Witold Lutoslawski - Orchesterwerke Teil 6
Solche Erfahrungen machte unter anderen Vorzeichen auch der polnische Komponist Witold Lutoslawski. In seiner zwischen 1941 und 47 entstandenen 1. Sinfonie war er, was die Abkehr von der Tonalität angeht, längst nicht so radikal vorgegangen wie Jahre vorher Schönberg oder Webern; dennoch diagnostizierten hellhörige Funktionäre des Sozialistischen Realismus den verderblichen Einfluss der "westlichen Dekadenz" und kritisierten das Werk als zu formalistisch, was ein über 10jähriges Verschwinden der Sinfonie von den Konzertpodien des Landes zur Folge hatte. Heute scheint es eher so, dass Lutoslawski hier noch die Grenzen der Tonalität auslotete, sozusagen eins der Endstadien bei der Zerlegung des tonalen Systems erreichte, bevor er in den späteren Sinfonien, einem Cellokonzert und Orchesterliedern jenseits der Tonalität in einer Art "kontrollierter Aleatorik" seinen persönlichen Stil fand. Dennoch zeigt auch diese frühe Sinfonie, die jetzt bei der Firma Naxos im Rahmen einer verdienstvollen Werkschau bereits als Teil 6 der Werke Lutoslawskis erschien, schon eine ganz persönliche Handschrift. Die musikalische Leistung des in Krakau beheimateten Polnischen Nationalen Radio Orchesters unter der Leitung von Antoni Wit ist bewundernswert; das allzu klein gedruckte Beiheft der CD jedoch scheint schnell zusammengeschustert: in ihm wimmelt es von zum Teil hanebüchen entstellenden Druckfehlern. Hören Sie zum Schluss aus Lutoslawskis 1. Sinfonie den 3. Satz, ein "Allegretto misterioso". * Musikbeispiel: Witold Lutoslawski - aus: Sinfonie Nr. 1, 3. Satz "Allegretto misterioso" Die neue Platte - heute mit drei Neuaufnahmen sinfonischer Musik unseres Jahrhunderts: Sie hörten Werke von Arthur Honegger, Anton Webern und zuletzt das Allegretto misterioso aus der 1. Sinfonie des polnischen Komponisten Witold Lutoslawski. Hier aus dem Studio wünscht Ihnen Ludwig Rink noch schöne anregende Weihnachtstage.