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Wissenschaftsgemeinschaft vor Finanznöten

Wissenschaftspolitik. - Von den vier bundesdeutschen Wissenschaftsorganisationen ist die Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz, ehemals Blaue Liste, die vielfältigste. 79 Forschungsinstitute und Museen gehören dem Verbund an, der jetzt in Berlin seine 8. Jahreshauptversammlung veranstaltete.

    Von Uwe Springfeld

    Eine Erwartung wurde schnell enttäuscht auf der achten Jahreshauptversammlung der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibnitz in Berlin. Der Vorstand hat keine Forschungsstrategie für seine Mitglieder, die 79 unabhängigen Forschungsinstitute, die auf solch verschiedenen Themenfeldern forschen wie zum Beispiel dem Freien Elektronen Laser im Forschungszentrum Rossendorf, oder der Struktur der deutschen Grammatik am Bibliographischen Institut, Mannheim. Der Past-Präsident der Leibnitz-Gemeinschaft, Professor Frank Pobell.

    Ich glaube, das wäre übertrieben, wenn ich sagen würde, die Leibnitz-Gemeinschaft hat Forschungsstrategien. Die Leibnitz-Gemeinschaft ist ein Verbund von exzellenten Instituten, die gesamtstaatliche Aufgaben angreift. Und dann finden sich einzelne Institute zu Verbünden zusammen. Aber eine Strategie, die von der Leitung herkommt, haben wir in diesem Sinne nicht.

    Trotzdem geht man nicht planlos ins nächste Jahr. Erklärtes Zeit ist, die Unabhängigkeit der Institute stärken. Inhaltlich soll ihre Forschung nicht nur der strengen Begutachtung durch den Wissenschaftsrat standhalten, sondern auch einer internen Evaluierung durch den unabhängigen Senat der Gemeinschaft. Selbst wenn manche Einrichtungen, wie die beiden Neuzugänge, das Jenaer "Hans-Knöll-Institut für Naturstoff-Forschung" und das Rostocker "Institut für Organische Katalyseforschung", gerade erst vom Wissenschaftsrat bewertet und für gut befunden wurden.

    Der jetzige Präsident der Leibnitz-Gesellschaft, Hans-Olaf Henkel, der Mann aus der Wirtschaft, fordert vor allem eine größere finanzielle Flexibilität der Institute, um auch längerfristig sinnvoll planen zu können.

    Die Möglichkeit, unausgeschöpfte Budgets in diesem Jahr ins nächste Jahr übertragen zu können. Um dann, vielleicht mit etwas mehr Geld, dann etwas Vernünftigeres machen zu können. In der Vergangenheit wurde das Geld immer von den Finanzministern abgeschöpft oder aber es wurde für relativ unwichtige Dinge noch zum 31.12. ausgegeben.

    Durch die privatwirtschaftliche Kostenrechnung lassen sich nicht nur die Ausgaben effektiver planen. Auch die Effizienz eines Forschungsprojektes kann man berechnen. Man schaut nicht mehr starr auf den Haushalt eines Forschungsjahres, sondern darauf, was das Forschungsprojekt gekostet hat. Henkel:

    Abhängig von den Forschungseinrichtungen des jeweiligen Instituts werden Eckpunkte und Marksteine gesetzt für das, was man erreichen will, und wird sich dann regelmäßig daran messen. Man wird also ein gewisses Budget für einen Forschungsschwerpunkt in einem Institut erstellen, und dann unabhängig von dem, wer es erbringt, oder von der Abteilung, die daran beteiligt ist, werden wir nach diesen Forschungsschwerpunkten in der Lage sein zu sagen: Was hat das bisher gekostet.

    Rechnen tut auch not. Vor einer Woche hatte Bundesministerin Edelgard Bulmahn entgegen ihres Wahlversprechens die Haushalte aller Forschungsorganisationen eingefroren. Über die konkreten Folgen ist man sich bei der Leibnitz-Gemeinschaft noch nicht im Klaren. Durch die Einzelförderungen der Institute liegen keine konkreten Zahlen vor. Doch selbst wenn einige Institute, wie das Forschungszentrum Rossendorf, entgegen dem Trend ihren Haushalt aufstocken konnten, wird insgesamt im Durchschnitt wahrscheinlich unterm Strich ein Minus stehen.