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Wo die Ölindustrie den Ton angibt

Jim Peterson ist der Chef des staatlichen Forstamtes auf der Halbinsel Kenai im Süden von Alaska. In einem beigen Pickup-Truck mit breiter Ladefläche fährt er durch sein Revier. Etwa fünf Autostunden benötigt man, um es zu durchqueren. An der Strasse stehen Kilometer um Kilometer tote Bäume. Hin und wieder sieht man schwere Maschinen, die die abgesägten Stämme schälen und dann auf Lastern abtransportieren. Er biegt an einem jener Abholzungsplätze ab und steigt aus. peterson:

Gerti Schön und Max Böhnel |
    Wir hatten Fichtenkäfer seitdem es Fichten gibt, aber früher waren es relativ wenig. Das änderte sich in den späten 80er und in den neunziger Jahren, da breiteten sie sich grossflächig aus, über tausende von Quadratkilometer. Am Ende verloren wir 700.000 Hektar an den Fichtenkäfer. Seit 1998 geht die Käferplage wieder zurück, schlichtweg weil sie sich selbst aus Haus und Hof gefressen haben.

    Peterson läuft auf eine Baumgruppe zu. Er beklagt sich über die Trockenheit der vergangenen Monate. Seine Stiefel sind verstaubt, als er über einen niedrigen Hain klettert und auf einige Bäume zutritt, die deutlich sichtbar von Käfern befallen sind. Die Äste hängen verdorrt am Stamm. Eine Funke und sie würden in Flammen aufgehen. Peterson:

    Im Winter, wenn die Stürme kommen, dann brechen die Bäume ab wie Streichhölzer. Dann liegt das ganze Geäst auf dem Boden und das trägt zu den katastrophalen Bränden bei, die wir hier regelmässig haben. Dies hier ist ein typischer Baum, der wegen der Käfer abgestorben ist. Man kann die Löcher sehen, wo sie sich reingebohrt haben, und wenn sie fertig sind kommen sie hier wieder raus. Sind sie einmal im Baum kann man nichts mehr dagegen machen. Hier unten unter der Rinde legen sie ihre Eier und wenn sie geschlüft sind, fressen sie sich an der Rinde entlang. Auf diese Weise können die Säfte in dem Baum nicht mehr fliessen, und er stirbt ab.

    Wir bekommen immer mehr Spechte, die ernähren sich von den Käfern. Sie sind wegen der Käferplage immer mehr geworden, die sind inzwischen so fett, dass sie nicht mehr von Baum zu Baum fliegen, sondern zu Fuss gehen (lacht) Wir wünschten wir hätten mehr davon.

    Das Forstamt kann gegen die Käferplage wenig tun. Zwar könnte man ein Pestizid einsetzen, das die Käfer abschreckt. Einzelne Privatleute tun dies, wenn sie zum Beispiel einen besonders alten Baum auf ihrem Grundstück behalten wollen. Doch weil man damit jede einzelne Fichte von oben bis unten absprühen müsste, ist diese Methode zu kostspielig, um ganze Wälder zu retten. Ausserdem muss sich die Behörde um die rund 130 Waldbrände kümmern, die jährlich in ihrem Revier entfacht werden. Die Forstleute beschränken sich darauf, die Bevölkerung aufzuklären, wie man Feuer verhindern kann. Jim Peterson glaubt, dass die Ursache der Käferplage eine Kombination aus mehreren Gründen ist. Peterson:

    Der Frühling wird von Jahr zu Jahr wärmer und sorgt für Temperaturen, in denen sich der Käfer ausbreiten kann. Es regnet weniger, und wenn sie nicht genug Wasser bekommen sind die Bäume anfälliger für Krankheiten. Es ist wohl eine Kombination. Unser Wald ist einfach anfällig für ein solches Problem. Die meisten Bäume sind alt, über 140 Jahre, und jüngere Bäume sind widerstandsfähiger. Und wenn man die globale Erderwärmung dazuzählt, das hat dem Käfer die optimalen Bedingungen beschert. Und sie haben es voll und ganz ausgenutzt. Es ist ein Schande. Ich weiss nicht, wie man das verhindern sollte.

    Die globale Erderwärmung hat also optimale Bedingungen für die Zerstörung eines riesigen Waldgebiets, das so gross ist wie das Bundesland Hessen, beschert - und selbst die erfahrensten Beobachter von Flora und Fauna in Alaska wissen bis heute nicht, wie sie diese Bedingungen abändern könnten. Auch Wissenschaftler sind ratlos. Der Forstexperte Glen Juday von der University of Alaska in Fairbanks befasst sich seit Jahren mit dem Lebensraum Wald in Alaska, und er beschränkt sich darauf, Beobachtungen zu sammeln, auszuwerten und mit anderen zu vergleichen. Eines seiner Hauptforschungsgebiete war in den letzten Jahren denn auch die katastrophale Käferplage auf Kenai. Die Dimensionen des Waldsterbens beschreibt Glen Juday so.

    Dies war der grösste Fall von einem durch Insekten verursachtes Baumsterben in ganz Nordamerika - auf einer Fläche von 16.000 Quadratkilometern. (025, 058 und 078 Juday) Da Sommer- und Wintertemperaturen die beiden Klimafaktoren sind, die die Ausbreitung des Fichtenkäfers bestimmen, kann man mit Sicherheit sagen: die ununterbrochenen Perioden von warmen und trockenen Sommern sowie die Abwesenheit von kalten Wintern haben seit den späten 80er Jahren die Zahl der Fichtenkäfer explosionsartig in die Höhe schnellen lassen und gleichzeitig die Abwehrkräfte der Bäume sehr geschwächt. Dies führte zu einer Käferplage der Superlative. Die Fichtenkäfer haben die allermeisten Wirtsbäume auf der Kenai-Halbinsel zum Absterben gebracht. Das Klima kann die Käfer nicht mehr unter Kontrolle bringen. Es ist einzig und allein die Tatsache, dass die Fichtenkäfer keine Bäume mehr zum Angreifen haben, die ihrer weiteren Ausbreitung Grenzen setzt.

    Die Vermutung liegt nahe, dass es auf Kenai mit dem Abholzen der abgestorbenen Wälder und mit der Hoffnung auf das Verschwinden des Fichtenkäfers nicht getan ist. Ein Unglück kommt selten allein, sagt Glen Juday, und er erläutert, dass weitere Insektenplagen, wenn auch nicht so schlimm wie beim Fichtenkäfer, die Wälder im den Alaskas heimsuchen. Und er weist darauf hin, dass wärmere Klimabedingungen neue Kausalketten hervorbringen können, die sich negativ auf den Menschen auswirken.

    122 Alaska ist wegen der sehr starken und schnellen Temperaturerwärmung eine Art Modell dafür, was sich weltweit infolge der Erderwärmung ändern könnte. Neben der Fichtenkäferplage gab und gibt es immer wieder grössere Insektenplagen diverser Würmer-, Motten- und Fliegenarten, die noch nie soweit nördlich beobachtet worden waren. 146 Die Klimaveränderung hat erste natürliche Kontrollmechanismen beseitigt, die für eine Balance von Ökosystemen sorgten. 191 Ein Beispiel: Wälder beeinflussen die Qualität des Wassers. Wasser wiederum ist der Lebensraum für Fische, und Fisch stellt eine wesentliche Lebensgrundlage für die eingeborene Bevölkerung in Alaska dar. Es geht also nicht nur um die Tiere und Pflanzen in den sterbenden Wäldern, die ebenso in ihrem natürlichen Gleichgewicht bedroht sind. 160 In einem wärmeren Klima, vor allem in den borealen Waldökosystemen, könnten sich für Menschen grosse Probleme ergeben.

    Das gesamte Ökosystem befindet sich unter Druck, "in stress", wie dafür der wissenschaftliche Ausdruck heisst. Das bedeutet, dass nicht nur die Wälder sowie die Tier- und Pflanzenwelt, die unmittelbar auf das Waldhabitat in Süden Alaskas angewiesen ist, unter dem klimabedingten Anpassungsdruck mit unvorhersehbaren Folgen ausgesetzt sind. Ganz Alaska ist betroffen. So wundert es nicht, dass Wissenschaftler inzwischen auch für Zentral- und Nordalaska die Alarmglocken läuten. Dr. Gunter Weller ist einer von ihnen. Er ist Klimaforscher und leitet das Zentrum für globalen Wandel und arktische Systemforschung in Fairbanks. Alaska, da ist sich Weller sicher, stellt im Weltmasstab wegen seiner extremen Klimaerwärumg einen Sonderfall dar, und zwar insofern, als die Auswirkungen der Klimaveränderung hier bislang am deutlichsten spürbar und messbar sind. Gunter Weller:

    Was wir in Alaska beobachten, ist wahrscheinlich ein erster Hinweis auf den Treibhaus-Effekt. Wir sind uns ziemlich sicher, und die Forschung ist sich darin weitgehend einig. Der Temperaturanstieg in den letzten 30 Jahren sind im Wesentlichen auf den Treibhauseffekt zurueckzuführen. Und die Temperaturen sind sehr viel schneller angestiegen als im Rest der Welt. Weltweit stieg das Thermometer durchschnittlich um ein wenig unter ein Grad Celsius an. Hier in Alaska ist der Temperaturanstieg zwei- bis dreimal höher, das gilt nicht nur in Alaska, sondern auch in Sibirien, also generell in der Arktis.

    Zentral- und Nordalaska bestehen zum Grossteil aus baumlosen Kältelandschaften, der sogenannten Tundra, einem Gebiet, das sich über 1.500 Kilometer nach Norden in die Arktis ersteckt, und ebenso weit von Ost nach West. Wo zwischen Tundra und Arktis die Grenze verläuft, liegt an der jeweiligen Definition: entweder dort, wo der Permafrostboden oder da, wo das Meereis beginnt. Zur Arktis werden Grönland und grosse Teile der nordkanadischen Inseln gezählt, aber auch der aurasisch-arktische Archipel, das Nordpolarmeer - und die Nordküste von Alaska.

    Die nördlichste Siedlung Nordamerikas heisst Barrow. Sie ist nur über das Polarmeer mit einem Eisbrecher oder aus der Luft zu erreichen. Barrow wird mehrmals täglich von Anchorage und Fairbanks aus angeflogen. Die Tundra südlich von Barrow, aber auch das Eismeer nördlich davon, machen den Ort zu einem der abgelegensten der Erde. Barrow ist mit 4.000 Einwohnern die grösste Eskimo-Siedlung in Alaska. Es beherbergt eine Forschungsstation, in der sich Wissenschaftler aus der ganzen Welt das ganze Jahr über mit Naturphänomenen befassen. Der Australier Craig Tweedie erforscht im Auftrag der amerikanischen Michigan State University die Tundra. Dazu reist er im Sommer mit dem Hubschrauber und im Winter mit dem Schneemobil in abgelegene Regionen. Einen Zusammenhang zwischen der globalen Erderwärmung und ihrer Auswirkung auf die Tundra-Region hat Tweedie schon vor Jahren ausgemacht:

    Hier in Barrow sind die Sommertemperaturen, je nach Monat, zwischen 1949 und 1999 zwischen einen halben und anderthalb Grad angestiegen. Der grösste Temperaturanstieg erfolgt dabei im Frühsommer und zur Schneeschmelze. Die Schneeschmelze findet früher statt, und die schneefreien Perioden werden länger. Wie sich dies auf die Tundra auswirkt, machen unsere Forschungen im Bereich des Kohlenstoff-Gleichgewichts deutlich. Wir beobachten, dass die Trockengebiete in der Tundra grösser werden, während die Feuchttundragebiete schrumpfen. Die Tundra trocknet also langsam aus. Was bedeutet, dass sie von einer Kohlendioxid-Senke zu einer Kohlendioxid-Quelle wird.

    Kohlendioxid oder CO2 ist ein farb- und geruchloses Gas, das bei der Verbrennung fossiler Energieträger wie Kohle oder Öl, aber auch bei der Atmung entsteht, und als natürlicher Bestandteil der Luft vorkommt. Durch den Einfluss des Menschen ist der Kohlendioxidanteil in der Luft in den vergangenen Jahren enorm angestiegen - mit den entsprechenden Folgen für das Klima. Dies ist der sogenannte Treibhauseffekt. Durch die niedrigen Bodentemperaturen und die hohe Feuchtigkeit konnte das CO2 in der Arktis, ursprünglich einem starken CO2-Speicher, nicht mehr abgebaut werden. So war das CO2 in den letzten 10.000 Jahren im arktischen System als Bestandteil von Pflanzen, also als Biomasse, gespeichert - aber der Speicher ist inzwischen leck. Craig Tweedie vergleicht den Prozess mit einem Kühlschrank. Das Gefrierfach, erläutert er, taut samt seiner eingefrorenen Nahrungsmittel allmählich auf.

    CO2 ist in pflanzlichen Blättern gespeichert, die im Herbst sterben und Teil des Permafrosts oder des Eises werden. Sie werden samt des CO2 wie in einem Kühlschrank einfach eingefroren. Die Klimaerwärmung verursacht aber einen Auftauprozess, der immer tiefer in den Boden gräbt. Wenn es auftaut, wird das Jahrtausende lang gespeicherte CO2 in Form von toten Blättern und organischem Material im Boden zur Nahrungsmittelquelle für Mikroben und Bakterien, die es sprichwörtlich verzehren. Das Ergebnis ist, dass mehr CO2 in die Atmosphäre entweicht, mit negativen Rückkopplungen auf den Treibhauseffekt.

    Der Tundraboden wird darüberhinaus absinken. Denn der Austrocknungsprozess lässt die Bodenoberfläche schrumpfen. Der Verlust von Bodenvolumen wird schliesslich dazu führen, dass es weiter auf Meereshöhe absinkt. Doch die Auswirkungen, die die globale Erderwärmung auf Arktis und Tundra hat, werden sich nicht nur in Nordalaska, Sibirien und Nordkanada bemerkbar machen, warnt Craig Tweedie, und er verweist auf die ungeheuren Mengen von gespeichertem CO2 in Tundra und Arktis.

    Mehr CO2 in der Atmosphäre bedeutet, dass sich die Arktis wegen des Treibhauseffekts noch mehr erwärmen wird. 410 Man sollte sich ausserdem klarmachen, dass die Arktis sechs Prozent der Erdoberfläche ausmacht, sich in der Arktis aber mehr als doppelt so viel, nämlich 14 Prozent der weltweit gespeicherten CO2-Vorkommen befinden.

    Wer in Barrow aufgewachsen ist, hat sich mehr als die meisten Erdbewohner mit Temperaturen auseinandergesetzt. Dies gehört zu den Überlebenstechniken. Denn die Wintertemperaturen können auf bis zu 45 Grad Minus absinken. Die Durchschnittstemperatur beträgt im April minus 15 Grad. Die Erwärmung Alaskas wird in Barrow deshalb zwangsläufig von seinen Einwohnern registriert - und mit früheren Zeiten verglichen. Da ist zum Beispiel die 56-jährige Altenpflegerin Margret Glasstetter:

    Das Sommerwetter hat sich geändert. Das Gras ist höher, auf einmal gibt es bei uns Lachse an Stellen, wo es früher keine gab. Grizzlie-Bären kommen zu uns hoch und ebenso Elche. Dort draussen in der Lagune angeln sie jetzt auf einmal Lachse. Das gab es früher nicht.

    Auch einer der Dorfältesten, der ehemalige Rentierhirte Edward Edwardson, der als Jugendlicher noch Iglus baute, um sich vor der Kälte und vor den Eisbären zu schützen, ist fassungslos über die warmen und lange anhaltenden Sommertemperaturen. Er trägt ein T-Shirt, und in seiner Wohnung hat er Ventilatoren aufgestellt, um nicht in Schweiss auszubrechen. Die Temperatur beträgt freilich knapp über 20 Grad, was für einen Barrower schon unerhörte Hitze bedeutet. Der 76-jährige Edward Edwardson erinnert sich:

    Dies ist wärmste Sommer, den wir je hatten. Und ganz ohne Mücken. Früher hatten wir sie zu dieser Jahreszeit scharenweise. Und jetzt: nicht ein einziger Moskito. Ich habe mich schon gefragt, ob das nicht mit den Ölfirmen zu tun hat, ob die nicht irgendetwas aussprühen, das die Moskitos umbringt. Ich weiß es ganz genau: früher hatten wir an jedem Unabhängigkeitstag am 4. Juli Mücken. Und heute: nichts.

    Edward Edwardson gesteht ein, dass er gegen wärmere Temperaturen nichts habe, und er erinnert daran, dass auch er, obwohl ein Innuipat-Eskimo, im Alter gegen die extreme Kälte nicht gefeit ist. Margaret Glasstetter stimmt ihn zu. Doch angesichts der Klimaerwärmung ist ihr doch etwas mulmig zumute.

    In meinem Alter denkt man schon etwas anders. Mit 56 will man es einfach um den Bauch herum warm haben. Die Winterkälte macht sich dann doch ziemlich unangenehm bemerkbar. So weit, so gut: aber was wird aus unseren Tieren ? Die verschwinden dann. Die Eisbären - ich kann dann keinen Eisbär mehr essen. Was wird aus den Karibus ? Und aus der Walwanderung ? Die Tiere werden an andere Orte ausweichen müssen.

    Wärmere Temperaturen, ausbleibende Moskitos, eine austrocknende Tundra im Norden, Insektenplagen im Süden Alaskas - die Liste der durch den Klimawandel verursachten Phänomene ist damit beileibe nicht erschöpft. Vor allem Überflutungen gehören inzwischen zum jährlichen Rhythmus, die die Städte in Gebirgs- und Küstenregionen heimsuchen und zu Milliardenschäden führen. Doch obwohl der Staat immer neue Areale zu Katastrophengebieten erklären muss, so stellen doch nur wenige den Zusammenhang zur Erderwärmung her, sagt Randy Virgin, Direktor des Umweltzentrums Alaska in Anchorage.

    Amerika hat keine Ahnung, die Leute kennen die Geschichten nicht, und vor allen Dingen die Bewohner Alaskas wollen es nicht wahr haben. Die Bundesregierung weiss natürlich was vor sich geht, aber sie will nicht darüber reden, weil sie so eng mit der Ölindustrie verknüpft ist. Präsident Bush war früher selbst in der Ölindustrie und genauso Vizepräsident Dick Cheney. Sie bekommen ihre Wahlkampfspenden von den Ölunternehmen, da gibt es überall Seilschaften.

    Auch Dr. Gunter Weller, der das Klimaforschungsinstitut an der Universität in Fairbanks leitet, stimmt dieser Einschätzung zu. Er verweist auf den Ausstieg der USA aus dem Kyoto-Protokoll zur Reduzierung von Emissionen, und das 97-zu-Null-Votum im amerikanischen Senat gegen das Protokoll. Wissenschaftler spielen in den USA zwar eine Rolle, wenn es darum geht, für neue Entwicklungen in Öffentlichkeit und Politik Gehör zu finden. Aber bei Warnungen, dass es sich bei der globalen Klimaveränderung um ein äusserst wichtiges Problem handelt, mit dem man sich endlich befassen müsste, waren sie weniger erfolgreich, sagt Weller.

    Das Argument heisst immer, Eingriffe würden den Interessen amerikanischer Industriebetriebe schaden. Was für ein Trugschluss ! In vielen, vor allen europäischen Ländern, in denen Klimaveränderung ernst genommen wird, lässt sich damit gleichzeitig viel Geld verdienen. Ich denke, dass die einheimischen Öl- und Kohleindustrien, die ja die grössten Umweltverschmutzer und für den Treibhauseffekt mitverantwortlich sind, echte amerikanische Dinosaurier sind. Sie sind bisher in der Lage, das politische System so stark zu beeinflussen, dass kaum etwas getan wird.

    Auf regionaler Ebene sieht das Bild kaum anders aus sagt Randy Virgin.

    Der Bundesstaat Alaska ist völlig abhängig von der Ölindustrie, sie ist der größte Faktor der regionalen Ökonomie. Wir versorgen die ganze Welt mit Öl, deshalb haben die Unternehmen so viel Einfluss, und wer Gouverneur von Alaska werden will, muss sich mit ihnen gut stellen. Und die Leute wollen die schlechten Nachrichten genausowenig hören, weil die ganze Wirtschaft so davon abhängt.

    Die Bevölkerung Alaskas gehört eher zum konservativen Schlag, obwohl der derzeitige Gouverneur ein Demokrat ist. Die gesamte Ökonomie, und damit Arbeitsplätze und staatliche Leistungen, hängen von natürlichen Rohstoffen ab, und der Diestleistungssektor ist nicht sehr ausgeprägt. Ländliche Gegenden mit solchen Vorraussetzungen neigen eher dazu, konservativ zu sein, sagt Randy Virgin. Daran ändert auch die nationale Politik nichts.

    Die Regierung von Bill Clinton hat die Klimaerwärmung ernst genommen, sie haben das Kioto Protokoll unterschrieben und Zielvorgaben zur Reduzierung des Ölverbrauchs gesetzt. Aber als Bush gewählt wurde, war das erste was er sagte, dass die Erderwärmung überhaupt nicht stattfindet. In diesem Sommer hat er endlich zugegeben, das dies eine Tatsache ist, aber statt die Treibhausgase zu reduzieren, rief er die Bevölkerung lediglich auf, sich daran zu gewöhnen, dass die Küsten weggeschwemmt werden. Seitdem die Umwelt ein politischer Faktor ist, ist er das schlimmste was uns passieren konnte.

    Obwohl viele Einwohner Alaskas leidenschaftliche Naturschützer sind, beschränkt sich dieses Engagement vor allem darauf, Wälder und Gewässer sauber zu halten. Diese Probleme werden jedoch eher auf lokaler Ebene diskutiert. Bei abstrakten globalen Entwicklungen fühlen sie sich nach Virgins Meinung überfordert.

    Ich glaube, dass die Eingeborenen Alaskas sich dessen bewusst sind, weil sie am meisten zu verlieren haben. Sie sind besorgt und verlangen Änderungen, aber sie waren schon immer benachteiligt und haben kaum Einfluss in Washington, wo die Entscheidungen gefällt werden.