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Wirtschaftliche Hilfe
Das Riesenpaket gegen die Coronakrise

Mit einem Hunderte Milliarden schweren Rettungspaket will die Bundesregierung die wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Epidemie mildern. Dafür will der Bund 156 Milliarden Euro neue Schulden machen. Ein Drittel davon ist für Hilfen für Soloselbständige und Kleinstunternehmen vorgesehen.

Von Theo Geers | 25.03.2020
Bundesfinanzminister Olaf Scholz spricht im Bundestag über das Hilfspaket wegen des Coronavirus.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat im Bundestag das Hilfspaket wegen des Coronavirus vorgestellt (dpa-Bildfunk / Michael Kappeler)
Die Zustimmung des Bundestages am Nachmittag gilt als sicher. Und die des Bundesrates am Freitag auch. Damit wird in nie dagewesener Rekordzeit das Riesenpaket gegen die Corona-Krise in Kraft treten können. Es enthält im Wesentlichen drei Teile:
"Erstens: Ganz vorne steht der Schutz der Gesundheit. Wir helfen den Frauen und Männern in den Krankenhäusern und Laboren und stellen sicher, dass unsere Gesundheitsversorgung den Herausforderungen gewachsen ist."
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Drei Milliarden Euro bekommen die Krankenhäuser, sie sollen unter anderem die Zahl der Intensivbetten auf 56.000 verdoppeln. Hinzu kommen noch einmal 3,5 Milliarden Euro für den Kauf von Schutzbekleidung und die Entwicklung von Impfstoffen. Der Bund bekommt zudem mehr Kompetenzen beim Seuchenschutz,
"Zweitens: Niemand soll sich Sorgen um seine Wohnung und seinen Lebensunterhalt machen."
Berlin: Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales, spricht bei der 113. Sitzung des Bundestages. 
Heil (SPD) - „Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz“
Deutschland sei ein starker Sozialstaat und habe die Kraft, die schwierige Zeit der Coronakrise zu überstehen, sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) im Dlf.
Direkte Finanzhilfen an Firmen und Soloselbstständige
Dafür wird zum einen der Zugang zur Grundsicherung erleichtert. Die sonst übliche Vermögensprüfung fällt für sechs Monate weg. Dies soll die Existenz vieler Menschen sichern, die etwa schon vor Ausbruch der Corona-Pandemie nur geringe Einkommen hatten und jetzt durch Kurzarbeit noch weniger verdienen oder als Ein-Mann- oder Ein-Frau-Unternehmen keine Einnahmen mehr haben.
Wer wegen Corona geringere Einkünfte hat und deshalb in der Zeit vom 1. April bis 30. Juni mit Mietzahlungen in Rückstand gerät, dem darf deswegen nicht gekündigt werden. Dies gilt für die private Wohnung und für Geschäftsräume. Für drei Monate gestundet werden in solchen Fällen auch Zahlungen für Strom, Telefon und Internet sowie Kreditraten. Familien mit Einkommenseinbrüchen sollen leichter an den Kinderzuschlag kommen: Eltern, die ihre Kinder zuhause betreuen, weil Kitas und Schulen geschlossen sind, sollen ebenfalls Hilfen bekommen.
"Und wir müssen drittens unsere Wirtschaft stabilisieren und Arbeitsplätze erhalten."
Bündel von 10-, 20-, 50-, 100- und 200-Euro-Banknoten
Das Wirtschaftsgespräch - KfW-Kredite und Soforthilfen  Wie schnell können die KfW-Kredite an Firmen ausgezahlt werden - etwa für Gehälter. Und welche Soforthilfe gibt es für Unternehmen? Antworten im Wirtschaftsgespräch.
Dazu zahlt der Bund direkte Finanzhilfen an kleine Firmen und Soloselbständige. Diese müssen nicht zurückgezahlt werden Firmen mit bis zu fünf Beschäftigten können 9.000 Euro erhalten, bei bis zu zehn Beschäftigten sind es 15.000 Euro. Eine eidesstattliche Versicherung, wonach eine Existenzbedrohung oder ein Liquiditätsengpass wegen Corona gegeben sind, reicht. Schon in den nächsten Tagen sollen Schon das Geld fließen, damit können fällige Mieten oder auch Kreditraten bedient werden.
Ausweitung der Staatsverschuldung
Für mittelgroße und große Unternehmen steht ein unbegrenztes Kreditprogramm der staatlichen KfW bereit. Das Insolvenzrecht wird gelockert, auch fällige Steuerzahlungen werden aufgeschoben. Dazu entlastet der Staat die Unternehmen von den Lohnkosten, indem diese leichter Kurzarbeit beantragen können. Dann zahlen die Arbeitsagenturen 60 Prozent des letzten Nettolohns, wer Kinder hat, bekommt 67 Prozent. Der Staat übernimmt zudem in voller Höhe die Sozialabgaben, die die Firmen sonst zahlen müssten.
Finanziert wird all das über eine Ausweitung der Staatsverschuldung. Der Bund rechnet mit Mehrausgaben von 122,8 Milliarden Euro und mit Steuermindereinnahmen von 33,5 Milliarden Euro. Das wird über einen Nachtragshaushalt abgedeckt, mit ihm werden in diesem Jahr 156,3 Milliarden Euro an neuen Krediten aufgenommen. Hierfür muss der Bundestag die Schuldenbremse des Grundgesetzes aufheben, indem sich der Bund auf eine Notsituation beruft.
"Darüber hinaus schaffen wir für meisten meist größeren Unternehmen mit dem Wirtschaftsstabilisierungfonds die Grundlage dafür, dass wir sie mit Eigenkapitalmaßnahmen unterstützen können."
Staat schafft neue Fonds
Was so technisch daher kommt ist der größte Rettungsschirm, der je über deutschen Firmen aufgespannt wurde. Der Staat schafft einen neuen Fonds, den Wirtschaftsstabiliserungsfonds WSF. Dieser soll Industrieunternehmen vor der Pleite retten oder vor einer unerwünschten Übernahme etwa durch ausländische Hedge- oder Staatsfonds bewahren. Dafür kann der WSF insgesamt Kredite über 600 Milliarden Euro aufnehmen, für die der Bund gerade steht. Mit dem Geld können Kredite von in Not geratenen Unternehmen staatlich besichert werden, der Bund kann sich aber auch an Firmen beteiligen, diese ganz übernehmen und im Idealfall nach Ende der Krise wieder privatisieren.