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Wo sich Frosch und Kröte wohlfühlen

Flache Gewässer mit schwankendem Wasserstand sind die Ausgangsidee für ein neues Teichkonzept, das der Naturschutzbund in Niedersachsen zusammen mit einem Vegetationsexperten entwickelt hat. Die sogenannten Flachwasser- oder Lichtwassergartenteiche sind höchst lebendige Gewässer.

Von Michael Engel |
    Diesen kleinen Kerl hat nicht jeder in seinem Gartenteich: Hyla arborea - der Laubfrosch. Und auch dieser hier könnte - mit etwas Glück - von ganz alleine kommen. Die seltene Gelbbauchunke:

    "Eine Gelbbauchunke oder eine Kreuzkröte sind häufig allein im Teich, wenn die dort ablaichen. Also die Kaulquappen wachsen da alleine auf. Da ist kaum ein anderes Tier drin. Und deswegen haben die da einen sehr guten Reproduktionserfolg. Und wenn da ein Fisch drin ist, ganz egal was, da haben die keine Chance."

    Fische zerstören den Froschlaich, sie fressen die Kaulquappen und die Larven seltener Libellen. Wer auf Fische im heimischen Gartenteich verzichten kann, wird im Gegenzug mit einer Fülle anderer Tierarten belohnt, die sich sonst nicht blicken lassen würden. Dazu darf das Wasser aber nicht allzu tief sein. "Flachwasserteich" nennt Markus Richter vom NABU Niedersachsen das völlig neue Konzept.

    "Wichtig ist flach und voll besonnt. Dass sich das Wasser stark erwärmen kann. 30 bis 50 Zentimeter ist so eine Richtgröße. Natürlich, wenn man die Uferböschungen sehr flach auszieht, dann kann man in der Mitte auch ein bisschen tiefer werden. Also die entsprechenden Pflanzen stehen dann eben weiter oben. Nur, je flacher er ist, desto eher bekommt man durch die Witterung oder eben durch das Ablassen, dass er hin und wieder auch mal trocken fällt."

    Tatsächlich darf ein Flachwasserteich im Sommer ruhig einmal austrocknen. Die Nachkommen von Gelbbauchunke, Laubfrosch und Libellen sind dann längst verschwunden und brauchen kein Wasser mehr. Voll besonnt, ohne jeglichen Schatten durch Bäume in der Nähe und extrem flach, das sind die Merkmale des Flachwasser- beziehungsweise Lichtwasser-Gartenteiches.

    "Bei den Tieren ist es in der Regel so, das kommt alles von alleine. Gerade die Amphibienarten, die auf diese kurzzeitig nur bestehenden Gewässer spezialisiert sind, finden die auch sehr gut. Die sind sehr mobil. Eine Kreuzkröte läuft Kilometer und findet ihre Pfütze. Die muss natürlich in diesem Umkreis auch vorkommen. Bei den Pflanzen ist es häufig so, dass die Pflanzen nicht so richtig mobil sind, da muss man schon entsprechend nachhelfen."

    Seltene Heidelibellen finden die flachen Teiche quasi im Flug. Mit etwas Glück kommt eine Gelbbauchunke vorbei und nistet sich ein. Doch Vorsicht: Die Entnahme seltener Arten aus der Natur ist streng verboten. Das gilt für Tiere wie für Pflanzen. Geeignete Wasserpflanzen gibt es im Fachhandel. Sie sollten klein bleiben und nicht zur Verlandung führen: also kein Schilf, kein Rohrkolben, keine Seerosen. Stattdessen Armleuchteralgen in der Mitte, umsäumt von Unterwasser-Bodenrasen zum Beispiel Nadelsimse, Pillenfarn oder Zungenkraut. An den noch flacheren Rand passen Zwergbinsen gut, die aus dem Wasser ragen.

    "Pflege ist erforderlich, ist wichtig. Also einmal im Jahr ausmähen zum Beispiel ist in der Regel ausreichend. Das drängt andere, höherwüchsige Pflanzen zurück. Vielleicht auch zweimal mähen. Das muss man sehen. Die ganzen Arten sind auch sehr gut verträglich. Die hatten ihren Standort zum Beispiel auch früher auf feuchten Rinderweiden, wo dann die Rinder reingegangen sind und das ausgefressen und getreten haben, was auch den Abbau der toten Biomasse fördert. Also pflegen muss man. Aber das hat so ein Garten an sich. Also der Rasen muss auch gemäht werden, und verglichen mit dem Rasenmähen ist der Aufwand relativ niedrig."

    Wasserpumpe, Schläuche, Filter und Stromanschluss - das alles kann man sich beim Flachwasserteich sparen. Im Gegensatz zu einem tieferen Gartenteich ohne Fische ist die Flachwasservariante - und sei sie noch so klein - ein Eldorado für seltene Arten, sagt Markus Richter vom NABU. In einem tieferen Gartenteich leben zum Beispiel die mehrjährigen Larven der Blaugrünen Mosaikjungfer - Libellen - die nur leider allzu gerne Kaulquappen verspeisen. Im Flachwasser, das im Sommer auch mal austrocknet, haben solche Räuber keine Chance. Und das ist gut für die Gelbbauchunke.