Klaus Wenzel, Präsident des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes, hält ein dünnes Heftchen in die Höhe:
"Schauen Sie mal her. Sehen Sie, wie dick das ist? Das ist der Lehrplan für Schüler und Jugendliche von ein bis 16 Jahren in Schweden. Damit kommt schwedische Schule aus."
Und mit so wenig Stoff sollen auch bayerische Gymnasien in Zukunft auskommen, wenn es nach BLLV-Präsident Wenzel geht. Spätestens seit der Einführung des G8, also des Abiturs in acht statt neun Schuljahren am Gymnasium, seien Schüler und Lehrer in Bayern mit zu viel Lehrstoff überfordert:
"Wir müssen den Lehrplan entschieden kürzen. Es geht nicht um eine Straffung, sondern darum, dass wir uns verabschieden müssen von der Vielfalt der Fächer. Viel wichtiger ist eine Vielfalt der Themen."
In der zehnten Klasse eines bayerischen Gymnasiums haben die Schüler bisweilen 16 verschiedene Fächer bei 34 Wochenstunden. Das alles in einem 45-Minuten-Rhythmus mit ständig wechselnden Lehrern – und mit fragwürdigen Themen, sagt Fritz Schäffer, selbst Geschichtslehrer und Leiter der Abteilung Schulpolitik des BLLV:
"Wir machen in der sechsten Klasse die 'attische Demokratie' mit den Schülern. Die noch gar nicht wissen, wie bei uns Demokratie funktioniert. Das sind Schüler, die noch nicht zum abstrakten Denken befähigt sind. In der sechsten Klasse. Das sind Elf- bis Zwölfjährige. Das lernen die alles auswendig. Aber verstehen tun sie es nicht. Und wenn sie was verstehen, dann verstehen sie es falsch."
Der bayerische Lehrerinnen- und Lehrerverband will die Inhalte der gymnasialen Lehrpläne dem Alter der Schüler anpassen – orientiert an entwicklungspsychologischen Erkenntnissen. Denn bisher sei Bildung am Gymnasium zu häufig ein stupides Pauken von Inhalten, die die Schüler nach einer Klausur sofort wieder vergessen würden, sagt Schäffer. Er nennt das Bulimie-Wissen:
"Normalerweise vergessen Schüler das angehäufte Wissen sehr schnell. Das gilt für die Sachfächer, und das gilt für die Fächer im naturwissenschaftlichen Bereich. Schüler sitzen da und nicken, aber es bleibt nicht die Zeit, dass sie sich selbst Lösungsstrategien überlegen. Dass sie sich intensiv damit beschäftigen."
Deshalb plädiert der BLLV in manchen Fächern für eine Halbierung des Stoffes. Das geht dem bayerischen Kultusministerium viel zu weit. Sprecher Ludwig Unger:
"50 Prozent reduzieren? Das würde ja heißen, dass die Lehrpläne, die von Experten, von Lehrkräften vor Ort gemacht und mitgestaltet wurden, dass die absurd wären. Das kann ich nicht nachvollziehen. Fächer einfach zu reduzieren im Sinne von: Die gibt es dann nicht mehr – das kann man leicht fordern. In der Praxis wird man aber feststellen, dass die Fächer durchaus ihre Berechtigung haben. Insofern: Forderungen aufstellen ist das eine, das andere ist es, Gymnasium realistisch zu gestalten. Das muss man den Leuten überlassen, die das täglich in der Praxis machen."
Bayerns Kultusminister Spaenle hat angekündigt, er wolle die Ergebnisse einer Evaluation unter rund 10.000 bayerischen Lehrkräften dazu nutzen, die Lehrpläne innerhalb kurzer Zeit leicht zu überarbeiten. Den großen Reformwurf aber, den solle es erst später geben – mit dem sogenannten Lehrplan plus:
"Das heißt, einen stärker kompetenz-orientierten Lehrplan, der mit den Praktikern und Lehrkräften vor Ort in einem Zeitraum von zweieinhalb bis drei Jahren erstellt wird. Dieser Lehrplan wird stärker auf Kompetenzen als auf Wissensvermittlung zielen. Da lassen wir uns viel Zeit. Da arbeiten wir die Anregungen der Evaluation ein. Aber da werden wir auch Erfahrungen anderer Art und wissenschaftliche Erkenntnisse mit hineinnehmen."
Ob das auch wesentliche Forderungen des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes umfasst, lässt Unger offen. Der BLLV ist einer der härtesten Kritiker des bayerischen Kultusministers Ludwig Spaenle. Präsident Wenzel fürchtet in Sachen Lehrplanreform Flickschusterei des Kultusministeriums. Die Einführung des G8, so Wenzel, sei die Chance gewesen, ein zeitgemäßes Konzept durchzusetzen. Sie sei vertan worden. Nun wartet er gespannt auf den angekündigten "Lehrplan plus" - und fordert:
"Das bayerische Gymnasium muss wieder eine attraktive und anspruchsvolle Einrichtung werden, die alle Schüler altergerecht fordert und bildungsgerecht fördert."
Und das, so der BLLV-Präsident, sei nur möglich mit deutlich verbesserter Personalausstattung. Im Klartext: mit mehr Lehrern an Bayerns Gymnasien.
"Schauen Sie mal her. Sehen Sie, wie dick das ist? Das ist der Lehrplan für Schüler und Jugendliche von ein bis 16 Jahren in Schweden. Damit kommt schwedische Schule aus."
Und mit so wenig Stoff sollen auch bayerische Gymnasien in Zukunft auskommen, wenn es nach BLLV-Präsident Wenzel geht. Spätestens seit der Einführung des G8, also des Abiturs in acht statt neun Schuljahren am Gymnasium, seien Schüler und Lehrer in Bayern mit zu viel Lehrstoff überfordert:
"Wir müssen den Lehrplan entschieden kürzen. Es geht nicht um eine Straffung, sondern darum, dass wir uns verabschieden müssen von der Vielfalt der Fächer. Viel wichtiger ist eine Vielfalt der Themen."
In der zehnten Klasse eines bayerischen Gymnasiums haben die Schüler bisweilen 16 verschiedene Fächer bei 34 Wochenstunden. Das alles in einem 45-Minuten-Rhythmus mit ständig wechselnden Lehrern – und mit fragwürdigen Themen, sagt Fritz Schäffer, selbst Geschichtslehrer und Leiter der Abteilung Schulpolitik des BLLV:
"Wir machen in der sechsten Klasse die 'attische Demokratie' mit den Schülern. Die noch gar nicht wissen, wie bei uns Demokratie funktioniert. Das sind Schüler, die noch nicht zum abstrakten Denken befähigt sind. In der sechsten Klasse. Das sind Elf- bis Zwölfjährige. Das lernen die alles auswendig. Aber verstehen tun sie es nicht. Und wenn sie was verstehen, dann verstehen sie es falsch."
Der bayerische Lehrerinnen- und Lehrerverband will die Inhalte der gymnasialen Lehrpläne dem Alter der Schüler anpassen – orientiert an entwicklungspsychologischen Erkenntnissen. Denn bisher sei Bildung am Gymnasium zu häufig ein stupides Pauken von Inhalten, die die Schüler nach einer Klausur sofort wieder vergessen würden, sagt Schäffer. Er nennt das Bulimie-Wissen:
"Normalerweise vergessen Schüler das angehäufte Wissen sehr schnell. Das gilt für die Sachfächer, und das gilt für die Fächer im naturwissenschaftlichen Bereich. Schüler sitzen da und nicken, aber es bleibt nicht die Zeit, dass sie sich selbst Lösungsstrategien überlegen. Dass sie sich intensiv damit beschäftigen."
Deshalb plädiert der BLLV in manchen Fächern für eine Halbierung des Stoffes. Das geht dem bayerischen Kultusministerium viel zu weit. Sprecher Ludwig Unger:
"50 Prozent reduzieren? Das würde ja heißen, dass die Lehrpläne, die von Experten, von Lehrkräften vor Ort gemacht und mitgestaltet wurden, dass die absurd wären. Das kann ich nicht nachvollziehen. Fächer einfach zu reduzieren im Sinne von: Die gibt es dann nicht mehr – das kann man leicht fordern. In der Praxis wird man aber feststellen, dass die Fächer durchaus ihre Berechtigung haben. Insofern: Forderungen aufstellen ist das eine, das andere ist es, Gymnasium realistisch zu gestalten. Das muss man den Leuten überlassen, die das täglich in der Praxis machen."
Bayerns Kultusminister Spaenle hat angekündigt, er wolle die Ergebnisse einer Evaluation unter rund 10.000 bayerischen Lehrkräften dazu nutzen, die Lehrpläne innerhalb kurzer Zeit leicht zu überarbeiten. Den großen Reformwurf aber, den solle es erst später geben – mit dem sogenannten Lehrplan plus:
"Das heißt, einen stärker kompetenz-orientierten Lehrplan, der mit den Praktikern und Lehrkräften vor Ort in einem Zeitraum von zweieinhalb bis drei Jahren erstellt wird. Dieser Lehrplan wird stärker auf Kompetenzen als auf Wissensvermittlung zielen. Da lassen wir uns viel Zeit. Da arbeiten wir die Anregungen der Evaluation ein. Aber da werden wir auch Erfahrungen anderer Art und wissenschaftliche Erkenntnisse mit hineinnehmen."
Ob das auch wesentliche Forderungen des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes umfasst, lässt Unger offen. Der BLLV ist einer der härtesten Kritiker des bayerischen Kultusministers Ludwig Spaenle. Präsident Wenzel fürchtet in Sachen Lehrplanreform Flickschusterei des Kultusministeriums. Die Einführung des G8, so Wenzel, sei die Chance gewesen, ein zeitgemäßes Konzept durchzusetzen. Sie sei vertan worden. Nun wartet er gespannt auf den angekündigten "Lehrplan plus" - und fordert:
"Das bayerische Gymnasium muss wieder eine attraktive und anspruchsvolle Einrichtung werden, die alle Schüler altergerecht fordert und bildungsgerecht fördert."
Und das, so der BLLV-Präsident, sei nur möglich mit deutlich verbesserter Personalausstattung. Im Klartext: mit mehr Lehrern an Bayerns Gymnasien.