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Wirecard verklagt "Financial Times"
Journalisten wegen Kursmanipulation unter Verdacht

Nachdem die britische "Financial Times" über Betrugsvorwürfe beim Dax-Konzern Wirecard berichtet hatte, gingen dessen Kurse in den Keller. Der Finanzdienstleister verklagte die Zeitung daraufhin. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Mischa Ehrhardt im Gespräch mit Christoph Sterz | 17.04.2019
Hessen, Frankfurt, 2018: Im Sucher einer TV-Kamera ist die DAX-Kurve im Handelssaal der Börse zu erkennen.
Der Handelssaal der Börse in Frankfurt 2018 (picture alliance / Boris Roessler/dpa)
Gleich mehrere Kurseinbrüche hatte der Finanzdienstleister Wirecard in den vergangenen Monaten zu verzeichnen. Für den Konzern scheint klar zu sein, wer die Verantwortung für die Kursschwankungen trägt: die britische Zeitung "Financial Times" (FT).
Deren Journalisten hatten mehrfach über Betrugsvorwürfe gegen Wirecard berichtet. Konkret ging es um Konzernmanager in Singapur, die Umsätze manipuliert haben sollen. Nach den Berichten ging der Kurs des Unternehmens daraufhin in den Keller.
Dax-Konzern hat die Zeitung verklagt
Wie die dpa berichtet, hat Wirecard die Zeitung deswegen verklagt und fordert nicht nur die Unterlassung der Berichterstattung, sondern auch eine Entschädigung für die Aktionäre. Eine von dem Konzern beauftragte Kanzlei habe in Singapur zwar Unregelmäßigkeiten festgestellt, aber nicht in dem Ausmaß, wie es die Zeitung berichtet habe.
Die FT hingegen weist die Vorwürfe von sich. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Es sei falsch, dass Journalisten mit Artikeln Kurse manipuliert hätten.
Sorgfalt auch im Wirtschaftsjournalismus wichtig
Grundsätzlich habe man als Wirtschaftsjournalist eine Verantwortung, sagte der Frankfurter Börsenkorrespondent Mischa Erhardt im Dlf. An einem Tag seien im Fall Wirecard mehr als fünf Milliarden Euro Börsenwert vernichtet worden.
"Natürlich darf ich nicht, wenn ich bestimmte Informationen habe, die an jemanden weitergeben, der damit Geschäfte macht", sagte der Wirtschaftsjournalist. Kursmanipulation sei illegal und damit strafbar.
Der Wirtschaftsjournalismus unterscheide sich dabei aber nicht von der Arbeit in anderen Ressorts: "Sorgfaltspflicht besteht hier genauso wie anderswo." Schließlich habe man auch bei der Berichterstattung über Menschen eine große Verantwortung.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt
Nach einer Anzeige der Finanzaufsicht Bafin hat sich inzwischen auch die Staatsanwaltschaft München in den Fall eingeschaltet. Sie ermittelt wegen des Verdachts der Marktmanipulation gegen konkrete Journalisten und Investoren.
Anfang April hätte eigentlich schon die Bilanz-Pressekonferenz von Wirecard stattfinden sollen. Der Konzern verschob die Veranstaltung allerdings auf den Donnerstag nach Ostern.