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Wissen was auf den Teller kommt

Nach dem Gammelfleisch-Skandal haben Verbraucherschützer wieder eine bessere Information der Bürger gefordert. Mit dem Verbraucherinformationsgesetz will die Bundesregierung dies erreichen. Die Deutsche Umwelthilfe kritisiert die Verordnungen aber als "Gummiparagrafen". Behörden müssten von sich aus über schlechte Lebensmittel berichten.

Von Philip Banse |
    Die Deutschen Umwelthilfe fordert den Bundesrat auf, das Verbraucherinformationsgesetz abzulehnen und es grundlegend zu ändern, denn in der vorliegenden Form verdiene seinen Namen nicht, sagt Jürgen Resch, der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe:

    "Das am Freitag zur Verabschiedung anstehende Verbraucherinformationsgesetz wird dazu führen, wenn es so umgesetzt wird, dass der Verbraucher auch weiterhin nicht erfährt, wie es um den Zustand der Lebensmittel in Deutschland steht. Wir haben den Eindruck, dass der Sinn des Gesetzes tatsächlich ist, zu verhindern, dass der Verbraucher das Recht bekommt zu erfahren, wie der Zustand ist. Denn die Behörden können gar nicht ihnen vorliegende Informationen einfach so veröffentlichen. Sie müssen erst einmal nachfragen beim Betrieb, ob hier Betriebsgeheimnisse verraten werden und dann müssen sie abwägen."

    Das Gesetz gibt zwar im Prinzip jedem Bürger das Recht, sich bei Behörden über Lebensmittel zu informieren. Viel Raum nehmen jedoch Ausnahmeregelungen ein, die festlegen, wann der Verbraucher keine Informationen erhält. Auskunft soll beispielsweise verweigert werden, wenn Geschäftsgeheimnisse von Unternehmen verletzt oder wettbewerbsrelevante Informationen veröffentlicht würden. Das seien Gummiparagrafen, die eine wirksame Aufklärung der Bürger über den Zustand ihrer Lebensmittel verhinderten, so die Deutsche Umwelthilfe.

    Die Deutsche Umwelthilfe fordert deswegen, die ihrer Meinung nach viel zu weit reichenden Ausnahmen vom Recht auf Auskunft zu streichen. Eine Sprecherin des Bundesverbraucherministeriums wies diese Forderung zurück. Bei Gammelfleisch und abgelaufenen Lebensmitteln seien in der Regel keine Firmengeheimnisse betroffen, Bürger, die in Mannheim nachgefragt hätten, woher das bayrische Gammelfleisch stammt, hätten auf Basis des vorliegenden Gesetzes den Namen des Lieferanten erhalten. Die Deutsche Umwelthilfe widerspricht. Das diskutierte Verbraucherinformationsgesetz hätte den Gammelfleischskandal in Bayer nicht verhindert, sagte ihr Bundesgeschäftsführer Resch:

    "Ganz eindeutig nicht. Denn dieser Betrieb, der im August aufgefallen ist, bei dem man 50 Tonnen verdorbene Waren gefunden hat, ist ja bereits im Dezember letzten Jahres den Mannheimer Behörden aufgefallen. Die haben den Behörden von Oberbayern mitgeteilt, hier sind Lebensmittel geliefert worden, die nicht für den menschlichen Verkehr geeignet sind. Diese Information, die den Behörden vorlag, wurde natürlich geheim gehalten, wurde nicht der Bevölkerung weiter gegeben und der Betrieb konnte weiterhin verdorbene Lebensmittel ausliefern."

    Deswegen formulierte die Deutsche Umwelthilfe eine zweite Forderung: Behörden müssten von sich aus über schlechte Lebensmittel informieren, beispielsweise im Internet. Denn das Licht der Öffentlichkeit scheuten Schwarze Schafe weit mehr als noch so hohe Strafen. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag fürchtet, dass Betriebe zu Unrecht an den Pranger gestellt und schwer geschädigt würden. Dem widerspricht Cornelia Ziehm, Leiterin Verbraucherschutz und Recht bei der Deutschen Umwelthilfe:

    "Diese Gefahr besteht ja nur, wenn eine Veröffentlichung von Namen ungerechtfertig ist. Und beispielsweise Gammelfleisch, umetikettiertes altes Fleisch, das können Lebensmittelkontrolleure sicher erkennen, von daher besteht die Gefahr da nicht. Und sicher ist es so, dass die Behörden sich absichern müssen und nicht jeden kleinsten Hinweis ins Internet stellen dürfen. Sie müssen sich absichern, das kann man mit den heutigen Methoden auch wunderbar machen und dann besteht da keine Gefahr."

    Das Bundesverbraucherschutzministerium geht davon aus, dass das Gesetz den Bundesrat ohne Änderungen passiert. Cornelia Ziehm von der Umwelthilfe ist dagegen optimistisch, dass der Bundesrat das Gesetz am Freitag ablehnt und aus dem Verbraucherinformationsgesetz doch noch ein Gesetz wird, durch das die Verbraucher besser über ihre Lebensmittel informieren werden.