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Wirbelstürme von Menschenhand

Meteorologie. - Jeden Sommer fegen Hurrikane über Florida hinweg und hinterlassen oft große Schäden. Um mehr über die Tropenstürme zu lernen, stellen US-Forscher sie jetzt mit einer neuen Maschine nach - dem Hurrikan-Simulator.

Von Guido Meyer |
    Wer die Menschen Miamis erreichen will, geht am besten in eine Mall, einem der unüberschaubar großen Einkaufszentren überall in den USA. An diesem Samstag klärt Miami-Dade County seine Bürger über Schutzmaßnahmen vor Hurrikans auf, speziell über solche, die ihre Häuser betreffen.

    "Zuallererst sollte jede Familie sich vergewissern, dass ihr Zuhause sicher ist, wenn ein Hurrikan kommt. Sie sollte überprüfen, ob die Struktur des Gebäudes stabil ist und Fenster, Türen und Dach starke Winde aushalten können. Die Eigentümer sollten auch die Fenster mit speziellen Läden abdecken oder notfalls mit Holz. Außerdem sollte jedermann auf mögliche Überflutungen nach einem Hurrikan vorbereitet sein."

    Maria de la Milera ist die regionale Koordinatorin für das so genannte Team Metro, das sich unter anderem – und das alle Jahre wieder - um Hurrikan-Vorbereitungen kümmert. Und als jemand, der selbst in einem Hurrikan-Einzugsgebiet wohnt, weiß Maria, wovon sie spricht.

    "Ich selbst habe in meinem Haus Hochsicherheitsglas für meine Fenster eingebaut, so genannte High Impact Windows. Sie kosten etwas mehr, aber sie halten Windgeschwindigkeiten von fast 200 Stundenkilometern aus, was einem Hurrikan Stufe eins entspricht. Sie sind ihr Geld wert, weil sie sich dann den Aufwand sparen können, Ihre Fenster mit Holz abzudecken."

    Der US-Bundesstaat Florida ist etwa so groß und ähnlich langgestreckt wie die Bundesrepublik, von Hamburg nach München. Und nicht nur die südliche Gegend um Miami ist gefährdet. Die Hurrikan-Einzugsschneise zieht sich bis hinauf in den Norden. Dort, an der University of Gainesville, hat deren Abteilung für Civil and Coastal Engineering einen Hurrikan-Simulator entwickelt – eine Maschine, etwa so groß wie ein Traktor, die Forrest Master hier vorführt.

    "Diese vier Diesel-Motoren auf der Rückseite versorgen den Hurrikan-Simulator mit Strom. Jeder von ihnen kommt auf etwa 700 PS. Davor haben wir einen Tank installiert, der mehr als 20.000 Liter fasst. Mit diesem Wasser kühlen wir die Motoren, speisen aus ihm aber auch das Regenwasser, das wir im Rahmen eines Hurrikans ebenfalls simulieren. Den Wind erzeugen acht große Ventilatoren."

    Auf den Lärm kommt es dann auch nicht mehr an, wenn diese riesige Maschine mit voller Kraft zum Beispiel auf ein Haus gerichtet wird, um dessen Standfähigkeit zu überprüfen. Dieser Hurrikan-Simulator ist nicht nur der weltweit stärkste, er ist auch mobil, kann also zu verschiedenen Einsatzorten in Florida transportiert werden. Kurt Gurley, ebenfalls Ingenieur an der Universität von Florida, über den Wirkungsgrad des Simulators:

    "Mit dieser Maschine können wir Hurrikans bis zu Stärke drei simulieren. Da wir die acht Ventilatoren jeweils paarweise betreiben können, sind wir auch in der Lage, plötzliche Böen und Windspitzengeschwindigkeiten nachzustellen. Zusätzlich spritzen wir Wassertropfen in den Wind hinein, die Regen darstellen sollen. Wir können sogar deren Menge, Größe und Form regulieren. Dazu bedienen wir uns verschiedener Kanülen und Schläuche, die wir der landwirtschaftlichen Forschung abgeschaut haben."

    Nicht nur die Standfestigkeit alter Häuser wird vom Hurrikan-Simulator überprüft. Auch einzelne Segmente, die für den Bau neuer Häuser eingeplant sind, werden hier einem ersten Praxistest unter erschwerten Bedingungen unterzogen.

    "Bei neuen Elementen fokussieren wir uns auf mögliche Wasser-Schäden. Zwar werden sowohl Fenster wie auch Wände hier in Florida standardisierten Tests unterzogen. Dennoch versagen sie zusammengenommen bisweilen in der Praxis, weil sie einfach nicht zusammenpassen. Wir überprüfen das gesamte Fenster-Wand-Dach-System."

    In diesem Jahr ist Florida bislang von Hurrikans verschont geblieben, aber die Saison dauert noch bis zum 31. November.