Dienstag, 23. April 2024

Archiv


"Wir sind handlungsunfähig"

In Köln wird um die Finanzen der Oper gestritten. Der Rat der Stadt Köln hatte dem Haus die Aufnahme von Krediten in Millionen Höhe genehmigt, doch der finanzielle Rahmen für die Opernspielzeit 2012/13 sei mitnichten geklärt, sagt Intendant Uwe Eric Laufenberg. Er droht offen mit der Absage der Spielzeit.

Uwe Eric Laufenberg im Gespräch mit Karin Fischer | 18.04.2012
    Karin Fischer: Gestern schien die Oper Köln gerettet: die Bühnen der Stadt dürfen, so war zu lesen, Kredite von bis zu sechs Millionen Euro aufnehmen, um den Spielbetrieb zu sichern. Das habe der Hauptausschuss des Kölner Rats so beschlossen. Heute kommt eine Nachricht mit ziemlich viel Sprengkraft. Der finanzielle Rahmen für die Opernspielzeit 2012/13 sei mitnichten geklärt, sagt Intendant Uwe Eric Laufenberg, und er geht noch weiter: Durch die vorgestern gefassten Beschlüsse stehe die Absage der Spielzeit im Raum. Tatsächlich wäre Köln die erste deutsche Stadt, die seit dem Krieg eine komplette Theatersaison absagt.
    Den Intendanten Uwe Eric Laufenberg habe ich vor der Sendung gebeten, uns diesen Widerspruch zwischen dem Geldsegen und der Absage zu erklären.

    Uwe Eric Laufenberg: Der Widerspruch ist schwer zu erklären, weil viele, die da beschlossen haben, anscheinend auch sehr unsicher sind, was sie denn da beschlossen haben. Ich brauchte gestern einen ganzen Tag Recherche, um herauszufinden, warum wir nun weiterhin keine Verträge unterzeichnen können, und es stellte sich heraus, dass die Kämmerei einen Zusatz zu diesem Beschluss haben wollte (Nummer zwei), wofür nämlich dieser Kredit ausgegeben werden darf, und da war ziemlich genau dargelegt, dass es sich um die Spielzeit _12/_13 und um den künstlerischen Etat handelt. Diesen hat aber die Politik, rot-grüne Politik, eine Minute vor dem Beschluss wieder herausgenommen und jetzt ist die Kämmerei der Auffassung, dass unser Geschäftsführer Wasserbauer das so nicht unterschreiben kann. Sie versucht es aber, mit der Bezirksregierung zu klären, ob der Herr Wasserbauer, der Geschäftsführer, Verträge zeichnen kann aus diesen Krediten, und man sagt, morgen würde man uns das sagen.

    Fischer: Herr Laufenberg, bevor wir jetzt in die Einzelheiten dieser Kameralistik einsteigen – mit harten Bandagen wird in Köln schon länger gefochten. Diese Verhandlungen sind zäh und laufen seit Monaten. Die Absage einer ganzen Spielzeit aber ist eine ernsthafte Drohung, ernsthafter noch vielleicht, als als Intendant hinzuschmeißen, womit Sie auch schon gedroht haben. Warum diese erneute Eskalation und wie ernst ist es Ihnen damit?

    Laufenberg: Wir sind handlungsunfähig. Wir können sozusagen das, was wir an Spielplan am 24. April vorstellen wollten, einfach nicht vorstellen. Am 24. April sollte der Verkauf losgehen. Ich habe seit Mai 2010 versucht, auf diese Problematik hinzuweisen, aber die Politik macht im Moment immer zwischen Verwaltung und Politik, dass sie sich die Bälle wieder zuspielen, damit sie sie nicht behandeln müssen. Und man muss deutlich sagen: die rot-grüne Regierung ist der Hauptmotor davon, sich dieses Problems, was nun immer weiter auf den Nägeln brennt, weil ja diese Terminnot einer Spielplankonferenz, eines verkaufen müssens, eines Abosystems und so weiter nun kommt, zu entziehen.

    Fischer: Die Frage existiert ja schon lange auch für die Kölner kulturinteressierte Bevölkerung, wer eigentlich da seine Hausaufgaben nicht macht. Sie fordern seit Langem auch mehr Geld, überhaupt für die Oper in Köln. Der Rat der Stadt behauptet nun, es läge ihm gar kein konkreter Wirtschaftsplan vor, und der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Jörg Frank, nahm das zum Anlass, um vorgestern zu behaupten, das Ding wird geführt wie eine Frittenbude. Dass die Verhältnisse kompliziert sind, ist ja klar. Was muss denn passieren, damit dieses peinliche Endergebnis jetzt zu einem guten führt?

    Laufenberg: Es hätte schon längst passieren müssen, dass die Verwaltung es schafft, der Politik etwas wie einen Wirtschaftsplan vorzulegen, damit sie abstimmen können. Aber in Wirklichkeit passiert das immer folgendermaßen: Wir geben unseren Wirtschaftsplan, die Verwaltung legt ihn aber der Politik nicht vor, weil die Politik ihn heimlich liest und sagt, wir sind damit nicht einverstanden, darüber stimmen wir nicht ab.

    Fischer: Ist es denn vielleicht so, dass die eigentliche Frage, die hier geklärt werden muss, lautet: Was für eine Oper will Köln? Sie wollen seit Langem in Richtung erste Liga, der Rat sieht das vielleicht nicht als Notwendigkeit an. Wann wird denn inhaltlich diskutiert?

    Laufenberg: Ja das wird leider auch überhaupt nicht gemacht. Man müsste nämlich mit der Behauptung, dass wir eine Luxusoper oder Weltoper, oder was da erzählt wird, wären, gründlich aufräumen. Wir gehen mit dem wenigsten Budget um, was einer Größe dieses Instituts und einer Größe dieser Stadt angemessen ist. Sie sind ja da auch in Tarifen drin. Also wir sind in einem Gefüge, wo wir mit fixen Kosten rechnen, und wenn dann das Geld, was wir haben, unter den fixen Kosten liegt und ein mir in meinen Vertrag geschriebener künstlerischer Etat überhaupt in keinster Weise mehr zur Verfügung steht, ist es also keine Diskussion, wollen wir eine Weltoper, leisten wir uns Weltstars, leisten wir uns teuere Regisseure und teuere Bühnenbilder, sondern wir machen es mit den geringst möglichen Mitteln.

    Fischer: Aber Herr Laufenberg, die Probleme, die Sie haben, haben zig andere Opern in Deutschland auch. Warum ist es in Köln notwendig, dass alles sozusagen immer und permanent als Drohkulisse über die Öffentlichkeit gespielt wird? Was macht Ihren Fall zu einem besonderen?

    Laufenberg: Die Kulturpolitik in Köln beschäftigt sich nur über die Öffentlichkeit – leider. Ich kann es gar nicht anders sagen. Darüber hinaus ist auch festzustellen: Es ist wahrscheinlich doch so, dass etliche in der Politik überhaupt die Sinnhaftigkeit von Oper mittlerweile infrage stellen. Es ist ja auch eine gesellschaftliche Diskussion. Es gab ja jetzt ein Buch, wie viel Kultur brauchen wir, von Kulturinfarkt wird da geredet. In Köln scheint es mir aber so zu sein, dass viele, auch wenn man den Bauzustand dieses Hauses ansieht, doch letztendlich mit dem Gedanken spielen, wollen wir mal gucken, wann da die oder der die Nerven verliert, um das Ding zu schleifen.

    Fischer: Uwe Eric Laufenberg war das zur im Moment jedenfalls weiter unsicheren Lage der Kölner Oper.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.