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Wirbelstürme, menschengemacht

Meteorologie. - Braune Wolken liegen lange Zeit des Jahres über Südostasien und China, gigantische Ansammlungen von winzigen Schmutzpartikeln, die aus allen möglichen Quellen stammen. Atmosphärenforscher aus den USA haben jetzt nachgerechnet und Hinweise gefunden, dass die schmutzigen Wolken die Heftigkeit der Stürme im nördlichen indischen Ozean seit etwa zehn Jahren beeinflussen.

Von Katrin Zöfel |
    "Tropical cyclones are huge things."

    Tropische Wirbelstürme sind gewaltig, sagt Amato Evan, Atmosphärenforscher an der Universität von Virginia in Charlottesville in den USA. Eins seiner Spezialgebiete sind Wirbelstürme im Arabischen Meer, also im nördlichen Teil des indischen Ozeans. Bisher haben Stürme in dieser Region kaum Schlagzeilen gemacht, sie waren nicht so gewaltig wie anderswo. Doch das scheint sich zu ändern.

    "Wir haben vernünftige Daten für die vergangenen 30 Jahre, davor sind die Aufzeichnungen zu schlecht. In der ersten Hälfte dieser Zeit waren die Stürme alle eher schwach. Aber ab 1998 sieht es so aus, als hätten sich die Bedingungen plötzlich so verändert, dass die Stürme stärker werden."

    1998 sorgte ein Wirbelsturm in Nordwestindien tagelang für Sturzregen, es gab rund 2000 Tote. 2007 drang zum ersten Mal überhaupt ein Wirbelsturm in den Golf von Oman ein, drehte ab und zog weiter in den Iran, beides Gegenden, die zuvor noch nie einen solchen Sturm erlebt hatten. Die Frage: Was war die Ursache? Amato Evan fütterte seine Rechner mit allen vorhandenen Daten.

    "Was wir zeigen konnten, war, dass die starken Windströmungen, die normalerweise vor und zusammen mit dem Monsun auftreten, dass die schwächer wurden."

    Die Hauptvoraussetzung dafür, dass sich Wirbelstürme bilden können, ist im Arabischen Meer das ganze Jahr über gegeben: das Meerwasser ist sehr warm. Doch weil die Region vom Monsun geprägt ist, fehlt den Stürmen sozusagen die Ruhe, um sich voll zu entwickeln: Während des Monsuns nämlich wehen die Winde bodennah nach Osten, weiter oben in der Atmosphäre aber nach Westen. Ein Wirbelsturm, der sich gerade entwickelt und aufsteigt, wird von diesen entgegengesetzten Strömungen regelrecht zerrissen, lange bevor er wirklich stark werden kann. Eben diese Strömungen sind in den vergangenen Jahren schwächer geworden. Wiederum war die Frage: warum verlieren die Strömungen überhaupt an Kraft? Evan:

    "Es gibt eine ganze Menge Studien, die zeigen, dass in dieser Region die Verschmutzung der Luft mit Aerosolen dazu führt, dass die Monsunströmungen schwächer werden. Man nennt diese Verschmutzung auch 'braune Wolke', weil sie vom All aus betrachtet wie eine riesige schmutzige Wolke aussieht. Ihr Effekt: Die Schmutzpartikel fangen Sonnenlicht ab, sie schlucken also Energie, die sonst die Monsunzirkulation antreiben würde. Wir haben also die Wirkung dieser Aerosole in unsere Klimasimulationen einbezogen und konnten tatsächlich zeigen, dass ein Zusammenhang besteht."

    Alles in allem klingen Evans Ergebnisse sehr plausibel, wenn auch zunächst unwahrscheinlich. Die Tatsache, dass Menschen auf kleinen, kokelnden Feuern ihr Essen kochen, mit rußenden Bulleröfen heizen und schlecht eingestellte Dieselmotoren betreiben, führt am Ende zu stärkeren Wirbelstürmen. Die einzige Schwachpunkt der Studie: 30 Jahre an Daten, darunter nur fünf große Wirbelstürme, sind ein ziemlich kleine Datenmenge. Das kritisiert Ryan Sriver, Meteorologe an der Pennsylvania State University.

    "Da liegen die Grenzen dieser Studie, es sind einfach nicht wirklich viele belastbare Daten, um eine solche Veränderung in großen klimatischen Mustern wirklich sicher nachzuweisen."

    Bleibt also abzuwarten, ob weiterhin ungewohnt heftige Stürme bisher unbehelligte Regionen heimsuchen oder nicht. Amato Evan hofft dennoch, dass seine Studie vielleicht jetzt schon beim Umdenken hilft:

    "Wenn wir an Treibhausgase denken, dann ist klar: sind die einmal emittiert, werden wir sie sehr lange nicht mehr los. Der Schmutz dagegen, von dem wir hier reden, bleibt nicht lange in der Atmosphäre. Würde man die Emissionen stoppen, wäre der schädliche Effekt innerhalb von Monaten verschwunden."

    Der Versuch, dieses Problem aus der Welt zu schaffen, wäre verglichen mit dem Unternehmen, den Klimawandel zu dämpfen, also relativ betrachtet ziemlich erfolgversprechend.