die Subventionen entgegengenommen, aber diese nur zum Konsum und nicht zu Investitionen verwendet. Mit dem Beginn der Europäischen Währungsunion habe sich diese Entwicklung verstärkt, Griechenland sei jetzt ein Importland. Und diese Entwicklung gelte es umzukehren. Das aber sei schwierig, wenn für die wirtschaftliche Entwicklung kein Geld mehr übrig sei, sagt der griechische Wirtschaftsminister:

    "Als Minister, der auch für Wachstum zuständig ist, sehe ich täglich, wie gesunde, dynamische Unternehmen den Markt verlassen, weil die Banken in Griechenland keine Kreditlinien mehr zur Verfügung haben. Das ist ein sehr großes Problem. Es quält mich, es quält die griechische Regierung, wie wir dieses Problem zumindest teilweise lösen können. Es ist für ein Land unmöglich, ein neues Wirtschaftsmodell zu schaffen, die dynamischen Exportunternehmen und die wettbewerbsfähigen Firmen zu unterstützen, wenn man auf der anderen Seite sieht, wie Unternehmen wegen Liquiditätsmangel aufgeben müssen."

    Chrysochoidis ist derzeit in Frankfurt, weil er mit der staatlichen Förderbank KfW über mögliche Unterstützung spricht: Die Griechen wollen ebenfalls eine Investitionsförderbank gründen, über die die Unternehmen mit Liquidität versorgt werden können. Dabei wollen sie vom Know-how der KfW profitieren. Hürden für Investoren habe die Regierung abgebaut, die Bürokratie verringert. Damit will sie auch ausländische Investoren anlocken. Griechenland strenge sich sehr an, die Forderungen der Troika zu erfüllen, meint der griechische Wirtschaftsminister:

    "Wir kämpfen mit ganzer Kraft, und das griechische Volk nimmt viele Opfer hin, damit unser Land überlebt. Das wird am Ende gelingen. Wir glauben, dass unsere europäischen Partner die endgültigen Entscheidungen treffen werden, die benötigen wir jetzt. Wir brauchen Solidarität. Wir brauchen aber auch Regeln, um eine neue Führung der Eurozone zu schaffen mit stabilen Regeln, die respektiert werden. Und wir brauchen natürlich Solidarität."

    Er sei zuversichtlich, dass das Land nicht erst in zehn, sondern schon in fünf Jahren die Krise überwinden könne. Doch dabei dürfe man nicht nur ans Sparen denken, da seien die Auflagen der Troika etwas hart:

    "Ich glaube, dass das wesentliche Problem Europas nicht nur das fiskalische ist. Es ist die Frage des Wachstums. Wachstum ist unsere Zukunft. Es ist überlebensnotwendig für die Menschen. Denn wir müssen für unsere jungen Leute, die stark von Arbeitslosigkeit betroffen sind, neue Jobs schaffen. Denn wir glauben, dass Wohlstand Ergebnis von Wachstum ist."

    Die Griechen täglich zu drängen, ihre Verpflichtungen zu erfüllen, sei nicht fair, meint der Minister. Vor allem aus Deutschland kommen solche Mahnungen. Dennoch sieht er keine anti-deutsche Stimmung im Land:

    "Ich kann Ihnen versichern, dass es keine antideutschen Gefühle in Griechenland gibt. Das Gegenteil ist der Fall. Wir Griechen sehen Deutschland als freundliches Land. Seit Jahrzehnten arbeiten Hunderttausende Griechen in Deutschland. Millionen Deutsche reisen als Touristen nach Griechenland. Niemand in Griechenland schafft oder kultiviert ein solches Klima."

    Ein Austritt aus der Währungsunion komme für Griechenland nicht in Frage, sagt er und verwies dabei auf mögliche Ansteckungseffekte.