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Wölfe in Sachsen

Die Wiederansiedlung von Raubtieren in Mitteleuropa wird durchaus mit gemischten Gefühlen betrachtet. Ob der Bär in den Pyrenäen oder der Luchs im bayrischen Wald - einerseits ist es schön, dass diese Tiere wieder einen Lebensraum finden und sich heimisch niederlassen, andererseits möchte man diesen Tieren als Wanderer beispielsweise lieber nicht begegnen und auch die Landwirte betrachten solche Projekte eher skeptisch, sind es doch oft genug ihre Tiere, die dem Luchs oder dem Bären zum Opfer fallen - wobei es dafür selbstverständlich Ausgleichszahlungen gibt, aber verbunden eben mit bürokratischem Aufwand. Auch der Wolf ist mittlerweile vermehrt in Deutschland wieder anzutreffen - in Niedersachsen beispielsweise, aber auch in Sachsen. Dort ist vor zwei Jahren ein Rudel aus Polen nach Ostsachsen eingewandert und soll auch bleiben, so der Wille der Landesregierung. Wie sich ein möglicher Konflikt zwischen Wölfen und Bevölkerung verhindern lässt, dazu hat der BUND, der Bund für Umwelt und Entwicklung Deutschland ein Konzept entwickelt und dieses Konzept heute in Dresden vorgestellt.

Von Ingolf Seifert |
    Heute vor einem Jahr verbreitete das Sächsische Umweltministerium in einer knappen Pressemitteilung eine Sensation: Ein heimlicher Wanderer gehöre wieder zur sächsischen Tierwelt - hieß es da - nämlich: der Wolf. Ein kleines Wolfsrudel war aus Polen nach Ostsachsen eingewandert und hatte sich auf dem 15 000 Hektar großen Truppenübungsplatz Oberlausitz niedergelassen.

    Einheimische hatten die Tiere im Herbst 2000 zum ersten Mal gesehen. Ihre Beobachtungen und die Wolfsspuren im Gelände zeigten, dass die sächsischen Wölfe Junge hatten - und das bewies aus Sicht des Umweltministeriums, dass sie bleiben wollten. 150 Jahre nach seiner Ausrottung schien der Wolf wieder nach Deutschland zurückzukehren.

    Inzwischen ist ein Jahr vergangen und die Wölfe sind immer noch da. Neuste Spuren deuten darauf hin, dass sich das Rudel gespalten hat. Bestand es im vorigen Jahr noch aus vier alten und zwei jungen Tieren, so sind die Jungwölfe nach Ansicht von Wolfsexperten inzwischen verstoßen worden und suchen nun weiter westlich nach einem neuen Revier.

    Dies war Anlass für den Bund für Umwelt und Naturschutz - BUND - sich der Wölfe anzunehmen. Vor Journalisten erklärten die Umweltschützer heute in Dresden, sie wollten ein 4.500 Hektar großes Gebiet erwerben, das westlich an das heutige Wolfsrevier grenze. Braunkohlebagger haben dort Jahrzehnte lang die Erde aufgerissen und eine Wüste hinterlassen. Der BUND will nun der Natur die Chance geben, sich selbst zu regenerieren. "Natur wagen", nennt er dieses Experiment. Gelänge es, entstünde ein Korridor, über den sich die Wölfe weiter nach Westen ausbreiten könnten. BUND-Landesgeschäftsführer Ulrich Krößin:

    Weshalb wir uns nun für Lohsa entschieden haben, ist einfach die sehr günstige und zentrale Lage. Zum einen, wir haben also im Nordwesten den Anschluss an die Flächen des Spreetal, also so weit da etwa 7.000 Hektar Fläche sind, die doch auch zum großen Teil für den Naturschutz interessant sind. Wir haben im Südosten angrenzend das Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft, was also schon unter Schutz steht und auch hier Lebensraum für den Wolf bieten könnte. Und nach Südwesten, da ist der Abstand zum größten sächsischen Naturschutzgebiet, die Königsbrücker Heide, nicht sehr groß, so dass man mit dem Gebiet auch ne Art Biotopverbund schaffen kann, wie das Zentrum eines Sterns, wo man natürlich auch den Lebensraum für den Wolf erweitern kann.

    Zum Leidwesen des BUND befindet sich das fragliche Gelände jedoch in der Hand der Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft (BVVG), einer Bundesgesellschaft mit dem Auftrag, ehemals volkseigene Äcker, Wiesen und Wälder zu privatisieren. Die BVVG habe nun leider die erste der drei Teilflächen jenes 4.500 Hektar großen Areals an einen privaten Käufer veräußert, und dies, so beklagte Krößin, obwohl ihr der BUND einen Kaufpreis weit über dem wirtschaftlichen Wert der Fläche geboten habe. Der BUND sei jedoch optimistisch, im Fall der beiden anderen Teilflächen den Zuschlag zu bekommen, da diese Flächen kaum von Wert seien und daher auch kaum Interessenten finden dürften. Neben dem Flächenkauf will der BUND die Rückkehr des Wolfes mit aktiver Aufklärungsarbeit unterstützen. Faltblätter, eine Wanderausstellung und Vorträge auf Bürgerversammlungen sollen die einheimische Bevölkerung über die Lebensweise des Wolfes aufklären und den Menschen Ängste nehmen, wo es Ängste gibt.