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Wirbel um Leuphana-Neubau

Sie wollen nicht kleckern, sondern klotzen an der Leuphana Universität Lüneburg: Ein neues Zentralgebäude soll her, Star-Architekt Daniel Libeskind hat es entworfen. Kosten: Rund 60 Millionen Euro - doch der Landesrechnungshof will da noch ein Wörtchen mitreden.

Von Karsten Schulz |
    Der Prüfbericht des niedersächsischen Landesrechnungshofs umfasst 26 Seiten, und die haben es in sich. Intensiv haben sich die Autoren mit der Finanzierung des Zentralgebäudes befasst und kommen zu dem Schluss:

    "Auch der neue Finanzplan löst die bestehenden Unsicherheiten (...) nicht auf."

    Der "neue Finanzplan" vom 20. Mai dieses Jahres sieht unter anderem 21 Millionen Euro vom Land Niedersachsen, 14 Millionen Euro von der Europäischen Union und neun Millionen Euro aus dem Verkauf von Immobilien zur Finanzierung des Zentralgebäudes vor. Aber die Finanzhüter halten die Summen offenbar keineswegs für sicher und empfehlen als Fazit,

    "... diese Sach- und Rechtslage noch einmal durch das (niedersächsische) Wirtschafts- und Finanzministerium prüfen zu lassen und gegebenenfalls nach alternativen Finanzierungen zu suchen."

    Wasser auf die Mühlen derjenigen, die schon seit Jahren auf Lücken in der Finanzierung hinweisen. Zu ihnen gehört Studentin Daniela Steinert, die im Senat der Leuphana Universität sitzt. Auf zehn Millionen Euro beziffert sie den Fehlbetrag:

    "Fünf Millionen Euro, die aus einer Umsatzsteuer-Erstattung an die Uni wegfallen, dann drei Millionen, die aus EU-Förderung eigentlich hätten fließen müssen und eine weitere Lücke aus dem Verkauf zweier Gebäude. Der LRH kommt auf zehn Millionen Euro. Das ist genau die Zahl, die die Studierendenschaft seit Jahren vermutet hat."

    Doch nicht nur mit der Finanzierung gibt es aus Sicht des niedersächsischen Landesrechnungshofs Probleme: Als Problem sehen die Finanzhüter auch, dass die Leuphana Universität frühzeitig auf die Firma Rheinzink für die Fassaden-Verkleidung gesetzt hat.

    "Besonders erschwerend ist jedoch, dass mit dem Sponsoring-Vertrag der Wettbewerb unterlaufen wurde. (...) Andere Lieferanten als Rheinzink (...) wurden ausgeschaltet."

    Zunächst war im November 2008 mit Rheinzink ein sogenannter "Zuwendungsvertrag" vereinbart worden, der Anfang dieses Jahres durch einen Sponsoring-Vertrag ersetzt wurde. Heikel ist für die Finanzhüter, dass Universitäts-Vizepräsident Holm Keller bis März 2008 mit Architekt Daniel Libeskind und Rheinzink Designhäuser vermarktet hat. Das Wissenschaftsministerium hätte sich im Stiftungsrat der Universität dafür einsetzen müssen,

    "… dass auf die vorliegende Sponsoring-Vereinbarung schon zur Vermeidung eines bösen Anscheins verzichtet wird."

    ... schreibt der Landesrechnungshof. Studentin Daniela Steinert formuliert deutlicher:

    "Holm Kellers Auftreten und sein Geschäftsverhalten ist einer öffentlichen Institution überhaupt nicht angemessen. Die ist nämlich dem Allgemeinwohl verpflichtet, Keller macht seit Jahren Dinge, die an der Grenze des Gesetzes liegen. Unsere Uni kann dadurch großen Schaden nehmen."

    Unsichere Finanzierung, Wettbewerbs-Verstöße und mögliche Verstöße gegen die niedersächsische Antikorruptions-Richtlinie stehen nun im Raum.

    "Wir haben gewisse Feststellungen und Erkenntnisse getroffen. Zu diesen kritischen Punkten müssen sich jetzt das Ministerium und die Leuphana Universität äußern. Erst wenn wir dieses vollständige Bild haben, können wir uns inhaltlich in der Sache äußern."

    ... sagt Lutz Bardelle vom Landesrechnungshof. Ursprünglich war für die Stellungnahme bis Mitte Oktober Zeit; das Wissenschaftsministerium hat inzwischen darum gebeten, die Frist bis Ende November zu verlängern.
    Auf Anfrage wollten sich das Ministerium und die Leuphana Universität nicht äußern.

    Die Grünen im niedersächsischen Landtag sprechen schon jetzt von einer peinlichen Schlappe für Ministerin Johanna Wanka: Die habe offenbar beide Augen zugedrückt, um das Prestige-Objekt Libeskind-Bau nicht platzen zu lassen. Die SPD verlangt Aufklärung im Haushalts- und Wissenschafts-Ausschuss. Die Linke will zu dem Thema eine Anfrage in den Landtag einbringen und fordert: Solange die Kritik des Landesrechnungshofs nicht entkräftet werden könne, müsse das Projekt gestoppt werden.