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"Wir werden weiterkämpfen"

Am 17. Mai veranstaltet das Bundesbildungsministerium eine Nationale Bologna-Konferenz in Berlin und reagiert damit auch auf die Proteste gegen die Bildungsreform vom vergangenen Jahr. Studierende befürchten jedoch eine Verwässerung ihrer Kritik und organisieren deshalb einen Gegengipfel.

Von Franziska Rattei | 12.05.2010
    Hunderttausende Studierende und Schüler protestierten im vergangenen Jahr gegen die Bologna-Reform und generell gegen die Umstände im derzeitigen Bildungssystem. Wochenlang hielten die Demonstranten Hochschulen, Rektoren und Bevölkerung in Atem. Ein Erfolg, findet Jörg Rosteck, Bildungsstreik-Aktivist:

    "Der bundesweite Bildungsstreik im Jahr 2009 hat zwei große Ziele erreicht. Das erste Ziel ist, dass das Thema Bildung sehr breit in die Allgemeinheit getragen wurde und es wurde ein Bildungsproblembewusstsein geschaffen, das viele Menschen zum Nachdenken gebracht hat."

    Das Bild des unpolitischen Jugendlichen hat sich mit den Bildungsstreiks verflüchtigt - sagt er. Und wirkt dabei ernst und ernst zu nehmend. Allein ein kleiner Fleck am Revers und das bunte T-Shirt unterm schwarzen Sakko erinnern daran, dass er noch Student ist. Ebenso wie seine Sitznachbarin, Luci Wagner. Sie studiert an der Humboldt-Universität Berlin und organisiert am kommenden Montag - parallel zur nationalen Bologna-Konferenz - einen Gegengipfel.

    "Es ist als eine Analyse und Auswertung des Gipfels zu verstehen. Und warum wir überhaupt dazu gekommen sind, ist einfach ganz klar, dass die inhaltliche Gestaltung einmal genau die Themen, die eben auch die Forderungen des Bildungsstreiks waren - die werden halt nicht diskutiert. Und man hat das Gefühl, es wird eine eigene Veranstaltung für die Politikerinnen gemacht..."

    Studierende und Schüler werden bei der Konferenz nicht genug berücksichtigt, wirtschaftliche Aspekte dagegen in den Vordergrund gerückt.

    "Somit sehen wir nicht, dass echte Zugeständnisse vom Gipfel zu erwarten sind."

    Auch deshalb nicht, weil für die nationale Bologna-Konferenz am Montag nur vier Stunden angesetzt sind, und - bis jetzt - weder die Mitbestimmungsrechte der Studierenden noch die Elitenförderung auf der Tagesordnung stehen. Von Kommunikation auf Augenhöhe und Gleichberechtigung spüren die studentischen Vertreter wenig, meint Ben Stotz vom Studierendenverband der Linken.

    "Zusammenfassend kann man also sagen, dass die von Frau Schavan vorgesetzten Themen nur einen kleinen Ausschnitt von Bologna und vom Hochschulsystem generell bedeuten und deshalb die Konferenz am 17. Mai keinesfalls eine angemessene Debatte über die Zukunft des Hochschulsystems und auch über die Reform der Bologna-Reform gerecht werden kann."

    Eine Schavan-Show befürchtet er und stellt sich auf weitere Proteste ein. Zusammen mit Schülern und Schülerinnen, eine von ihnen Hannah Eberle, Abiturientin. Eine äußerst entschlossen wirkende junge Frau, die bereits jetzt den Bildungsstreik im Juni 2010 vorbereitet:

    Wir müssen weiterkämpfen. Und wir werden weiterkämpfen. Wir werden weiterkämpfen mit Demonstrationen, mit Blockaden. Wir werden uns auf keiner Ebene mehr mundtot machen lassen. Wir sind da, wir sind stärker geworden, und das werden wir diesen Sommer auch beweisen.

    Die Bologna-Konferenz am kommenden Montag: wohl nur ein Schritt auf dem langen Weg zu einem Hochschul- und Bildungssystem, mit dem nicht nur Politiker, sondern auch Studierende einverstanden sind.