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Wissenschaftlicher Rat für die Politik

Seit 2008 darf sich die altehrwürdige Leopoldina in Halle Nationale Akademie der Wissenschaften nennen. Sie zählt heute rund 1400 Mitglieder aus 30 Nationen. Zahlreiche Nobelpreisträger stammen aus ihren Reihen. Ausruhen will sich die Akademie auf diesen Erfolgen jedoch nicht.

Von Juliane Neubauer |
    "Hier finden die wissenschaftlichen Veranstaltungen statt, die weniger Besucher haben und sich dann eben den Fachthemen widmen und dann eben auch die sogenannten Klassensitzungen."

    Mindestens einmal im Jahr tritt jede Klasse hier zusammen, erzählt Renko Geffarth, Redakteur an der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, beim Rundgang durch das Hauptgebäude. Insgesamt gibt es vier Klassen mit den Schwerpunkten Naturwissenschaften, Lebenswissenschaften, Medizin und Geisteswissenschaften.

    Bei den jährlichen Klassentreffen werden auch die neuen Mitglieder feierlich in den Bund der Leopoldina aufgenommen. Wer dazu gehören möchte, muss zunächst von anderen Mitgliedern vorgeschlagen werden. In einem dreistufigen Auswahlverfahren werden dann die wissenschaftlichen Leistungen bewertet, in Gesprächen mögliche gemeinsame Ziele diskutiert.

    Circa 1400 Wissenschaftler aus über 30 Nationen zählt die Leopoldina heute zu ihren Mitgliedern. Regelmäßig veröffentlichen Arbeitsgruppen Stellungnahmen zu kontroversen politischen und gesellschaftlichen Themen, erklärt Präsident Jörg Hacker:

    "Wir werden in diesem Jahr, - im nächsten Jahr - Themen wie personalisierte Medizin, wie Palliativmedizin bearbeiten und dann auch Stellungnahmen herausgeben."

    Zwei Jahrzehnte lang überlegten Bund und Länder, wer die Aufgabe einer Nationalen Akademie in Deutschland übernehmen könnte, sagt Hacker. Am Ende waren sie sich einig:

    "Während der Zeit der deutschen Teilung war die Leopoldina ein Scharnier zwischen Ost- und West-Wissenschaftlern und die Leopoldina hat schrittweise nach der Wende und nach der Wiedervereinigung sich international positioniert, auch im Hinblick auf Beratung von Politik und Öffentlichkeit, sodass der Bund und die Länder augenscheinlich überzeugt waren, dass die Leopoldina mit dieser Aufgabe betraut werden sollte."

    Seit der Ernennung zur Nationalen Akademie im Jahr 2008 hat sich einiges verändert. Die Anzahl der Mitarbeiter hat sich mehr als verdoppelt. Vor gut eineinhalb Jahren erfolgte deshalb der Umzug in das neue prunkvolle Hauptgebäude.

    Von hier aus werden die Arbeitsgruppen betreut und die Forschungsergebnisse zu Publikationen zusammengefügt. Geforscht wird an den jeweiligen Hochschulen, denen die Akademiemitglieder angehören.

    15 Millionen Euro hat der Umbau des 200 Jahre alten Hauses gekostet. Ein Großteil der Gelder kamen aus dem Konjunkturpaket II. 80 Prozent der anfallenden Kosten für die Nationale Akademie der Wissenschaften kommen vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. 20 Prozent zahlt das Land Sachsen-Anhalt. Eine Investition in eine Einrichtung, die seit ihrer Gründung über 150 Nobelpreisträger unter ihren Mitgliedern verzeichnen kann. Darunter Marie Curie und Albert Einstein.

    Die Nationale Akademie will an die Erfolge früherer Mitglieder anschließen, gleichwohl wissenschaftliche Erfolge heute immer häufiger nicht nur an einzelnen Personen hängen, erklärt Jörg Hacker.

    "Heute ist Wissenschaft ja nicht mehr so stark personalisiert wie vielleicht noch vor hundert Jahren. Ich sehe bestimmte Themen, die jetzt in der heutigen Zeit ganz besonders interessieren. Also beispielsweise in der Physik: Wie ist die Materie aufgebaut? Wie ist der Weltraum aufgebaut? Da gibt es natürlich hervorragende Teams, wenn Sie an das CERN denken, in der Schweiz. Der Chef dort, Herr Heuer, wäre jemand, der auch personell das darstellen kann. Also es gibt schon Vorbilder und soll es auch weiterhin geben, die interessante Themen voranbringen und die dann auch mit ihrem Namen dafür stehen."