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"Wir sind ganz gut gerüstet"

Der ehemalige Polizeichef Winrich Granitzka ist beim Weltjugendtag in Köln für die Sicherheit der Teilnehmer zuständig. Trotz aller nötigen Vorsichtsmaßnahmen will er ein fröhliches Fest der Jugend ermöglichen und keine "Polizeifestspiele" veranstalten. Sorgen bereitet ihm vor allem die Wetterlage am kommenden Samstag, wenn 800.000 Besucher auf dem Marienfeld vor Köln unter freiem Himmel mit Papst Benedikt XVI. feiern.

Moderator: Elke Durak |
    Elke Durak: Wie sicher ist der Weltjugendtag? Ist das eine unschickliche Frage an diesem Tag, wo der Weltjugendtag beginnt? Nein, eigentlich nicht, denn um die vielen Tausend Pilger muss man sich kümmern und das tut Winrich Granitzka, er ist Sicherheitschef des Weltjugendtages und als ehemaliger Polizeichef in Köln hat er schon mal zwei Papsbesuche erlebt und mitorganisiert, den Weltwirtschafts- und einen EU-Gipfel. Der Weltjugendtag aber sollte vielleicht doch ein ganz klein wenig anders werden, sehr viel spontaner. Dazu wollen wir jetzt mehr von ihm wissen, schönen guten Morgen, Herr Granitzka.

    Winrich Granitzka: Guten Morgen, Frau Durak.

    Durak: Einen Papst hinter Panzerglas werde es nicht geben, das hat der Bundesinnenminister wissen lassen, Benedikt XVI. sei kontaktfreudig und offen und ein Attentat auf ihn passe außerdem nicht in das Propagandabild islamistischer Terroristen. Das ist ziemlich viel Gottvertrauen. Sind Sie auch für die Sicherheit des Papstes zuständig oder andere?

    Granitzka: Wir sind für die Sicherheit des Papstes und der gesamten Pilgerschaft zuständig, aber den Schutz des Papstes unmittelbar übernimmt zunächst mal seine Schweizer Garde und seine päpstliche Gendarmerie. Das sind hoch trainierte Leute und dann im gleichen Ring das Bundeskriminalamt, das dann um den Papst herum ist, und dann kommen noch die Landespolizei und dann kommt die Security.

    Durak: Und die stehen alle vor dem Papst?

    Granitzka: Ja, also, ich hoffe nicht alle vor dem Papst und ihm nicht im Weg rum, sondern es soll wirklich so sein, dass es hier keine Polizeifestspiele oder Securityfestspiele, sondern ein wirklich fröhliches Fest der Jugend und der Papst hat ausdrücklich gewünscht und sein Reisemarschall hat uns das immer wieder deutlich gemacht, dass der Papst sich eben nicht in eine Käseglocke begeben will und zu den Menschen kommen will. Und das drückt sich in vielerlei Weise aus, zum Beispiel in der Breite der Absperrgitter, die aufgestellt sind, wenn er einen Weg nimmt und der ist sehr eng. Natürlich wird dafür gesorgt, dass die Leute, die ihm nahe kommen vorher doch einigermaßen von der Polizei gecheckt sind.

    Durak: Man hört ja sehr vieles im Vorfeld solcher Ereignisse, da werden Gullydeckel zugenagelt oder -genietet und vieles andere mehr, den Himmel können Sie aber nicht zunähen und es regnet in Köln seit einiger Zeit, vielleicht auch noch weiter. Was heißt das für Sie?

    Granitzka: Es hat mich schon ein bisschen beunruhigt, um ehrlich zu sein, heute Nacht der Dauerregen, weil das Feld natürlich nicht besser wird. Es ist ein Tagebau, der aufgeschüttet ist und gestern waren die Wege schon ziemlich matschig. Aber ich hoffe, dass die Wetterberichte so stimmen, dass es bald sonnig wird und trocken und dass wir vor allen Dingen keine Gewitterlage bekommen mit Hagel und so was, das wäre für die Menschen auf dem Feld, die in der Nacht dort bleiben, auch die jungen Menschen mit ihren Isomatten ohne Dach über dem Kopf, wäre das wirklich nicht gut, es könnte auch gefährlich werden.

    Durak: Das heißt auf dem Marienfeld und über dieses sprechen Sie ja im Augenblick da halten sich jetzt schon junge Leute auf und schlafen dort?

    Granitzka: Nein, noch nicht, erst wenn die Vigil beginnt, das heißt Samstagnacht, und bis dann haben wir ja noch eine hoffentlich positive Wetterentwicklung vor uns. Aber dann werden sie, etwa 500.000, auf dem Feld übernachten mit ihren Isomatten und Schlafsäcken.

    Durak: Worauf richten Sie sich zwangsläufig ein ohne irgendwelche schlimmen Fälle vorherzusagen?

    Granitzka: Also, wir haben ein ganzes Szenario durchgespielt. Wir haben daraufhin nach der Analyse bestimmte Maßnahmen getroffen, diese Maßnahmen sind mit der Polizei abgestimmt worden, sie sind mit den Ordnungsbehörden abgestimmt worden, auch Teil des Bauantrages und damit genehmigt worden. Wir haben aber zusätzlich auf dem Marienfeld zum Beispiel, aber auch ab heute hier in Köln bei den verschiedenen Veranstaltungen viele Unfallhilfsstellen eingerichtet. Auf dem Marienfeld sind es 45 Unfallhilfsstellen, jeweils mit Ärzten und Rettungssanitätern besetzt, darüber oder danach kommen die Rettungsmittel des Rettungsdienstes der Feuerwehr, dann des Katastrophenschutzes des Innenministeriums, das sich dort auch sehr engagiert hat. Also ich glaube, wir sind ganz gut gerüstet darauf und wir haben uns vorbereitet. Sollte ein Unwetter aufziehen, eine Hagelschlag, die Menschen zu warnen, wir haben entsprechende Warntexte ausgearbeitet auch für die Moderatoren, wir haben die Security darauf vorbereitet, dass dann die Menschen zum Beispiel von den stählernen Masten, die dort sind, wo die Tonträger dran sind, wo die Scheinwerfer dran sind oder aber die Videowalls, wie man sagt, also die Bildwände wegnehmen, damit bei einem Blitzeinschlag nicht Leute verletzt werden oder gar eine Panik entstehen könnte.

    Durak: Ich habe es eingangs erwähnt, Sie haben Erfahrungen mit großen Gipfeln, nun ist der Weltjugendtag ein anderer, er lebt von der Spontaneität der jungen Leute auch oder ist alles so durchorganisiert, dass wenig Freiraum für eigene Aktivität bleibt?

    Granitzka: Nein, das können Sie überhaupt nicht und das war auch nie so geplant. Die großen Massenveranstaltungen musste man natürlich in eine bestimmte Richtung bringen, aber es sind 500 Veranstaltungen, die den jungen Leuten angeboten werden, da kann man sehr kreativ sein. Das sind nicht nur die großen Veranstaltungen, sondern es sind auch kleinere Zirkel, in denen man singen, beten, theaterspielen kann, also es gibt "Culture and The City". Es gibt so viele Angebote, wo man ganz kreativ sein kann und ich denke, die Spontaneität der jungen Leute, ihre Fröhlichkeit, wird hier ein Markenzeichen werden neben der ja auch sicher drangvollen Enge, die es da in der Stadt geben wird.