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Wird die Kraft-Wärme-Kopplung ausgebremst?

Ein herkömmliches Kohlekraftwerk wandelt gerade einmal ein Drittel der eingesetzten Energie in Strom um. Rund zwei Drittel entweichen in Form von Wärme durch Schornsteine und Kühltürme. Bei der Kraft-Wärme-Kopplung wird diese Wärme dagegen genutzt, deshalb gilt diese Form der Stromerzeugung als klima- und umweltverträglich. Doch die Betreiber solcher Anlagen fühlen sich ausgebremst von der Politik, sie sind deshalb zusammen mit Umweltverbänden in Berlin vor die Presse getreten.

Von Philip Banse | 27.04.2005
    Der Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung fordert von der Bundesregierung, das "Gesetz für die Erhaltung, Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung" zu novellieren. Dieses Gesetz war 2002 verabschiedet worden. Ziel war es, durch Kraft-Wärme-Kopplung den CO2-Austoß in Deutschland bis heute um zehn Millionen Tonnen zu senken. Bis 2010 sollten die Treibhausgas-Emissionen um weitere zehn Millionen Tonnen reduziert werden. Diese beiden Ziele werden weit verfehlt, sagt Adi Golbach, Geschäftsführer des Bundesverbandes Kraft-Wärme-Kopplung:

    " Das hätte bedeutet, statt etwa 60 Terawattstunden, das sind 60 Milliarden Kilowattstunden Kraft-Wärme-Kopplungsstrom, die wir hatten, hätten es dann 120 Terawattstunden sein müssen. Was wir jetzt erreichen, ist ein Plus von zehn Terawattstunden. Da kann man deutlich den Unterschied sehen: Statt 60 werden 10 erreicht, das lässt sich ganz klar jetzt schon absehen."

    Dass so wenig neue Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen entstanden sind, hat aus Golbachs Sicht zwei Ursachen. So sieht das Gesetz zwar vor, dass Strom aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen - ähnlich wie bei Windenergie - einen Öko-Zuschlag bekommt. Doch dieser Zuschlag wird nur bezahlt, wenn der Strom ins öffentliche Netz eingespeist wird. Wenn Industriebetriebe Strom aus Abwärme gewinnen und ihn selber verwenden, fließt - anders als bei Windenergie - keine Förderung. Zwar werden nach Angaben des Bundesverbandes über 80 Prozent der Energie aus Kraft-Wärme-Kopplung ins öffentliche Netz eingespeist. Aber der Anreiz für die Industrie neue Anlagen zu bauen, sei gleich null, so Adi Golbach vom Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung:

    " Die bestehenden Anlagen nehmen sich die Förderung gerne mit, werden auch nicht abgeschaltet, das sollte man nicht unterschätzen, das ist der einzige Gesetzeszweck, der wirklich voll erreicht wurde. Aber die Möglichkeiten der Modernisierung der Altanlagen, die sind bei weitem nicht ausgeschöpft. Und vor allen Dingen dieses großes Feld der Errichtung von neuen Anlagen, da wo jetzt nur Dampfkessel in der Industrie stehen, wo einfach die Wärme verpufft, das ist bisher nicht genutzt worden."

    Es gibt, wie gesagt, noch einen zweiten wesentlichen Grund, weshalb Kraft-Wärme-Kopplung nicht so weit verbreitet ist, wie es sich der Bundesverband wünscht:

    " Der zweite entscheidende ist, dass bei großen Anlagen jenseits zwei Megawatt elektrischer Leistung keine Neuanlagen in den Genuss der Förderung kommen. Das ist von vornherein gedeckelt worden. Und damit hat man das große Potential von vornherein ausgeschlossen."

    Aus diesen beiden Gründen für das aus Sicht des Bundesverbandes unbefriedigende Wachstum der Kraft-Wärme-Kopplung ergeben sich dessen zentrale Forderungen für eine Novellierung des Gesetzes:

    " Die bestehenden Anlagen, so wie sie jetzt gefördert werden vom KWK-Gesetz, das soll so weiter laufen. Aber jetzt wollen wir an die neuen Potentiale ran. Ein wichtiges Element ist, dass auch größere Anlagen als zwei Megawatt gefördert werden. Zweitens muss auch der Strom, der nicht ins öffentliche Netzt eingespeist werden, einen Öko-Zuschlag bekommen - was ökologisch sinnvoll ist, denn der ist ökologisch genauso sinnvoll wie der ins öffentliche Netz eingespeiste."

    Ein weiterer Kritikpunkt der Betreiber von Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung scheint dagegen bald behoben zu sein. Bisher ist es so, dass Sie und ich für unseren Strom aus der Steckdose ein pauschales Netzentgelt zahlen. Darin enthalten sind höhere Gebühren für Höchstspannungsnetze und weniger hohe Gebühren für zum Beispiel Mittelspannungsleitungen. Strom aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen nutzt jedoch in der Regel die günstigeren Hoch- und Mittelspannungsnetze. Deshalb zahlen die Netzbetreiber den Betreibern von KWK-Anlagen etwas Geld zurück. Diese so genannten vermiedenen Netzentgelte jedoch waren jedoch nach Ansicht des Bundesverbandes Kraft-Wärme-Kopplung bisher zu niedrig. Der Verband ließ eine Studie erstellen:

    " Und darin wurde gezeigt, dass den dezentralen Einspeisern jedes Jahr etwa 200-400 Millionen Euro ungerechtfertig vorenthalten werden."

    Demnächst soll jedoch eine Regulierungsbehörde den Gas- und Strommarkt kontrollieren. Bisher sei zwar noch nicht ganz klar, wie sie das machen wird, sagt Adi Golbach vom Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung:

    " Der entscheidende Punkt aus Sicht der Kraft-Wärme-Kopplung ist, dass die so genannten vermiedenen Netzentgelte höher verrechnet werden als das in der Vergangenheit der Fall war."

    Das für die Umsetzung des Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetzes zuständige Bundeswirtschaftministerium sah sich heute Vormittag nicht in der Lage, zu den Forderungen Stellung zu nehmen.