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Wir können auch lustig

Rudi Carell hat es mit der Tages-Show vorgemacht. Nach 28 Jahren zieht das ZDF nach und versucht sich an einer monatlichen Polit- und Mediensatire im Gewand einer Nachrichtensendung. Die meisten Kritiken waren wohlwollend - doch die Sendung ist, vorsichtig ausgedrückt, ausbaufähig.

Von Klaus Deuse | 30.05.2009
    Wer sich auf der Mattscheibe noch immer über die Allgegenwart von Johannes B. Kerner wundert, der hat Oliver Welke einfach noch nicht wahrgenommen. Ob bei Pro7, SAT 1, RTL oder Premiere - irgendwo taucht Welke immer auf. Mal als Sportmoderator, mal als mäßiger Comedian und nun beim ZDF als Präsentator eines als kess angekündigten Politainmant-Formats. Der "heute show", mit der der vermeintliche Kukident-Sender jüngere Zuschauer gewinnen will. Mit dem erklärten Vorsatz, Selbstironie zu beweisen. Und die kommt dann zum Thema Nordkorea und atomarer Aufrüstung mit einer kasperigen Korrespondenten-Nummer so daher:

    "Hat die Gefahr eines Krieges zwischen Nord- und Südkorea seitdem tatsächlich zugenommen? Na gut, alles Mögliche hat zugenommen. Wenn ich mir Sie so ankucke? Haha, Spaß muss sein, sprach Wallenstein."

    Eine deutsche TV-Polit-Comedy ist kein leichtes Unterhaltungs-Unterfangen. Also kämpfen Welke und Co auch unterhalb der Geschmacksgrenze um Lacher.

    "Im Ernst jetzt, die Situation hier unten bei den Schlitzis ist natürlich alles andere als komisch."

    Aber auch hierzulande läuft nicht es nicht wie geschmiert: Wie etwa das Ringen um Opel. Da machen Welke und ein angeblicher Außenmoderator vor dem Bochumer Werk aber so was von forsch auf puppenlustig, dass die Satire völlig in die Hose geht:

    "Die Lage ist gar nicht ernst...Gerade eben lässt sich Frank-Walter Steinmeier im Bikini auf der Kühlerhaube des neuen Opel-Astra fotografieren. Das soll die Attraktivität der Marke steigern."

    Richtig lustig ist nun mal nicht leicht. Schon gar nicht im deutschen Geschichtsrückblick:

    "Früher, wenn im Kreuzworträtsel stand, Pauschalreise mit 14 Buchstaben, da haben die meisten Deutschen doch geschrieben: Einmarschieren."

    Natürlich kann das ZDF nicht das Urheberrecht für die "heute show" reklamieren, denn mit der "Tages-Show" im Ersten hat Rudi Carel schon vor Jahren Maßstäbe gesetzt. Ohne für einen angekündigten Publikums-Brüller bei einem Politiker unter die Gürtellinie gehen zu müssen:

    "Guttenberg jedenfalls, der Gustav Gans der deutschen Politik, hat etwas Unerhörtes gesagt.... Geordnet in die Insolvenz gehen, das klingt für mich ungefähr so logisch wie sich mal romantisch die Hämorrhoiden veröden zu lassen."

    Und ostdeutsche Dorf-Deppen mit einer Freirunde Schnaps dazu zu bringen, auf 60 Jahre Grundgesetz anzustoßen, das ist auch kein Meisterstück. Beim Politainmant sollte das feingeschliffene Panier zum Einsatz kommen, und nicht der verbale Schlaghammer:

    "Bevor die Roten und die Grünen was von Sicherheitspolitik verstehen, da gewinnt ja eher Claudia Roth bei Germanys Next Topmodel."

    Doch mitunter erreicht die "heute show" ihr Klassenziel. Jedenfalls bei der Entlarvung geheuchelter Polit-Aussagen im Superwahljahr wie es gäbe keinen Lagerwahlkampf.

    "CDU/CSU und FDP gegen den Rest, ist Lagerwahlkampf. Jeder mit jedem, das ist Swingerclub."

    Im Endeffekt genügt die genüssliche Sezierung des so gesagten, aber nicht gemeinten Politiker-Wortes. Da muss sich Moderator Welke nicht erst in deren gedanklichem Hämorrhoiden-Bereich austoben. Im Prinzip verfügt die "heute show" über jede Menge ausschlachtbares Lach-Futter. Sagen wir es mal so: fatalerweise für mehr als nur einmal im Monat. Mit einer Einschaltquote von fast 16 Prozent ist jedenfalls großer Appetit vorhanden. Schade, dass die ZDF-Köche Rudi Carel nicht mehr nach der passenden Würzmischung fragen können.