Die Hase entspringt in Wellingholzhausen am Teutoburger Wald - der Radweg beginnt auch dort und führt zunächst bis zur Domstadt Osnabrück. Ein Abstecher in die Altstadt lohnt sich, bevor man sich aufmacht ins Hasetal. Galerien, Buchläden, kleine Kneipen drängen sich entlang der Gassen und der alten Stadtmauer, und wer seine Augen öffnet, dem fällt irgendwann ein ganz bestimmtes Schild auf: "Zum Steinwerk". Osnabrück hat mehrere dieser ganz besonderen Gebäude. Mit Bruno Switalla, dem städtischen Denkmalpfleger, geht es treppauf.
"Das ist ein Steingewölbe, das ein mittelalterliches Hausgebäudeteil schützt vor Stadtbränden, es liegt direkt unter dem Dach, die Sparren liegen auf dem Gewölbe auf. Und das Gewölbe diente dazu, dass der Stadtbrand, wenn er das Dach entzündete, nicht in das Haus eindringen konnte. Diese Gebäude sind entstanden im 12., 13., 14. Jahrhundert und in dieser Zeit war der Gewölbebau unter Dach im profanen Bereich völlig unbekannt. Bis auf Osnabrück."
In der Bierstraße 7 steht dieses Steinwerk, dass man auch selbstständig besichtigen kann - ein Infoblatt erklärt die besondere Architektur. Doch das Hasetal ruft, es wird Zeit, sich auf den Weg zu machen.
Der Weg führt zunächst durch dichtes Grün entlang der Hase, Enten schnattern, Amseln zwitschern, nur kurz streift man den Großstadtverkehr. Dann führt der Radweg hinaus aus der Stadt, durch Hafen und Industriegebiet und schnell ist man mitten im Osnabrücker Land. Weizen und Gerste wiegen sich im Wind, der Mais wächst, Kartoffelpflanzen zeigen sich auf gehäufelten Ackerfurchen.
Gute 20 Kilometer sind es bis Bramsche, dem nächsten größeren Ort auf dem Weg. Die Kleinstadt war einst eine Hochburg der Tuchmacher. Doch als die Textilindustrie in Deutschland in den 1970er-Jahren zusammenbrach, blieb nicht viel übrig von dem anspruchsvollen Handwerksberuf. Im liebevoll ausgestatteten und preisgekrönten Tuchmachermuseum jedoch werden auf alten Webmaschinen noch immer wollene Decken hergestellt - für Besucher, die sich um die kuscheligen Produkte regelrecht reißen. Wenn Hobbytuchmacher Karl Heinz Krams die alte Maschine anschmeißt, wird es ohrenbetäubend laut. Hier wurde doch bestimmt mit Gehörschutz gearbeitet?
"Ich behaupte mal: nein, weil diese Generation Webstühle nach Gehör angestellt werden, über eine Kupplung. Man muss sehen, beim Ein- und Ausschalten über die Kupplung, dass der Schütze den richtigen Schwung kriegt. Wenn man die Ohren dann zumacht, dann hört man das natürlich nicht mehr."
Krams kennt sich aus mit Kette und Schuss, mit Fächern und Laden, mit Knoten und Stangen - Fachbegriffe, die der Laie höchstens versteht, wenn er direkt vor der Maschine steht, in die leuchtend rotes Garn eingespannt ist.
"Man sieht also, wenn geknotet wird, so kleine Enden, die werden dann noch nachgearbeitet. Das heißt, der Stoff wird überprüft, wird genoppt, und, weil wir Deckenstoffe daraus machen, geht der Stoff noch in die Ausrüstung, wird gewalkt und anschließend geraut. Und das ist dann der schöne weiche Deckenstoff."
Die roten, blauen und braunen wollenen Decken, die die Mitarbeiter ehrenamtlich herstellen, werden im hauseigenen Museumsshop verkauft. Museumsleiterin Kerstin Schuhmann erklärt die Gebäude am liebsten erst mal von außen, von der Hasebrücke. So sieht man den ganzen, romantisch wirkenden Komplex. Wasser gibt es, nur die Hase fließt nicht mehr unter der Brücke her:
"Das ist jetzt ein toter Arm. Früher floss die Hase hier aber her und die Wasserkraft wurde hier reichlich genutzt. Das ist eigentlich auch der Grund, warum sich die Tuchmacher hier an dieser Stelle angesiedelt haben. Das war praktisch die erste Fabrikationsstätte, wo sie die Wasserkraft mechanisch genutzt haben, um zu walken, und die Häuser der Tuchmacher stehen zum Teil hier noch am Mühlenort. Und dort haben sie dann in ihren Häusern, in ihren Werkstätten all die anderen Arbeiten verrichtet, vom Spinnen über das Weben über das Ausrüsten nachher."
Weiter geht es Richtung Hasetal, das erst bei Bersenbrück wirklich beginnt. Auf dem Weg dahin, in Rieste, liegt Rohdes Heuerhaus - ein beliebtes Café in einem alten Heuerhaus aus dem 17. Jahrhundert, das mitten in einem traumhaften Bauerngarten liegt, mit alten Eichen, Buchsbaumkugeln und Rosen. Gerda Rhode, 72, führt es noch immer. Mit ihrem Mann hat sie sich den Traum von einem Landcafé erfüllt.
In der Stube glänzt freundliches Geschirr auf hellen Tischtüchern, die auf dunklem Holz liegen. Überall sieht man Antikes - bunte Glastüren, alte Stühle, Bilderrahmen, am Kamin eine glänzende Messingtrompete, ebensolche Kerzenständer. In jahrelanger Kleinarbeit von Gerda Rohde zusammen getragen. Ein Heuerhaus, beziehungsweise mehrere davon, gehörten früher selbstverständlich zu den großen Höfen der reichen Bauern, erzählt die Cafébesitzerin. Darin wohnten die Landarbeiter mit ihren Familien.
"Die hatten eine Kuh, ein Schwein und ein bisschen Land zur Grundversorgung und mussten dann auf den Höfen ihren Dienst ableisten. Und Heuer von Bezahlen, Heuer von der Seefahrt. Und bei den großen Höfen hatten die mehrere dieser Heuerhäuser."
Bitterarm waren die Heuerleute und ihr Wohnen war oft mehr ein Hausen auf kaltem Lehmboden zwischen Tierdunst und Kaminfeuer.
Am Abend ist Bersenbrück erreicht. Auf Radler, die meist nur eine Nacht bleiben, ist man in der Region eingestellt. Und manche Herbergen bieten einen ungewohnten Luxus: Eine Kopfkissenbar - für jeden Nacken das richtige Polster zur Nacht. Hotelchef Thomas Hilker:
"Wir haben fünf verschiedene Kissen, einmal die Nackenrolle, ein 50-mal-50-Kissen, ein Keilkissen und ein längliches Kissen, was 40 mal 50 ist. Und das obligatorische große Kissen, was auf jedem Zimmer auch drauf ist."
Dank Nackenrolle gut ausgeschlafen geht es am nächsten Morgen weiter. Mit kurzem Stopp am Kloster Bersenbrück mit seinem romantischen Friedensgarten. Der Weg schlängelt sich durchs Artland, dass mit seinen alten prachtvollen Fachwerkhöfen lockt. Viele von ihnen liegen samt Bauerngarten noch mitten in einem Eichenhain. Schließlich brauchte man Möbelholz und Rohmaterial fürs Fachwerk. Insgesamt gibt es etwa noch 5000 dieser Höfe, manche mit beeindruckenden Schaugiebeln ausgestattet. Gästeführerin Maria Schulte kennt sich aus:
"Man hatte große Dielen, man hatte auch schöne Giebel, damit wollte man zeigen, dass man ein Bauer war, der was auf sich hielt, der sich das leisten konnte, so einen Schaugiebel zu machen und kleine Gefache zu machen, immer wieder Zierelemente mit rein brachte, ob es Schnitzereien waren oder ob es farbig gestaltete Ornamente waren, nur um zu zeigen, wir haben das. Früher war der Giebel die Visitenkarte eines Hauses."
Ein Schmuckstück ist der Hof der Familie Hildebrand in Badbergen, der Landwirtschaft und Tourismus unter seinem Dach vereint. Landfrau Dorothee Hildebrand lebt hier ihren grünen Daumen und ihr Gestaltungstalent aus. Zwischen Rosen, unter schattigen Bäumen oder im uralten Hof kann man stilecht feiern. Und damit sich verschiedene Gruppen in dem unterteilten Raum nicht stören, gehen die einen durch die Tür und die anderen durch einen Schrank.
"Mir fehlte für unsere Gäste ein Windfang, dass man nicht, wenn man reingeht, gleich so im Raum steht. Und da ist mir dann über Nacht im Schlaf die Idee gekommen, einen alten Bauernschrank umzufunktionieren."
Die Schranktür führt direkt auf den Innenhof des Vierständerhofes, der seit über 130 Jahren im Familienbesitz ist. Der geschlossene Innenhof, von Fachwerkbauten umgeben, ist ganz typisch.
"Man kommt rauf und hat wirklich alle Seiten zu, das sind so die Nebengebäude. Das Haupthaus ordnet sich dann hier mittig an, mit dem Hauptgiebel und da war auch damals Vieh und Mensch unter einem Dach untergebracht."
Ein ganz besonderer Fahrspaß, genauso bequem wie der Fahrradsattel, wartet am Draisinenbahnhof Quakenbrück. Wer es mag, steigt um auf die kettengetriebenen Fahrzeuge, zu zweit, zu viert oder als Gruppe. Zwei bis vier Gäste müssen trampeln. Vor dem Start steht jedoch die Streckeneinweisung - eine Gruppe aus Osnabrück hat sich die einfache Fahrt vorgenommen - zehn Kilometer bis Nortrup. Auf der Strecke gibt es vier Schranken - die aber auf den Schienen stehen. Draisinenfahrer müssen an der Straße warten erklärt Betreuer Jürgend Behrens.
"Das heißt für die erste Draisine: Zwei von Ihnen ziehen sich eine Weste an, nehmen sich eine Fahne, und werden dann die Schranken öffnen und die Straßen absperren, sodass die Draisinen über die Straßen geführt werden. Wir haben auch noch eine Besonderheit - wir haben eine Straße dabei, die ist unbeschrankt, da steht dann nur ein Schild: 'Achtung Straße kreuzt'."
Da kann dann höchstens ein großer Schlepper kommen. Die Fahrradsättel der Draisinen sind mit Schnellspanner auf jede Sitzhöhe einstellbar und gemeinsam geht es los:
"Leute, kurz antreten!"
"Wie geht das?"
"Noch ganz gut am Anfang, aber läuft rund. Sie trampeln nur; mit zwei bis drei Kilometer pro Stunde, läuft gut. Nach Nortrup, dann noch eine Brauerei besichtigen, wird ein gemütlicher Tag."
An diesem Tag endet die Tour in Löningen, nicht ohne St. Vitus zu besichtigen, die größte pfeilerlose Saalkirche Deutschlands. Maria Schulte, die im Ort wohnt, kennt natürlich auch Anekdoten.
"48 mal 24 Meter, das ist ganz schön heftig. Der Herzog zu Oldenburg soll bei einer Besichtigung, damals 1809, als die Kirche gebaut wurde, gesagt haben, es wär die schönste Reithalle, die er kennt. Turmeinsturz, Orgeltausch - es gibt viele Geschichten, die sich um das Bauwerk ranken. Doch das Besondere ist das Kirchendach: eine Meisterleistung der Löninger Handwerker. Denn vor dem Bau des Eiffelturms gab es die Statik als Wissenschaft noch nicht."
Am nächsten Morgen geht's mit der Holländerin Marion Manting ins Hahnenmoor. Früher wurde hier Torf gestochen - solange bis das Gebiet als völlig ausgebeutet und zerstochen galt. Inzwischen ist das Hochmoor erfolgreich wieder vernässt worden.
Abgestorbene Birken, zerbrochene Baumstämme ragen aus den essigsauren Teichen und verbreiten vor allem im Abendlicht eine geheimnisvolle Stimmung. Doch gruselig ist es ganz und gar nicht, findet die Moorführerin, die auch oft allein hier ist. Ein Hochmoor ist etwas Besonderes - es gibt keine Wasserzuflüsse.
"Ein Hochmoor hat nur das Regenwasser, sehr sauer wird davon das Torfmoos. Daher können natürlich auch keine Fische hier leben. Das Wasser ist so sauer wie Essig, keine Schnecke; alles, was Kalk braucht, kann hier nicht leben. Dieses Torfmoos, sieht man auch, wenn das zurückgekommen ist, fängt das an zu vertorfen. An der Seite wächst das immer mehr rein in Gewässer, fängt nie in der Mitte an, immer am Rande. Das Torfmoos kann 35fach sein Gewicht an Wasser aufnehmen."
Es dauert Tausende von Jahren, bis aus den abgestorbenen Pflanzenteilen des Mooses Torf wird. Es wächst nur einen Millimeter im Jahr.
Jede Jahreszeit ist schön im Hahnenmoor: Im späten Frühjahr bläst der Wind durch die weißen Puschel des Wollgrases, Rohrammer und das seltene Blaukehlchen brüten, im Sommer zeigen sich Sonnentau, und Kreuzottern und im Herbst haben Zugvögel wie Kraniche das Moor für sich entdeckt. Auch sehr seltene Amphibien gibt es.
"Man hört die Frösche. Typisch hier ist der Moorfrosch. Das ist interessant: Das Männchen des Moorfrosches färbt sich im Frühjahr blau, weil er dann auf Hochzeitsreise geht und sich ein Weibchen sucht. Wenn er das Weibchen gefunden hat, und begattet hat, dann ist auch diese blaue Farbe wieder weg."
Von Herzlake aus geht es weiter nach Haselünne und hier in den Ortsteil Lehrte. Am Ufer der Hase, am Bootsanleger wartet ein Kajak auf die Weiterfahrt. Mit Bootsführer Ewald Hermes paddelt es sich gemächlich die Hase hinunter, wer mag, kann bis Meppen weiterschippern und das Fahrrad transportieren lassen.
"Das schönste Stück auf der Hase zu paddeln, ist von Bückelte nach Meppen. Weil die Hase da naturbelassen ist. Die Hase wurde sonst überall begradigt, hier nicht. Man hat die Altarme wieder angeschlossen, es ging wieder zurück zur Natur. Die Altarme haben wieder ihre volle Leistung wie früher auch, man hat sogar Furten eingebaut, dass die Hase mehr Strömung bekommt."
Gemächlich fließt die Hase dahin, vorbei an uralten Eichen, wuchernden Weiden und Wacholderbüschen. An den Altarmen haben sich die Biber wieder angesiedelt, doch diese nachtaktiven Nager sieht man nur selten. Mit etwas Glück lässt sich aber ein Eisvogel entdecken - auffällig und wunderschön mit seinem leuchtend blauen Gefieder. Ewald Hermes weiß so ziemlich alles über den Fluss und seine Besonderheiten. Mit einem Augenzwinkern auch, woher der Name des Flusses stammt:
"Die Hase hat den Namen von den Hasen. Der Hase springt im Zickzack und genauso läuft die Hase hier auch durch. Die Hase entspringt in Teutoburger Wald in Wennigholzhausen und hat in Gesmold eine Bifurkation. Da geht sie rechts ab zur Weser und links fließt sie zur Ems. Wo man nicht ganz genau weiß, ob man dem linken Arm nicht mal nachgeholfen hat, zur Weser, aber ansonsten ist die Hase einer der berühmtesten Flüsse Deutschlands und der ganzen Welt: Denn die Hase hat die Bifurkation und der Orinoco. Und zwei Flüsse auf der ganzen Welt haben diese Sache nur."
Im Schritttempo zieht der Fluss dahin, man paddelt gemächlich, Auge in Auge mit Haubentauchern und Fischreihern - Entspannung pur. Sanfter Abschluss einer spannenden und entspannenden Radeltour, die in Meppen endet, wo die Hase der Ems begegnet.
"Das ist ein Steingewölbe, das ein mittelalterliches Hausgebäudeteil schützt vor Stadtbränden, es liegt direkt unter dem Dach, die Sparren liegen auf dem Gewölbe auf. Und das Gewölbe diente dazu, dass der Stadtbrand, wenn er das Dach entzündete, nicht in das Haus eindringen konnte. Diese Gebäude sind entstanden im 12., 13., 14. Jahrhundert und in dieser Zeit war der Gewölbebau unter Dach im profanen Bereich völlig unbekannt. Bis auf Osnabrück."
In der Bierstraße 7 steht dieses Steinwerk, dass man auch selbstständig besichtigen kann - ein Infoblatt erklärt die besondere Architektur. Doch das Hasetal ruft, es wird Zeit, sich auf den Weg zu machen.
Der Weg führt zunächst durch dichtes Grün entlang der Hase, Enten schnattern, Amseln zwitschern, nur kurz streift man den Großstadtverkehr. Dann führt der Radweg hinaus aus der Stadt, durch Hafen und Industriegebiet und schnell ist man mitten im Osnabrücker Land. Weizen und Gerste wiegen sich im Wind, der Mais wächst, Kartoffelpflanzen zeigen sich auf gehäufelten Ackerfurchen.
Gute 20 Kilometer sind es bis Bramsche, dem nächsten größeren Ort auf dem Weg. Die Kleinstadt war einst eine Hochburg der Tuchmacher. Doch als die Textilindustrie in Deutschland in den 1970er-Jahren zusammenbrach, blieb nicht viel übrig von dem anspruchsvollen Handwerksberuf. Im liebevoll ausgestatteten und preisgekrönten Tuchmachermuseum jedoch werden auf alten Webmaschinen noch immer wollene Decken hergestellt - für Besucher, die sich um die kuscheligen Produkte regelrecht reißen. Wenn Hobbytuchmacher Karl Heinz Krams die alte Maschine anschmeißt, wird es ohrenbetäubend laut. Hier wurde doch bestimmt mit Gehörschutz gearbeitet?
"Ich behaupte mal: nein, weil diese Generation Webstühle nach Gehör angestellt werden, über eine Kupplung. Man muss sehen, beim Ein- und Ausschalten über die Kupplung, dass der Schütze den richtigen Schwung kriegt. Wenn man die Ohren dann zumacht, dann hört man das natürlich nicht mehr."
Krams kennt sich aus mit Kette und Schuss, mit Fächern und Laden, mit Knoten und Stangen - Fachbegriffe, die der Laie höchstens versteht, wenn er direkt vor der Maschine steht, in die leuchtend rotes Garn eingespannt ist.
"Man sieht also, wenn geknotet wird, so kleine Enden, die werden dann noch nachgearbeitet. Das heißt, der Stoff wird überprüft, wird genoppt, und, weil wir Deckenstoffe daraus machen, geht der Stoff noch in die Ausrüstung, wird gewalkt und anschließend geraut. Und das ist dann der schöne weiche Deckenstoff."
Die roten, blauen und braunen wollenen Decken, die die Mitarbeiter ehrenamtlich herstellen, werden im hauseigenen Museumsshop verkauft. Museumsleiterin Kerstin Schuhmann erklärt die Gebäude am liebsten erst mal von außen, von der Hasebrücke. So sieht man den ganzen, romantisch wirkenden Komplex. Wasser gibt es, nur die Hase fließt nicht mehr unter der Brücke her:
"Das ist jetzt ein toter Arm. Früher floss die Hase hier aber her und die Wasserkraft wurde hier reichlich genutzt. Das ist eigentlich auch der Grund, warum sich die Tuchmacher hier an dieser Stelle angesiedelt haben. Das war praktisch die erste Fabrikationsstätte, wo sie die Wasserkraft mechanisch genutzt haben, um zu walken, und die Häuser der Tuchmacher stehen zum Teil hier noch am Mühlenort. Und dort haben sie dann in ihren Häusern, in ihren Werkstätten all die anderen Arbeiten verrichtet, vom Spinnen über das Weben über das Ausrüsten nachher."
Weiter geht es Richtung Hasetal, das erst bei Bersenbrück wirklich beginnt. Auf dem Weg dahin, in Rieste, liegt Rohdes Heuerhaus - ein beliebtes Café in einem alten Heuerhaus aus dem 17. Jahrhundert, das mitten in einem traumhaften Bauerngarten liegt, mit alten Eichen, Buchsbaumkugeln und Rosen. Gerda Rhode, 72, führt es noch immer. Mit ihrem Mann hat sie sich den Traum von einem Landcafé erfüllt.
In der Stube glänzt freundliches Geschirr auf hellen Tischtüchern, die auf dunklem Holz liegen. Überall sieht man Antikes - bunte Glastüren, alte Stühle, Bilderrahmen, am Kamin eine glänzende Messingtrompete, ebensolche Kerzenständer. In jahrelanger Kleinarbeit von Gerda Rohde zusammen getragen. Ein Heuerhaus, beziehungsweise mehrere davon, gehörten früher selbstverständlich zu den großen Höfen der reichen Bauern, erzählt die Cafébesitzerin. Darin wohnten die Landarbeiter mit ihren Familien.
"Die hatten eine Kuh, ein Schwein und ein bisschen Land zur Grundversorgung und mussten dann auf den Höfen ihren Dienst ableisten. Und Heuer von Bezahlen, Heuer von der Seefahrt. Und bei den großen Höfen hatten die mehrere dieser Heuerhäuser."
Bitterarm waren die Heuerleute und ihr Wohnen war oft mehr ein Hausen auf kaltem Lehmboden zwischen Tierdunst und Kaminfeuer.
Am Abend ist Bersenbrück erreicht. Auf Radler, die meist nur eine Nacht bleiben, ist man in der Region eingestellt. Und manche Herbergen bieten einen ungewohnten Luxus: Eine Kopfkissenbar - für jeden Nacken das richtige Polster zur Nacht. Hotelchef Thomas Hilker:
"Wir haben fünf verschiedene Kissen, einmal die Nackenrolle, ein 50-mal-50-Kissen, ein Keilkissen und ein längliches Kissen, was 40 mal 50 ist. Und das obligatorische große Kissen, was auf jedem Zimmer auch drauf ist."
Dank Nackenrolle gut ausgeschlafen geht es am nächsten Morgen weiter. Mit kurzem Stopp am Kloster Bersenbrück mit seinem romantischen Friedensgarten. Der Weg schlängelt sich durchs Artland, dass mit seinen alten prachtvollen Fachwerkhöfen lockt. Viele von ihnen liegen samt Bauerngarten noch mitten in einem Eichenhain. Schließlich brauchte man Möbelholz und Rohmaterial fürs Fachwerk. Insgesamt gibt es etwa noch 5000 dieser Höfe, manche mit beeindruckenden Schaugiebeln ausgestattet. Gästeführerin Maria Schulte kennt sich aus:
"Man hatte große Dielen, man hatte auch schöne Giebel, damit wollte man zeigen, dass man ein Bauer war, der was auf sich hielt, der sich das leisten konnte, so einen Schaugiebel zu machen und kleine Gefache zu machen, immer wieder Zierelemente mit rein brachte, ob es Schnitzereien waren oder ob es farbig gestaltete Ornamente waren, nur um zu zeigen, wir haben das. Früher war der Giebel die Visitenkarte eines Hauses."
Ein Schmuckstück ist der Hof der Familie Hildebrand in Badbergen, der Landwirtschaft und Tourismus unter seinem Dach vereint. Landfrau Dorothee Hildebrand lebt hier ihren grünen Daumen und ihr Gestaltungstalent aus. Zwischen Rosen, unter schattigen Bäumen oder im uralten Hof kann man stilecht feiern. Und damit sich verschiedene Gruppen in dem unterteilten Raum nicht stören, gehen die einen durch die Tür und die anderen durch einen Schrank.
"Mir fehlte für unsere Gäste ein Windfang, dass man nicht, wenn man reingeht, gleich so im Raum steht. Und da ist mir dann über Nacht im Schlaf die Idee gekommen, einen alten Bauernschrank umzufunktionieren."
Die Schranktür führt direkt auf den Innenhof des Vierständerhofes, der seit über 130 Jahren im Familienbesitz ist. Der geschlossene Innenhof, von Fachwerkbauten umgeben, ist ganz typisch.
"Man kommt rauf und hat wirklich alle Seiten zu, das sind so die Nebengebäude. Das Haupthaus ordnet sich dann hier mittig an, mit dem Hauptgiebel und da war auch damals Vieh und Mensch unter einem Dach untergebracht."
Ein ganz besonderer Fahrspaß, genauso bequem wie der Fahrradsattel, wartet am Draisinenbahnhof Quakenbrück. Wer es mag, steigt um auf die kettengetriebenen Fahrzeuge, zu zweit, zu viert oder als Gruppe. Zwei bis vier Gäste müssen trampeln. Vor dem Start steht jedoch die Streckeneinweisung - eine Gruppe aus Osnabrück hat sich die einfache Fahrt vorgenommen - zehn Kilometer bis Nortrup. Auf der Strecke gibt es vier Schranken - die aber auf den Schienen stehen. Draisinenfahrer müssen an der Straße warten erklärt Betreuer Jürgend Behrens.
"Das heißt für die erste Draisine: Zwei von Ihnen ziehen sich eine Weste an, nehmen sich eine Fahne, und werden dann die Schranken öffnen und die Straßen absperren, sodass die Draisinen über die Straßen geführt werden. Wir haben auch noch eine Besonderheit - wir haben eine Straße dabei, die ist unbeschrankt, da steht dann nur ein Schild: 'Achtung Straße kreuzt'."
Da kann dann höchstens ein großer Schlepper kommen. Die Fahrradsättel der Draisinen sind mit Schnellspanner auf jede Sitzhöhe einstellbar und gemeinsam geht es los:
"Leute, kurz antreten!"
"Wie geht das?"
"Noch ganz gut am Anfang, aber läuft rund. Sie trampeln nur; mit zwei bis drei Kilometer pro Stunde, läuft gut. Nach Nortrup, dann noch eine Brauerei besichtigen, wird ein gemütlicher Tag."
An diesem Tag endet die Tour in Löningen, nicht ohne St. Vitus zu besichtigen, die größte pfeilerlose Saalkirche Deutschlands. Maria Schulte, die im Ort wohnt, kennt natürlich auch Anekdoten.
"48 mal 24 Meter, das ist ganz schön heftig. Der Herzog zu Oldenburg soll bei einer Besichtigung, damals 1809, als die Kirche gebaut wurde, gesagt haben, es wär die schönste Reithalle, die er kennt. Turmeinsturz, Orgeltausch - es gibt viele Geschichten, die sich um das Bauwerk ranken. Doch das Besondere ist das Kirchendach: eine Meisterleistung der Löninger Handwerker. Denn vor dem Bau des Eiffelturms gab es die Statik als Wissenschaft noch nicht."
Am nächsten Morgen geht's mit der Holländerin Marion Manting ins Hahnenmoor. Früher wurde hier Torf gestochen - solange bis das Gebiet als völlig ausgebeutet und zerstochen galt. Inzwischen ist das Hochmoor erfolgreich wieder vernässt worden.
Abgestorbene Birken, zerbrochene Baumstämme ragen aus den essigsauren Teichen und verbreiten vor allem im Abendlicht eine geheimnisvolle Stimmung. Doch gruselig ist es ganz und gar nicht, findet die Moorführerin, die auch oft allein hier ist. Ein Hochmoor ist etwas Besonderes - es gibt keine Wasserzuflüsse.
"Ein Hochmoor hat nur das Regenwasser, sehr sauer wird davon das Torfmoos. Daher können natürlich auch keine Fische hier leben. Das Wasser ist so sauer wie Essig, keine Schnecke; alles, was Kalk braucht, kann hier nicht leben. Dieses Torfmoos, sieht man auch, wenn das zurückgekommen ist, fängt das an zu vertorfen. An der Seite wächst das immer mehr rein in Gewässer, fängt nie in der Mitte an, immer am Rande. Das Torfmoos kann 35fach sein Gewicht an Wasser aufnehmen."
Es dauert Tausende von Jahren, bis aus den abgestorbenen Pflanzenteilen des Mooses Torf wird. Es wächst nur einen Millimeter im Jahr.
Jede Jahreszeit ist schön im Hahnenmoor: Im späten Frühjahr bläst der Wind durch die weißen Puschel des Wollgrases, Rohrammer und das seltene Blaukehlchen brüten, im Sommer zeigen sich Sonnentau, und Kreuzottern und im Herbst haben Zugvögel wie Kraniche das Moor für sich entdeckt. Auch sehr seltene Amphibien gibt es.
"Man hört die Frösche. Typisch hier ist der Moorfrosch. Das ist interessant: Das Männchen des Moorfrosches färbt sich im Frühjahr blau, weil er dann auf Hochzeitsreise geht und sich ein Weibchen sucht. Wenn er das Weibchen gefunden hat, und begattet hat, dann ist auch diese blaue Farbe wieder weg."
Von Herzlake aus geht es weiter nach Haselünne und hier in den Ortsteil Lehrte. Am Ufer der Hase, am Bootsanleger wartet ein Kajak auf die Weiterfahrt. Mit Bootsführer Ewald Hermes paddelt es sich gemächlich die Hase hinunter, wer mag, kann bis Meppen weiterschippern und das Fahrrad transportieren lassen.
"Das schönste Stück auf der Hase zu paddeln, ist von Bückelte nach Meppen. Weil die Hase da naturbelassen ist. Die Hase wurde sonst überall begradigt, hier nicht. Man hat die Altarme wieder angeschlossen, es ging wieder zurück zur Natur. Die Altarme haben wieder ihre volle Leistung wie früher auch, man hat sogar Furten eingebaut, dass die Hase mehr Strömung bekommt."
Gemächlich fließt die Hase dahin, vorbei an uralten Eichen, wuchernden Weiden und Wacholderbüschen. An den Altarmen haben sich die Biber wieder angesiedelt, doch diese nachtaktiven Nager sieht man nur selten. Mit etwas Glück lässt sich aber ein Eisvogel entdecken - auffällig und wunderschön mit seinem leuchtend blauen Gefieder. Ewald Hermes weiß so ziemlich alles über den Fluss und seine Besonderheiten. Mit einem Augenzwinkern auch, woher der Name des Flusses stammt:
"Die Hase hat den Namen von den Hasen. Der Hase springt im Zickzack und genauso läuft die Hase hier auch durch. Die Hase entspringt in Teutoburger Wald in Wennigholzhausen und hat in Gesmold eine Bifurkation. Da geht sie rechts ab zur Weser und links fließt sie zur Ems. Wo man nicht ganz genau weiß, ob man dem linken Arm nicht mal nachgeholfen hat, zur Weser, aber ansonsten ist die Hase einer der berühmtesten Flüsse Deutschlands und der ganzen Welt: Denn die Hase hat die Bifurkation und der Orinoco. Und zwei Flüsse auf der ganzen Welt haben diese Sache nur."
Im Schritttempo zieht der Fluss dahin, man paddelt gemächlich, Auge in Auge mit Haubentauchern und Fischreihern - Entspannung pur. Sanfter Abschluss einer spannenden und entspannenden Radeltour, die in Meppen endet, wo die Hase der Ems begegnet.