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WLAN
Extrem wenig offene Netze in Deutschland

Fast überall auf der Welt gibt es jede Menge offene Netze. Mal eben auf der Parkbank die E-Mails checken? Kein Problem! Im Café ohne komplizierten WLAN-Schlüssel einloggen? Selbstverständlich! In Deutschland sieht es an vielen Stellen anders aus. Eine neue Studie hat nach den Gründen dafür gesucht.

Von Philip Banse | 04.11.2014
    Leser mit E-Book-Reader im Park
    In Deutschland gibt es ganze 15.000 offene WLANs, die also jeder ohne Anmeldung nutzen kann. (picture alliance / Wolfram Steinberg)
    Melanie betreibt einen Eisladen in Berlin Mitte. Ein WLAN bietet ihr Eisladen nicht, das kostet sie bares Geld.
    "Urlauber, sage ich mal, wollen ja auch oft WLAN. Und wenn ich jedes Mal den Gästen sage, ne wir haben kein WLAN, verliere ich dadurch meine Kunden, dann gehen sie und dann habe ich wieder ein, zwei Euro verloren und das ist einfach mal eine Tatsache, wo man sagt: Schaffe ich mir WLAN an oder schaffe ich es mir nicht an?"
    Unklare Rechtslage verunsichert Betreiber von offenen Netzen
    Bisher verzichtet sie lieber auf ein WLAN. Denn sie fürchtet die sogenannte Störerhaftung, dass sie also Ärger bekommt, falls einer ihrer Gäste das WLAN nutzt, um etwa Urheberrechte zu verletzten:
    "Und so muss ich auf die anderen achten, dass sie das nicht einfach benutzen. Und ich muss darauf achten, dass ich nicht Ärger kriege mit dem Staat."
    Diese Bedenken sind nicht aus der Luft gegriffen. Eigentlich ist die Haftungsfrage klar geregelt, sagen viele Juristen - auch bei offenen WLANs, die jeder nutzen kann. Denn das Gesetz regelt eigentlich, dass Internet-Zugangsanbieter nicht für das haften, was ihre Nutzer mit dem Internetzugang machen.
    Doch ein umstrittenes Urteil des Bundesgerichtshofs hat für große Rechtsunsicherheit gesorgt. Deswegen gilt heute: Wer ein offenes WLAN betreibt, das keinerlei Anmeldung erfordert, muss damit rechnen, dass er sein WLAN abschalten muss und ihm Anwälte Abmahnungen schicken, weil irgendwer behauptet, über dieses offene WLAN wurden seine Rechte verletzt, sagt Verfassungsrechtler Ulf Buermeyer, Richter am Landgericht Berlin:
    "Dabei fallen relativ hohe Kosten an. Also typischerweise schon Kosten im vierstelligen Euro-Bereich, sodass diese Abmahnungen für den Betreiber eines WLANs mit einem enormen Kostenrisiko verbunden sind. Und deswegen betreiben in Deutschland so wenig Menschen derzeit offene WLAN-Netze."
    Im internationalen Vergleich extrem wenig Hotspots in Deutschland
    In Deutschland gibt es ganze 15.000 offene WLANs, die also jeder ohne Anmeldung nutzen kann. Das hat eine Untersuchung des Verbands der deutschen Internetwirtschaft, eco, ergeben. Ganze 15.000 offene WLANs, das sei im internationalen Vergleich extrem wenig, sagt Studienautor Klaus Landefeld vom Verband der deutschen Internetwirtschaft:
    "Während wir in Deutschland so knapp über einen offenen Hotspot pro 10.000 Einwohner haben, sind wir in Südkorea bei 37 und selbst in Ländern wie den USA ist man bei 5 pro 10.000 Einwohner. Das ist ein Mehrfaches im Vergleich zu Deutschland und da muss man sich fragen: Verlieren wir hier den Anschluss an die Spitzengruppe?"
    Bundesregierung verspricht gesetzliche Klarstellung
    Schuld sei die geschilderte unsichere Rechtslage. Dass Anbieter eines freien WLANs haftbar gemacht werden können für das, was die Nutzer über das WLAN anstellen, sei international einzigartig, sagt Klaus Landefeld vom Verband der deutschen Internetwirtschaft. Nicht mal die USA - sonst sehr um die Rechte der Film- und Musikindustrie besorgt - würden WLAN-Anbieter in Haftung nehmen.
    Grüne, Linkspartei und auch der Verband der Internetwirtschaft fordern daher eine gesetzliche Klarstellung. Der Bürgerrechtsverein "Digitale Gesellschaft" hat einen entsprechenden Gesetzentwurf geschrieben. Richter Ulf Buermeyer ist Mitglied der Digitalen Gesellschaft und formuliert die Kernforderung so:
    "Der Gesetzgeber müsste eigentlich nur diese Rechtsunklarheit beseitigen und klarstellen: Wer ein WLAN anbietet, ist ein Provider - so wie es zum Beispiel auch die Telekom ist oder Kabel Deutschland. Und deswegen gelten für ihn oder für sie dieselben Haftungsprivilegierungen wie sie auch für andere Provider gelten."
    Haftungsprivilegierung meint: Keine Haftung für das, was Nutzer über den Internetzugang machen. Dieser Forderung hat sich der Verband der Internetwirtschaft im Kern angeschlossen. Die Bundesregierung hat seit Langem eine gesetzliche Klarstellung versprochen. Das Wirtschaftsministerium schreibt, das Gesetz werde "alsbald" vorgelegt.