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Wogender Exzellenz-Cluster

Die Kieler Meeresforschung wurde im vergangenen Jahr in die Liste der Exzellenz-Cluster Deutschlands aufgenommen. Jetzt wurde dort die "Integrated School of Ocean Science" gegründet, also die "Integrierte Schule für Ozean-Wissenschaften". Ihr Ziel: Doktoranden sollen dort fächerübergreifend studieren, mit Geldern aus dem Exzellenzcluster. Sie soll Nachwuchs rekrutieren, für die weltweit renommierte deutsche Meeresforschung. Heute wurde das Projekt vorgestellt.

Von Jens Wellhöner |
    Ein großer Frachter fährt durch die Kieler Förde: Direkt am Ufer steht das Leibniz-Institut für Meereswissenschaften. Der Studienort für Kerstin Suffrian. Die junge Meeresbiologin hat sich hier an der "Integrated School of Ocean Science" angemeldet, der "Integrierten Schule für Ozeanwissenschaften". Abgekürzt "Isos". Für ihre Forschung steht sie jetzt am Mikroskop. Und untersucht winzige Algen:

    " Die haben einen Durchmesser von sechs Mikrometern. Und sind für solche Formationen wie die "White Cliffs of Dover" und generell Kreideformationen zuständig. Also, die produzieren Kalk in solchen Mengen, dass man daraus wirklich große Schichten in Gebirgen erhalten hat."

    Kerstin Suffrian möchte lebende Organismen erforschen. Aber: An ihrem Heimat-Institut für Meereskunde ist das nicht möglich. Doch die Isos, also die neue "Schule für Ozeanforschung", gibt der Biologin jetzt neue Möglichkeiten: Die Isos ist eigentlich ein Netzwerk von verschiedenen Forschungs-Instituten in Kiel. Doktoranden können hier fächerübergreifend arbeiten - manchmal an zwei oder drei Instituten gleichzeitig. Und so arbeitet die Meeresbiologin Kerstin Suffrian nun die meiste Zeit am Institut für Physiologie der Kieler Uni. Hier kann sie nun endlich lebende Algen untersuchen:

    " Das ist Sinn und Zweck von Isos und das ist für mich auch eine Herausforderung. Man kriegt ein ganz neues Gebiet. Natürlich haben wir in der Biologie auch schon vorher Physiologie gehabt. Aber es ist dort eingeschränkt. Und ich kann jetzt hier, wenn mich die Niere interessiert, medizinische Vorlesungen besuchen. Oder ich kann einfach bei Professor Bleich anklopfen und fragen."

    Physiologe Markus Bleich ist Doktorvater der jungen Meeresbiologin. Auch für ihn ist es etwas neues, jemanden zu betreuen, der ein ganz anderes Fach studiert hat. Aber: Ozeanforschung sei heutzutage eben interdisziplinär, sagt er. Da müsse man über den Tellerrand des eigenen Instituts gucken. In Zukunft soll es in der Schule für Ozeanforschung so aussehen:

    " Es gibt Doktoranden aus dem Bereich Informationswissenschaft. Doktoranden, die mit Massenspektrometern arbeiten, elektrophysiologisch arbeiten, wie Frau Suffrian. All die können sich austauschen, gegenseitig stimulieren. Und ein Problem durch eine andere Sichtweise und eine gemeinsame Bearbeitung schneller lösen."

    Die Nachwuchsforscher sollen sich immer wieder in Gruppen treffen. Und von der Isos finanzierte Seminare besuchen. Aber noch ist das Zukunftsmusik. Denn die Isos gibt es erst seit Mai. Bis auf Kerstin Suffrians Stelle werden ihre Doktorandenplätze jetzt erst ausgeschrieben. Markus Bleich:

    " Das ist das, was im nächsten Vierteljahr passieren wird. Also, wer sich für Isos interessiert, brauch eigentlich nur die Augen auf machen und ab und zu in die Zeitschriften reingucken. Oder auf die Homepage des Future Ocean-Clusters. Und wird dort dann finden, dass plötzlich ein großes Angebot entstehen wird an Doktorarbeiten."

    Der Vorteil der neuen Schule: Der Exzellenzcluster "Zukunft-Ozean" finanziert alle Doktoranden-Stellen. Aus Bundesmitteln. Die ohnehin finanziell klamme Kieler Uni wird so entlastet. Und kann neue Stellen schaffen. Für Kerstin Suffrian hat sich das jetzt schon ausgezahlt. Gerade steht sie vor einem Gerät, dass neue Pipetten herstellen soll. Ihr neuer Doktorvater Markus Bleich erklärt ihr, wie es funktioniert:

    Schließlich funktioniert alles. Der jungen Meeresbiologin macht die Arbeit an ihrer neuen Wirkungsstätte schon jetzt Spaß:
    Aber natürlich hofft die Doktorandin auch auf verbesserte Karriere-Chancen durch ihre Teilnahme am Projekt "Schule für Ozeanwissenschaften":

    " Natürlich hoffe ich, dass das günstig aussieht. Und vor allen Dingen erhoffe ich mir, dass ich hier in den nächsten drei Jahren viel lerne. Ja, das ist das, was ich hier eigentlich mitnehme. Was nach außen zählt ist wahrscheinlich die Referenz. Aber für mich ist es wichtig, dass ich hier Techniken lerne, Kontakte knüpfen kann: Und dafür ist Isos natürlich eine gute Plattform."

    Durch die neue "Integrierte Schule für Ozeanwissenschaften" in Kiel sollen in Zukunft Nachwuchs-Wissenschaftler gemeinsam forschen, das enge Korsett der Fixierung aufs eigene Fach sprengen. Und so ein Stück weit die Zukunft der renommierten deutschen Ozeanforschung sichern.